Kann Dysgrammatismus durch Agrammatismus bedingt sein?
Hallo,
Dygrammatismus ist eine Sprachentwicklungsstörung im kindlichen Spracherwerb.
Agrammatismus ist eine Sprachstörung bei Menschen mit abgeschlossenem Spracherwerb, die eine Fremdsprache lernen z.B. Migranten, die Deutsch lernen, aber noch grammatikalische Fehler machen.
Nun ist meine Frage, ob Dysgrammatismus durch Agrammatismus bedingt sein kann?
Also können Kinder im Spracherwerb von Dysgrammatismus betroffen sein, wenn die Eltern einen Agrammatismus haben, da die Kinder fehlerhaften sprachlichen Input durch die Eltern bekommen?
LG Selkiade
3 Antworten
Ich teile schon diese Definitionen nicht.
Dysgrammatismus und Agrammatismus bezeichnen dieselbe Störung in unterschiedlichen Ausprägungen.
Dys- und Agrammatismus sind meines Erachtens Symptombeschreibungen. Eine dysgrammatische Sprache ist von fehlerhaften grammatischen Strukturen geprägt, während bei einer agrammatischen Sprache die grammatischen Strukturen gänzlich fehlen.
Sowohl Menschen in der Sprachentwicklung als auch nach abgeschlossener Sprachentwicklung können eine dys- oder agrammatische Sprache haben.
Zu deiner Frage: Geht man nun von einem sowohl nativistisch als auch behavioristisch geprägten Spracherwerb aus, dann ist es naheliegend, dass die Sprache eines Kindes, das viel in Kontakt ist mit Sprechvorbildern mit dysgrammatischer Sprache (oder agrammatischer Sprache, wobei das meines Erachtens selten ist), ebenfalls dysgrammatische Züge aufweist. Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass ein Kind zwangsläufig dysgrammatisch spricht, wenn es auch mit Menschen in Kontakt ist, die diese grammatischen Strukturen in korrekter Form generalisiert haben. Und das bedeutet im Umkehrschluss auch nicht, dass ein Kind keine dysgrammatische Sprache haben kann, wenn die Sprechvorbilder keine dysgrammatische Sprache haben.
Kind 8, jetzt 9 Jahre alt, im Sprachheilkindergarten gewesen, Vater spricht gebrochen Deutsch, Mutter sehr zurückgezogen, Bruder autistisch
Wie soll man die mangelnde Verwendung grammatikalischer Strukturen einordnen?
Ich habe mehrere Monate den Fokus auf Nomen mit korrektem Artikel spielerisch geübt und allgemein auf korrektes Vor- und Nachtsprechen geachtet. Alle Konsonanten und -verbindungen können korrekt ausgesprochen werden.
Sehr geringer Wortschatz.
Lernfortschritt langsam, aber stetig. Wer ist für die Förderung zuständig? Wer bezahlt?
- Nein, Dysgrammatismus ist eine Störung. Die Kinder können einfach nicht die Grammatik zu absorbieren wie gesund Kinder.
- Dysgrammatismus bedeutet nicht, dass die Kinder einfach Fehler macher, z.B. weilo die Eltern es auch nicht besser können, sondern dass die Kinder funktional nicht Grammatik absorbieren. Das ist ein drastischer Unterschied.
- Gesunde Kinder können Grammatikfehler von ihren Eltern übernehmen -- das würde geradezu zeigen, dass sie nicht dysgrammatisch sind, sondern Regeln erkennen und übernehmen.
- Trotzdem ist es natürlich hilfreich für Kinder, wenn ihre Eltern ihnen ein sprachlich korrektes Umfeld bieten. Wenn sie das selbst nicht können, ist es vorteilhafter die Kinder zweisprachig aufzuziehen, also selbst eine Fremdsprache richtig gut und korrekt zu sprechen und die Kinder mit anderen Bezugspersonen Deutsch lernen zu lassen. Es ergibt nur sehr wenig Sinn, Kinder mit schlechtem Deutsch zu erziehen. All das ist aber gesunder Menschenverstand und hat nichts mit Dysgrammatismus zu tun.
Für mich ist Dysgrammatismus keine Eigenschaft eines Menschen, sondern seiner Sprache.
Für mich ist Dysgrammatismus eine medizinische Bezeichnung.
Umgekehrt haben Grammatikfehler oder allgemeine mangelnde Sprachbeherrschung eines gesunden Menschen nichts mit einer medizinischen Erkrankung zu tun.
Die Sprache eines Menschen ist aber so oder so eine wichtige Facette des Menschen, egal wodurch das nun verursacht wird.
Für mich ist Dysgrammatismus eine medizinische Bezeichnung.
Ja, aber wofür.
Zu sagen, jemand sei dysgrammatisch, ist meines Erachtens nicht präzise ausgedrückt, auch wenn es Usus ist.
Wann hat denn ein Mensch einen Dysgrammatismus? Aus sprachtherapeutischer Sicht dann, wenn seine Sprache dysgrammatisch ist.
Deine Antwort verstehe ich so, als habe ein Kind mit einer dysgrammatischen Sprache keinen Dysgrammatismus, wenn seine Sprechvorbilder eine dysgrammatische Sprache haben, weil das Kind dann "korrekt" die dysgrammatische Sprache übernimmt. Das hat für mich aber nichts mit grammatikalischen Fähigkeiten zu tun, sondern mit all den Fähigkeiten, die ein Kind benötigt, um Grammatik zu erwerben.
Aus sprachtherapeutischer Sicht dann, wenn seine Sprache dysgrammatisch ist.
Nein, eigentlich diagnostisch dann, wenn man erkennen kann, dass er Probleme hat, grammatische Strukturen zu absorbieren, die andere Kinder als Teil des natürlichen Spracherwerbs mühelos absorbieren.
Fast alle kleinen Kinder fangen früh an, grammatische Strukturen zu erahnen und zu reproduzieren. Anfangs noch falsch, dann werden sie korrigiert und erfassen es intuitiv. Genau dieser frühkindliche Spracherwerb ist by Dysgrammatismus gestört.
Es geht um eine Störung des Spracherwerbs, wobei schlechte Grammatik nur das Symptom ist, nicht die Ursache oder Diagnose.
wenn seine Sprechvorbilder eine dysgrammatische Sprache haben
So kann man das Wort eigentlich nicht verwenden. Wenn Eltern eine schlechte Grammatik haben, so wird das Kind schlimmstenfalls diese Grammatik absorbieren und erwerben. Das nennt man dann nicht Dysgrammatik, sondern einfach nur schlechte Sprache.
Dann meinst du, ein Kind, dessen Sprache fehlerhafte grammatische Strukturen hat, habe also keinen Dysgrammatismus, weil er die dysgrammatische Sprache seiner Bezugspersonen "korrekt" übernommen hat? Interessant.
Verrätst du mir, womit du dich so beruflich beschäftigst? Gerne auch per PN.
Dysgrammatismus ist per definitionem eine kindliche Spracherwerbsstörung / Sprachentwicklungsstörung. Der Begriff bezeichnet die Störung, etwa wie Legasthenie bei Rechtschreibung.
Der Begriff sollte nicht verwendet werden, um die Sprachfähigkeiten zu bezeichnen. Die eingeschränkten Fähigkeiten sind nur ein Symptom der Störung.
Erwachsene, die einfach die Sprache schlecht sprechen, zum Beispiel weil der Erwerb der Zweitsprache im Erwachsenenalter stattfand und unvollständig war, sind nicht "dysgrammatisch". So darf man das Wort einfach nicht verwenden. Gesunde Erwachsene machen einfach Grammatikfehler, aus welchen Gründen auch immer.
Wenn ich selbst zum Beispiel im Englischen immer noch manche Grammatikfehler mache, so ist das nicht "dysgrammatisch", sondern das sind einfach nur Grammatikfehler, z.B. weil ich es nicht besser gelernt habe. Erwachsene erreichen in Zweitsprachen nur selten muttersprachliches Niveau.
Wenn du ein in Deutschland lebender Deutsche bist, der Englisch als Zweitsprache lernt, sind es einfach Grammatikfehler. Bist du ein Zuwanderer, der durch die Zuwanderung die Zweitsprache lernen muss und machst Grammatikfehler, dann ist das Agrammatismus. Bist du ein Kind im kindlichen Spracherwerb, dann ist es Dysgrammatismus.
Das sind zwei medizinisch/psychologische Fremdwörter, die ich hier zum allerersten Mal antreffe. Kann man das Ganze nicht einfach auf deutsch ausdrücken ? ...
Dysgrammatismus ist das Fachwort für: Sprachstörung im kindlichen Spracherwerb
Agrammatismus ist das Fachwort für: Sprachstörung bei Menschen mit abgeschlossenem Spracherwerb
"Dys- und Agrammatismus sind meines Erachtens Symptombeschreibungen." Nein. Beides sind medizinische Fachbegriffe für unterschiedliche Sprachstörungen.
"Dysgrammatismus ist klar von Agrammatismus abzugrenzen. Agrammatismus ist ein Phänomen, dass bei Zuwanderern vorkommt, die der heimischen Sprache nicht mächtig sind und diese nur zu einem gewissen Punkt erlernen können. Es kommt zu Überlagerungen mit der Muttersprache. Dies bedarf keiner ärztlichen Behandlung und kann durch einen effektiven Deutschunterricht verbessert werden.
Dysgrammatismus hingegen kommt vornehmlich bei Einheimischen vor, die aufgrund von Entwicklungsdefiziten oder Hirnerkrankungen und –verletzungen der Grammatik nicht vollständig mächtig werden oder diese zum Teil wieder verlernen." (Quelle: Dysgrammatismus - Ursachen, Symptome & Behandlung | MedLexi.de)