Ist Fachkräftemangel eine Lüge?
In eine gesunde wachsende Wirtschaft wenn es Fachkräftemangel gibt werden Gehälter und Arbeitsbedingungen besser und besser
Erzieher, Informatiker, Handwerker, Mechatroniker etc...
Wo liegt das Problem in Deutschland?
Merken Arbeitgeber nicht dass die Gehälter hoch sein sollen und Arbeitsbedingungen besser werden sollen?
Mein Vorschlag:
- Hohes Gehalt(mindestens durchschnittlich)
- Gute Arbeitsbedingungen
- Pflicht auf unbefristete Arbeitsverhältnis
- Mehr Social Benefits
31 Stimmen
14 Antworten
Ganz so simpel ist es nicht.
Dass die Gehälter in Mangelberufen nicht exorbitant in die Höhe schießen, liegt daran, dass das Geld für die Gehälter irgendwo herkommen muss.
Bei Informatikern ist es tatsächlich so. Als mein Mann vor über 10 Jahren nach der Weiterbildung zum Fachinformatiker damals auf Stellensuche war, wurden ihm noch recht knauserige Gehälter angeboten. Da war die Stelle, die er letztendlich angenommen hat und in der er bis heute tätig ist, mit Abstand die lukrativste - im öffentlichen Dienst nach Tarif. Inzwischen könnte er in der freien Wirtschaft ein Vielfaches davon verdienen, weil dort so ein Mangel an Fachkräften in diesem Bereich besteht. Und weil für diese Leistungen die Kunden (also oft andere Unternehmen) auch problemlos tiefer in die Tasche greifen.
Bei Erziehern und Handwerkern sieht das anders aus. Elternbeiträge in den Kitas erhöhen? Schlag das als Politiker auch nur mal ganz leise vor und du kannst dich von deinem Posten verabschieden. Öffentliche Fördergelder dafür erhöhen? Nee, die Pandemie war und ist teuer mit all den Corona-Hilfen, da muss man im sozialen Bereich den Rotstift ansetzen... Für die Handwerkerstunde als End- und Privatkunde mehr bezahlen? Na, da macht man es doch lieber selber (und holt den Handwerker erst, wenn die Wohnung unter Wasser steht...).
Hier ist somit das Geld nicht da, mit dem man die Gehälter in dem Maß erhöhen könnte, was nötig wäre, um junge Menschen für einen beruflichen Werdegang in diesen Bereichen zu begeistern. Oder auch, um irgendwelche Benefits zu bezahlen.
Der einzige Punkt, an dem man ohne mehr Geld wirklich was tun könnte, wären die Rahmenbedingungen und der zwischenmenschliche Aspekt in den Unternehmen. Aber wenn man eigentlich mit 50+ körperlich zu durch ist, um den Beruf weiter ausüben zu können, man aber nicht die notwendigen Rücklagen ansparen konnte mit dem Gehalt, um sich da schon in den Ruhestand zu verabschieden, dann bringt es eben auch nichts, wenn Chef und Kollegen immer super nett waren. Und dann verstehe ich jeden jungen Menschen, wenn er eher nach Berufen schaut, die man durchaus bis 67+ körperlich durchhalten kann...
wenn das so einfach wäre. Ein Arbeitgeber kann ja leider immer nur so viel zahlen wie er selbst erwirtschaftet. Wie viele Kunden von Handwerkern sind den bereit noch wesentlich mehr für die Leistunge zu zahlen? Und bei Erziehern ist es der Staat der bestimmt wie hoch die Kosten für einen Kindergartenplatz sein dürfen. Geld das nicht reinkommt kann ein Arbeitgeber auch nicht ausgeben.
Bevor man das bewertet muss man dem Umsatz aber auch die Ausgaben gegenüberstellen. Oft bleibt da gar nicht mehr so viel übrig das man dann groß ausschütten könnte. Umsatz ist nämlich nicht auch gleich Gewinn.
Ich bin der Meinung, dass es genug Menschen gibt die hier arbeiten könnten, die das aber nicht tun weil sie ausgebeutet werden. In vielen handwerklichen Berufen gibt es viel mehr Menschen die arbeiten könnten aber es nicht tun weil die Bezahlung mies ist.
Bei Bürokaufleuten ist z.b. ein Überangebot an Bewerbern für die Stellen und die Firmen können sich die Mitarbeiter aussuchen.
In der IT Branche zum Beispiel als Software-Entwickler fehlen tatsächliche Fachkräfte und die Löhne steigen und du kannst arbeiten wo du willst.
Ja und nein.
Fachkräftemangel herrscht natürlich insbesondere dort, wo die Arbeitsbedingungen und/oder die Bezahlung schlecht sind. Das ist also kein Zufall, dass diese Jobs kein Mensch machen will.
Wie der Mangel aber letztlich zustande kommt, ist umstritten. Ein Mangel liegt dann vor, wenn sich im Schnitt in einer Region auf eine Stelle in einer Branche nur eine gewisse Anzahl an Bewerbern bewerben.
Nun sagt die Zahl aber gar nichts darüber aus, ob und wie intensiv nach Bewerbern gesucht wird. Viele Unternehmen hätten halt gerne die 90er Jahre zurück, in denen man irgendwo etwas ans schwarze Brett gehängt hat und sich plötzlich 100 Leute bewerben. In etwa so, sehen dann die Stellenausschreibungen aus, auf die sich dann zu wenig Menschen bewerben, oder auf die kaum jemand aufmerksam wird.
Auch sagt die Anzahl der Bewerber meist selten etwas über die Qualifikation aus. Sind die Bewerber alle nur nicht qualifiziert oder wollen sie nicht für ein bestimmtes Gehalt unter bestimmten Bedingungen arbeiten?
Gerade in der IT kenne ich das Problem, dass man junge Menschen haben will, die schon Arbeitserfahrung haben sollen, am besten alles können, dann aber mit 2000 Euro nach Hause gehen soll. Dass man da niemanden findet, ist natürlich klar.
Dazu kommt, dass wir ein völlig veraltetes Schulsystem fahren, indem viele Kinder durchs Raster fallen und häufig für bestimmte Berufe nicht die nötigen Qualifikationen mitbringen... aber die Gründe sind verschieden.
Was viele Leute meinen, wenn sie von einem Fachkräftemangel reden, ist eigentlich ein Mangel an Erwerbstätigen. Also sozusagen ein Mangel an Menschen. Den gibt es natürlich, aber der ließe sich gerade durch ein besseres Schulsystem zumindest abfedern.
Deine Vorschläge sind eine Möglichkeit. Gerade die Arbeitsbedingungen zu verbessern, ist ein guter Punkt, dem zu viele Branchen hinterherhinken. Natürlich sind die Möglichkeiten auch nur begrenzt wirksam, da nicht plötzlich mehr Menschen da sind, wenn man mehr Geld bezahlt und man die höheren Kosten letztlich wieder auf die Preise für Waren und Dienstleistungen umlegt.
Auch das mit der Pflicht auf unbefristete Arbeitsverhältnisse kann problematisch werden. Das hatte man vor der Agenda 2010 Zeit. Also damals, als ich aus der Schule gekommen bin. Das führte mehr oder weniger dazu, dass die Unternehmen einfach niemanden mehr eingestellt haben.
Am Ende ist natürlich aber auch die Frage, wie man damit umgeht, wenn es Jobs gibt, die einfach niemand machen will oder eine neue Generation mehr Lust auf ein TikTok-Star-Leben hat, als auf "normale" Arbeit.
Weil die Arbeitgeber nur Leute wollen, die schon alles können, nichts fordern, freiwillig 50 Stunden oder mehr arbeiten und sich über einen geringen Lohn und schlechte Arbeitsbedingungen nicht beklagen.
Beweis: Als mein Chef eine langjährige Mitarbeiterin in den Ruhestand feierlich verabschiedete und Lobesreden über sie von sich gab, sagte er wörtlich "...und sie hat sich nie beklagt..." - was natürlich nur in sofern stimmte als dass sie ihren Frust nicht bei ihm, sondern bei mir abgeladen hatte.
Ich habe damals nur den Kopf geschüttelt. Als ob das eine Kategorie für einen guten Mitarbeiter ist, dass er sich nie beklagt hat. Das weist doch eher auf einen Chef hin, der denkt er sei Chef aber in Wahrheit nie war - also charakterlich.
Hmm, ich bin Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte und die Büros in denen ich gearbeitet habe, haben massive Umsätze erwirtschaftet (Anwälte und Notare eben), aber den Mitarbeitern trotzdem nur ein Gehalt von 1600- 1900 Brutto angeboten... da bekommen teilweise Kassiererinnen bei Aldi mehr. Aber in meiner Branche wird viel geheult wegen mangelnden Fachkräften. Lustig irgendwie.