Kreatives schreiben richtige Zeit?

3 Antworten

Es muss "gehen und kontrollieren würde" heißen. Ansonsten ist es - abgesehen von ein-zwei Rechtschreibfehlern, korrekt.


hope018 
Beitragsersteller
 01.05.2018, 18:47

Es stand noch die Zeit Präsens dabei. Wo musste das angewendet werden? z. B. bei dem Wort ''schlug'' oder ''ich hatte' '

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Eine "richtige" Zeit beim kreativen Schreiben gibt es nicht. Wichtig ist bloß eine konsequente Zeitenfolge: Schreibst du den ersten Satz im Präteritum, darf ein paar Sätze später nicht das Präsens folgen. Die untergeordnete Zeitform des Präteritums, die du zum Beispiel bei Rückblenden verwendest, ist immer konsequent das Plusquamperfekt, die des Präsens immer das Perfekt - Und es wird niemals gemixt oder gesprungen!

Ausnahme ist natürlich die Wörtliche Rede - und eine weitere könnte sein, dass du etwas beschreibst, dass auch jetzt oder überhaupt jederzeit unveränderlich noch so ist: "Seine Augen funkelten so blau, wie es die herrlichsten Saphire nicht können". Wobei ich auf solche Brüche auch lieber verzichte und dann den Konjunktiv mit "könnten" benutze - und genau das hätte ich dir für den Schlussteil mit dem "Mut machen" auch nahegelegt - oder eben das Stilmittel des inneren Monologs.

Was du hier geschrieben hast, ist aber nicht nur wegen der inkonsequenten Zeitenfolge und des eher dürftigen Stils wirklich sehr, sehr schwach, sondern vor allem wegen des miserablen Ausdrucks. Das ist nämlich dein Hauptproblem, nicht etwa die Zeiten, denn das ist nur eine Kleinigkeit.

  • Man gelangt nicht "an Kontakt", sondern kann ihn herstellen, oder jemanden in der Außenwelt erreichen oder kontaktieren.
  • Akkusativ und Dativ werden nicht beliebig gesetzt, sondern nach strengen grammatikalischen Regeln: "in diesem erschreckend leeren Zug"; "Im Tunnel".
  • Du beginnst zwei Sätze hintereinander mit "Ich" und killst damit den Lesefluss und die Spannung.
  • Kurze, gehaltvolle Sätze halten die Spannung sehr viel aufrechter als eingeschobene Dass-Sätze.
  • Weniger ist mehr. Wenn jemand durch den Zug geht und kontrolliert, wird er sich ja wohl auch zwangsläufig in diesem Zug befinden müssen, oder? Der letzte Satz kann ersatzlos gestrichen werden.
  • Da wo weniger mehr ist, ist aber trotzdem noch Platz, nämlich für mehr Emotionen! Das Erzähler-Ich befindet sich in einer unbehaglichen, ja wirklich unheimlichen und vielleicht sogar bedrohlichen Situation. Das habe ich hier in keinem Moment gespürt - der "schreckliche" Tunnel war nur auf eine Weise schrecklich, nämlich schrecklich langweilig. Pack den Leser! Lass ihn spüren, was er spüren soll, was auch du spürst, wenn du deine Geschichte schreibst - hier sind "Angst" und "Hoffnung" zwei konträr stehende Emotionen, die müssen rauskommen und den Leser mitnehmen.

Wenn du kreativ schreiben möchtest, musst du dir noch einiges an stilistischem Handwerkszeug zulegen. Das bekommst du aber genau dadurch, dass du nachfragst, deshalb war das hier eine kluge Frage und auch wenn ich dir hier Beef gebe, kriegst du so ein Feedback und kannst aus deinen Fehlern lernen. Am besten, du machst weiter ganz viele neue Fehler und lernst daraus, aber alte Fehler, die du kennst, solltest du natürlich nicht wiederholen.

Zum Schluss möchte ich dir mal ein kleines Muster geben, wie ich selbst den Text geschrieben hätte:

Das Handy blieb stumm, und als ich die Geduld verlor und es frustriert vom Ohr nahm, verrieten mir das Display und die fehlenden Balken, dass jeder Versuch, Kontakt zur Außenwelt herzustellen, völlig zwecklos war. Empfang gab es hier unten nicht, nicht in diesem schrecklich langen Zug und in dem noch schrecklicheren Tunnel. Ich atmete tief durch, versenkte das Handy in meiner Tasche und versuchte, mich zu beruhigen. Irgendjemand musste doch noch in diesem Zug sein, sagte ich mir vor. Wenigstens der Schaffner, der hier bestimmt noch irgendwo am kontrollieren war. Doch alle Hoffnungen konnten nichts daran ändern, dass sich das Unbehagen wie die unwillkommene Hand eines Riesen um meine Kehle legte.

Ein paar Sätze dann doch noch ans Ende: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Jeder, der heute richtig toll schreibt und seine Leser fesselt, hat auch nicht anders angefangen als du. Wenn du fleißig übst und deine Leidenschaft nicht verlierst, dann wird man die eines Tages auch aus deinen Werken herauslesen können. Der Weg dahin ist weit, aber du bist auf dem richtigen! Also: Nur Mut! Mach weiter!

Liebe Grüße,

Markus

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin Schriftsteller; arbeite freiberuflich als Lektor

Mal abgesehen von einigen Kleinigkeiten im Bereich der Grammatik hört sich der Text doch ganz gut an und darauf kommt es nur an bei der Frage des Tempus. Eine gute Erzählung ist wie ein Musikstück, da muss alles passen von der Tonlage her und von der Abfolge der Wörter.