Ist eine Besitzanzeige mit "sein" so korrekt?

5 Antworten

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Das ist weniger eine Frage grammatischer Richtigkeit als vielmehr situationsabhängiger Angemessenheit.

Die Form Karl sein Auto, Ingrid ihre Tasche, der Männer ihr Hobby ist im Deutschen durchaus gebräuchlich; nur hat sie es nie vom Dialekt / von der Umgangssprache in die Schriftsprache geschafft, weshalb sie (mMn zu unrecht) gemeinhin als falsch angesehen wird.

Die Wahrheit ist, dass diese Form, die übrigens in Grammatiken (adnominaler) possessiver Dativ genannt wird, in manchen Dialekten die bevorzugte, wenn nicht gar einzige, Form ist, um Besitzverhältnisse auszudrücken. Und Dialekte bzw. Umgangssprache als grundsätzlich falsch abzutun, ist sowieso eine deutsche Unart, die vermutlich in unserer Schulzeit begründet liegt - Stichpunkt: "Sprich gefälligst richtiges Deutsch!" Man sollte festhalten, dass Standarddeutsch keine gottgegebene Sprache ist, deren Dialekte alle Missbildungen wären. Vielmehr war es sogar so, dass sich der Standard erst aus den Dialekten heraus als eine überregionale Verkehrssprache entwickelt hat. Einige dialektale Eigenheiten wurden übernommen, andere halt nicht. Das ändert nichts an ihrer grammatischen Richtigkeit.

Mir als Bayer graust es, wenn jemand bairischen Dialekt spricht, aber dann den sächsischen Genitiv (das ist die Variante mit dem Genitiv-s) benutzt, weil er meint, das wäre "richtiger".

Aber mir ist bewusst, dass ich mit meiner Meinung gegen Windmühlen ankämpfe...

Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn du dich in einer Umgebung bewegst, in der die von dir angesprochene Form Verwendung findet, gibt es keinen Grund (und schon gar keine grammatische Grundlage), deren Verwendung zu kritisieren. Wenn du dich aber in einer Situation befindest, in der es "offizieller" zugeht und gemeinhin nach der Schrift gesprochen wird, z.B. bei Vorträgen, Arbeiten für die Schule oder den Beruf etc., solltest du diese Form vermeiden.



reblaus53  13.01.2016, 20:43

Diese Antwort gefällt mir sehr gut! Ich benutze auch häufig im Gespräch Formulierungen, die in der Situation einfach passend sind, wenn auch sprachlich unkorrekt.

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DerKalif  13.01.2016, 21:25
@reblaus53

Danke. Wobei ich es gar nicht mal von "sprachlich unkorrekt" sprechen würde. Gerade in einer lebendigen Sprache kann man oft nicht so genau sagen, was wirklich grammatisch falsch und was nur situationsbedingt unpassend ist.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass die meisten Leute, die Karl sein Auto als falsch abkanzeln, diese Form selbst verwenden und sich ihnen beim Hören auch nicht die Nackenhaare aufstellen (das wäre für mich ein legitimes Urteil über Grammatikalität). Oft halten die Leute solche Formuliereungen deshalb für falsch, weil sie irgendjemands Urteil mehr vertrauen als sich selbst; z.B. einem alten Lehrer (dem wahrscheinlich damals selbst einfach nur eingetrichtert wurde, dass Umgangssprache/Dialekt falsch ist, ohne dass er das bis dahin selbst geglaubt hätte). Vielmehr sollte man aber seinem eigenen Sprachempfinden vertrauen.

Aber ich rede mich schon wieder in Rage... Belassen wir's bei der Feststellung: Wenn's um Sprache geht, sollte man viel öfter viel gelassener sein und sein (antrainiertes) Richtig-falsch-Korsett im Schrank lassen.

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Rein intuitiv würde ich das als falsch deklarieren. Das mit dem s ist die richtige Variante

Das ist zwar gebräuchlich, aber falsch. Richtig ist die Benutzung des Genitivs.


Smardmin07 
Beitragsersteller
 13.01.2016, 19:43

Wow, die Antwort kam schnell ;). Dachte ich es mir doch.

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Nein, es ist nicht korrekt "Franz sein Auto" o.Ä Wortgruppen zu formulieren.(Und ich muss sagen, dass es mich extremst stört wenn sich jemand so ausdrückt).


Smardmin07 
Beitragsersteller
 13.01.2016, 19:45

Ja mich eigentlich auch, aber da ich immer häufiger auf solche Ausdrücke stoße (unter anderen auf YouTube/Facebook, ...) war ich mir unsicher...

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Alexneumann  13.01.2016, 19:47
@Smardmin07

War auch nicht auf dich bezogen, schließlich meintest du ja, dass dir die

"Verwendung von Apostrophen beziehungsweise  einem "-s" angehangen"
gebräuchlich ist. 

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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod . . .