Ist es normal das man Mathe in der Uni nur extrem langsam versteht und bei den Themen stark in Verzug kommt?
Studiere Informatik und habe "Analysis für Informatiker" als Modul. Die ersten beiden Übungszettel in denen es um Mengenlehre und Elementare Logik ging habe ich noch gut verstanden, bis auf 2 Aufgaben in denen es darum ging etwas zu beweisen. Das habe ich dann mit Lösungsvideos nachgeholt und auch "okay" verstanden. Ab dem 3 Übungsblatt ging es mit vollständiger Induktion los und ich habe es ehrlich gesagt etwas vermieden mich mit dieser zu beschäftigen, weil ich vorher schon gemerkt habe, dass ich es nicht verstehe. Ab dem Punkt an habe ich dann so ziemlich gar nichts mehr aus der Vorlesung verstanden. Ich verstehe, dass das in dem Tempo auch nicht unbedingt vorgesehen ist und man die Vorlesungen auch nacharbeiten soll um es dabei richtig verstehen zu können und die Übungen selber auch sehr viel für das Verständnis bringen. Das Problem ist für mich aber, dass die Erklärungen mir rein gar nichts bringen weil ich noch nicht einmal die Stoff von dem dritten Übungsblatt, dass wir vor 3 Wochen bekommen haben verstanden habe (Induktion und Ungleichungen) und wir jetzt schon bei Zettel 6 sind wo es schon um irgendwelche Reihen geht bei denen man mit der Hilfe von irgendwelchen Folgen beweisen soll, dass sie konvergieren oder divergieren, was ich auch noch 0 verstehe, weil ich es in der Zeit bis jetzt einfach nicht nachgeholt habe (weil ich immer noch bei Zettel 3 bin). Ich habe vorgestern den ganzen Tag mit einem Lösungsvideo versucht die Induktionsaufgabe von diesem Übungsblatt von vor drei Wochen zu verstehen und denke jetzt zwar, dass ich sie verstanden habe, habe aber gleichzeitig das Gefühl, dass es mir nichts bringt weil ich selber niemals auf diese, für mich sehr komplexe Lösungsidee und Herangehensweise gekommen wäre. Nachdem ich es verstanden hatte habe ich mich trotzdem etwas selbstbewusster gefühlt und habe heute eine andere Induktionsaufgabe versucht die glaube ich eigentlich leichter sein müsste: Absolut keine Chance. Ich dachte ich habe das Prinzip wie man am Anfang vorgeht und wie man für n n+1 richtig einsetzt richtig verstanden, aber selbst das war bei mir falsch. Die Gleichung die daraus entsteht und die ich jetzt so umformen soll, dass ich dabei irgendetwas tolles mit der Induktionsvorraussetzung machen kann und dann am Ende das Gleiche nur mit n+1 da steht sieht für mich irgendwie nur wie ein Rätsel ohne Hinweise aus. Und das ist ja gerade mal der Übungszettel von vor drei Wochen.... Mein Mitstudierender der Mathe-LK hatte geht es zwar genau so, aber ich wollte trotzdem fragen: Ist das noch normal? Es ist einfach nur noch frustrierend wenn man den ganzen Tag eine Aufgabe verstehen will, die man dabei nicht mal selber löst und das was man daran eigentlich verstanden hat einen für eine sehr ähnliche Aufgabe die nur etwas anders aufgebaut ist, rein gar nichts bringt, oder man einfach generell zu schlecht dafür ist z.B. etwas geschickt auszuklammern und in eine bestimmte Form zu bringen, die man davor ja selbst auch noch erstmal voraussehen muss. Absolut keinen Plan wie ich das in der Zeit verstehen soll ohne mich totzulernen, was glaube ich auch nur mit viel Selbstzwang funktioniert. Irgendwie überhaupt nicht cool.
9 Antworten
Hey, ich verstehe gut was du meinst, ich studiere zur Zeit angewandte Mathematik und bei mir ist das Problem eher Informatik. Aber vor Allem Beweisaufgaben wie Beweise durch vollständige Induktion habe ich am Anfang null geschnallt. Mir hat es da sehr geholfen verschiedene Videos dazu zu schauen und vorallem wenn man eine Aufgabe wirklich garnicht schnallt, erstmal drüber schlafen und nochmal am Abend danach drüber schauen. Damit entwickelst du mit der Zeit immer mehr Intuition. Bei Beweisen wie der vollständigen Induktion geht es immer um die Annahme, dass das zu Beweisende für ein Element gilt. Dann erweitert man die Annahme auf jeden Nachfolger des Elements. Dabei ist es wichtig im Beweis irgendwann die Voraussetzung selbst wieder zu benutzen, die die Gültigkeit für ein Element voraussetzt. Auch wenn das für dich vielleicht sehr abstrakt klingt, da kommt man rein, wenn man es eben nicht vermeidet! Alles rein logisch :)
In den anderen Antworten hat man Dich ja schon ziemlich geerdet, ich möchte Dich noch etwas motivieren.
Ja, das geht vielen Studienanfängern in Mathematik, Informatik oder Physik so (und da es bereits angesprochen wurde: Ja, auch in Philosophie, zumindest an guten Unis).
Im Informatikstudium kommt noch erschwerend hinzu dass die Mathematik für die meisten nur ein ungeliebtes Pflichtfach ist, es sind Credit Points die man eben braucht. Leider werden zu wenige Bemühungen seitens der Fakultäten unternommen, den Erstsemestern in Informatik zu vermitteln welch mächtiges Werkzeug sie mit den wenigen Mathematikvorlesungen bereits an der Hand haben, und wie man dieses Wissen als Informatiker gewinnbringend einsetzen kann.
Absolut keinen Plan wie ich das in der Zeit verstehen soll ohne mich totzulernen, was glaube ich auch nur mit viel Selbstzwang funktioniert.
Da täuschst Du Dich nicht, das ist alles sehr arbeitsaufwendig, hier sind Stressresistenz, Selbstdisziplin und Frustrationstoleranz unabdingbar.
Hier sind deshalb meine Tipps für Dich:
- Schau Dir beim Nachbereiten der Vorlesung vor allem die Beweise an und versuche sie nachzuvollziehen, bis Du sie komplett verstanden hast. Das ist eine der hilfreichsten Übungen um Mathematik zu lernen und sich bei den Arbeitsblättern zu verbessern.
- Statt nur im Internet zu suchen, kannst Du auch mit guten Büchern lernen. Geh in eure Bibliothek und schau in alle Analysis 1-Bücher rein, Du wirst bestimmt eines finden das Dir zusagt. Ein kurzes und gutes, finde ich, ist 'Analysis' von Theo de Jong. Oder 'Analysis 1' von Otto Forster, das ist einer der Klassiker. Wenn Du schreibst dass niemand Deiner Kommilitonen ein Lehrbuch hat, dann spricht das nicht gerade für Deine Kommilitonen.
- Wenn es beim ersten mal nicht klappt: Nochmal versuchen!
Und mit Punkt 3 meine ich auch: Wenn Du dieses Semester durch Mathe durchfällst, dann probierst Du es im Sommer eben nochmal, das ist keine Schande. Allerdings solltest Du Dir bis dahin dann genau überlegen wie Du Dich am besten verbessern kannst. Wenn Dein Fazit zum Informatikstudium dann negativ ausfällt, kannst Du natürlich auch überlegen ob Du das Fach wechseln magst, auch das ist normal und vernünftig.
Aber noch ist es ja lange nicht so weit. Versuche jetzt so zu tun, als wäre nichts und beiß Dich weiter durch, gib Dein Bestes. Das ist auch eine Sache die man an der Uni lernt: Arbeiten und nicht jammern :)
Ganz wichtig: Du brauchst Dich nicht schlecht zu fühlen. Gerade als Anfänger ist das Gefühl der Überforderung allgegenwärtig.
Liegt bestimmt nur an Faulheit.
In den seltensten Fällen liegt es an Faulheit. Es ist nachvollziehbar dass man sich ungerne mit Dingen auseinandersetzt die einen frustrieren. Du solltest also besser versuchen Wege aus der Frustration zu finden. Beispielsweise durch eine erfolgreich gelöste Übungsaufgabe.
Und wenn Du die Prüfung dann geschafft hast kannst Du stolz auf Dich sein eine steile Hürde genommen zu haben, und wirst lebenslänglich mit dem Gefühl belohnt dass Du etwas unschätzbar Wertvolles gelernt hast.
Übrigens, interessant dass Du erzählst dass Dein Studium einen NC hat, das ist selten für dieses Fach. Oder studierst Du in Österreich oder in der Schweiz?
Alles Gute für Dich und viel Erfolg!
Vermutlicher geht es den meisten in den ersten beiden Semestern so.
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Bei der vollständigen Induktion immer bedenken dass du beweist
A(n) => A(n+1)
Dabei sind die A(n) Aussagen in Abhängigkeit von n. Aussagen können wahr oder falsch sein. Aussagen sind z.B mathematische Gleichungen. Mach dir vielleicht am Anfang zur Übung klar, wie bei deinen konkreten Beispielen A(n) bzw A(n + 1) lauten.
Du versuchst also zunächst diese Implikation
A(n) => A(n+1)
zu beweisen. Du versuchst also zunächst nicht A(n) oder A(n+1) zu beweisen, sondern nur die Implikation, also wenn A(n) wahr ist, dann ist auch A(n+1) wahr.
Und wenn du zusätzlich nachgewiesen hast dass die Aussage für einen Anfangswert von n wahr ist, also z.B A(0) oder A(1), etc., dann folgt mit der bewiesenen Implikation logischerweise, dass A(n) für alle n größer gleich als der Anfangswert war sind.
Hm, was soll ich dir da sagen? Ausser das Mathematik an der Hochschule nun mal wirklich schwer ist und sehr viel Einlassungsbereitschaft erfordert. Du mußt dich in die abstrakte Sprache der Mathematik einarbeiten und dich von dem was du in der Oberstufe glaubtest gelernt zu haben vollständig lösen. Und es hilft wirklich nur üben, üben, üben. Wenn du jetzt bereits drei Wochen hinterher hinkst wirst du enorme Schwierigkeiten haben das aufzuholen. Eventuell kann dir ein gutes Lehrbuch weiter helfen. Ich kann das Buch von Heuser: Lehrbuch der Analysis I sehr empfehlen, auch wenn es vielleicht für Informatik etwas überbewaffnet ist. Weiter kann dir dieses Buch
https://www.amazon.de/Das-ist-trivial-mathematischer-Studienanf%C3%A4nger/dp/3834807710
vieleicht dabei helfen die mathematische Sprache besser zu verstehen.
Ausserdem kann ich dir nur empfehlen, dich mit anderen Studierenden zusammen zu setzen. Du kannst mir glauben, bis auf ganz wenige Ausnahmefälle haben alle die gleichen Probleme wie du. Es hilft über die einzelnen Übungsblätter zu sprechen und sich gegenseitig zu erklären was überhaupt zu zeigen/rechnen o.ä. ist.
was glaube ich auch nur mit viel Selbstzwang funktioniert.
Das hast du gut erkannt.
In der Schule holen dich die Lehrer aus der Komfortzone. Eigentlich schon in der Oberstufe, spätestens an der Uni bist du selbst für dein Lernen verantwortlich.
Informatik hat keinen Numerus Clausus. Da wird in den ersten Semestern gesiebt. Wer diese Durststrecke durchhält, zeigt dass er belastbar ist.