Ich liebe meinen Welpen nicht?

9 Antworten

Ich hatte das bei meiner Hündin auch und es fühlt sich schrecklich an. Deswegen finde ich es furchtbar, wie hier teils auf deine Frage reagiert wird. Dir vorzuwerfen, dass du dich nicht auf die Arbeit eingestellt hast, oder dir zu sagen, dass du dich einfach mehr bemühen sollst ist einfach nur schädlich.

Hast du schonmal was von postpartalen Depressionen gehört? Davon sind einige Gebärende kurz nach der Geburt betroffen. Die können keine Liebe, keine Verbundenheit zu ihren Neugeborenen spüren, und das obwohl sie dieses Baby schon an die zehn Monate mit sich rumtragen, und da schon mehr Gelegenheit hatten, Bindung zu dem Baby im Bauch aufzubauen, als wir es mit den paar Besuchen bei den Welpen können. Ursache für pp Depressionen sind vermutlich die starken hormonellen Veränderungen, aber eben auch dieser Druck, verantwortlich zu sein und alles perfekt machen zu "müssen". Deswegen ist "geb dir mal mehr Mühe" absolut unangebracht.

PP Depressionen kann man übrigens auch bekommen, wenn man das Kind nicht geboren hat, sondern das Elternteil ist, das eben nicht schwanger war. Diese Depressionen hängen also nicht nur mit der Hormonveränderung zusammen, die durch die Geburt ausgelöst wird, und damit nur das Gebärende Elternteil betreffen könnte, sondern auch den Veränderungen, die durch die Verantwortung für ein hilfloses Lebewesen auf einen zukommen. Auch nicht Gebärende können PP Depressionen bekommen. Daran kann auch Vorbereitung und sich bewusst machen, wie viel Arbeit es wird, nichts ändern.

Wenn man all das weiß, ist es wenig überraschend, dass das auch bei Hunde-Babys passieren kann. Postpartale Depressionen (je nach Schweregrad sind es natürlich nicht zwingend Depressionen) gibt es auch in der "Hunde Version", nur eben ohne den "postpartalen" Teil. Es wird oft auch Puppy Blues genannt und kann eben ausgelöst werden, obwohl man den Welpen logischerweise nicht selbst geboren hat.

Ich wünschte, ich könnte dir irgendeinen Tip geben, mit dem es besser wird, aber das kann ich leider nicht.

Mir hat es damals geholfen, zu wissen, dass ich nicht alleine damit bin, dass es viele gibt, die darunter leiden (gibt es auch einiges an Videos und Blog-Beiträgen dazu, falls dir das auch hilft) und dass es tatsächlich eine Erklärung dafür gibt und ich nicht einfach nur ein herzloses Monster bin.

Das "Gute" daran ist, dass man nichts machen muss, damit es besser wird. Kann sich auch blöd anfühlen, weil man gerne was tun würde, kann aber auch Hoffnung geben, da es voll okay ist, einfach mal ein bisschen in Selbstmitleid zu versinken und sich in Ruhe schlecht zu fühlen, ohne Angst haben zu müssen, dass es so nie besser wird. Es wird phasenweise besser und schlechter, und wie lange es dauert weiß kein Mensch. Aber es wird besser.

Ansonsten: Gib dir Zeit, versuche dich abzulenken, macht Dinge, die euch beiden Spaß machen. Welpen schlafen viel, das ist ganz normal, also könntest du sie zum Beispiel mit zu dir ins Bett nehmen und während sie schläft eine Serie schauen oder so. Vielleicht sucht sie dann sogar deine Nähe. Vielleicht auch nicht, und auch das ist okay. Und schon macht ihr eine schöne Erfahrung zusammen, auch wenn es kein gemeinsames Abenteuer ist. Und es wird anders, wirklich. Sie wird mit der Zeit öfter wach sein, und in den Wachphasen auch mehr mit dir machen wollen/können. Meine Hündin ist jetzt 13 Monate alt und ich liebe es mit ihr, wenn es nicht grade 30 Grad im Schatten hat, auch längere Spaziergänge machen zu können, und gemeinsam mit ihr die Welt zu entdecken. Sie hat immer wieder Lust zum Trainieren, zum Spielen (auch das kann mit der Zeit noch kommen), und gerade liegt sie einfach neben mir und schläft. Auch das kann schön sein. Bindung und Vertrauen kommen nicht einfach so, sondern formen sich über die Zeit, wenn man gemeinsam Dinge erlebt und merkt, dass man Spaß haben und dem anderen vertrauen kann. Aber gerade diese Erfahrungen kann man viel eher machen, umso älter der Welpe/Junghund wird.

Wie gesagt, ich habe meine Hündin am Anfang nicht geliebt, oder konnte es nicht spüren, aber inzwischen ist sie mein ein und alles und alleine der Gedanke, sie zu verlieren macht mich fertig. Ich wollte sie in den ersten Wochen so oft zurück zu ihrer Züchterin bringen, und inzwischen würde es mir das Herz brechen, sie abgeben zu müssen, egal wie sehr sie mir manchmal auf die Nerven geht.

Du schaffst das, und ja, das Gefühl kann noch kommen. Versprochen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Ich bin Hundetrainerin und Verhaltensberaterin

KMontrose 
Beitragsersteller
 24.06.2022, 14:28

Ich danke dir! Ich habe gerade sehr viele sachen zu dem Thema bei Müttern und ihren Kindern gelesen. Ich schätze es kommt einfach dadurch, dass ich selber als Kind liebe nie gespürt habe oder vielleicht auch woanders her. Auf jeden Fall nehme ich sie mehr ins Bett und gebe noch nicht auf...

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LynnSo  24.06.2022, 14:35
@KMontrose

Auf jeden Fall! Kennst du den Begriff Bindungs-Trauma? Das zeigt sich ganz oft so, dass man als betroffene Person sich sehr schwer damit tut Bindung zu spüren bzw. zuzulassen. Ich bin einer dieser Personen, ich habe nur nicht damit gerechnet, dass ich das auch bei meinem Hund haben würde, den ich ja so unbedingt und schon so lange wollte. Und das beruht oft auf nicht ganz so tollen Erfahrungen in der Kindheit. Es kann also gut sein, dass das alles zusammenhängt. Mir hat es wirklich geholfen, zu versuchen, mehr Zeit mit ihr zu verbringen. Nicht aktiv, dazu hat sie zu viel geschlafen, sondern einfach körperlich in ihrer Nähe zu sein, am besten abgelenkt, damit man sich nicht den Kopf zerbricht sondern auch schöne Erfahrungen machen kann.

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KMontrose 
Beitragsersteller
 24.06.2022, 19:18
@LynnSo

Ja das Wort kenne ich zu gut. Vielen Dank für deine Worte. Du hast mir wieder Mut gemacht!

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Manchmal ist die Vorstellung auf etwas romantischer als es sich dann in der Realität tatsächlich herausstellt.

Konzentriere dich nicht auf das "liebe Gefühl", sondern fokussiere dich auf deine Rolle als verantwortungsvolle TierhalterIn. Hunde sind wie wir Menschen Beziehungswesen. Es gibt keinen Grund warum ihr keine vertrauensvolle Beziehung, die von Glück begleitet sein wird, haben könnt - also eine gute und feste Bindung.

Ich habe seit drei Monaten einen Zweithund. Mir ging es die erste Zeit genauso wie dir. Mittlerweile lieb ich sie immer mehr. Das kommt mit der Zeit. Mach dir da keine Sorgen. Auch für dich ist alles neu, genauso wie für den Welpen. Ihr müsst euch aneinander gewöhnen, einen Tagesrythmus finden,...

Bei meinem ersten Hund ging es schneller, beim zweiten dauert es halt länger.

Je mehr ihr gemeinsam erlebt - im Moment halt spielen, kuscheln,... da große Unternehmungen ja noch nicht möglich sind - umso mehr findet ihr zusammen.

Ich wünsche dir alles Gute und wie gesagt - Stress dich nicht. Die Liebe entwickelt sich.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Hi,

Google mal Welpenblues, man stellt sich vieles toll vor und dann tritt die Realität ein die weniger romantisch ist. Da du den Welpen auch sehr sehr jung gekauft hast kann er natürlich auch noch nicht wie andere sozialisierte Welpen mit der Umwelt umgehen, sondern macht nun erstmal mehr Arbeit da er alles lernen muss und der Lehrer (Mutter und Geschwister) fehlt. Wenn der aus den gröbsten raus ist werdet ihr schon zusammen wachsen, dir muss nur klar sein das du dir kein Anfängerhund gekauft hast sondern ein Hund der nun wahnsinnig viel aufzuholen hat.

nein. ich denke nicht. die ersten zwei oder drei tage sollte das gefühl entstehen.

es scheint, es passt zwischen dir und dem tier nicht.

ruf bitte den schnellstmöglich den züchter an und bitte ihn, den welpen neu zu vermitteln.

besser wieder abgeben, als wenn du dem tier das leben versaust.

nimm doch mal mit einem tierheim kontakt auf. vielleicht passt ein ausgewachsener hund besser zu dir. nicht alle tierheimhunde haben schlimmes erlebt. manchmal sind es "hinterbliebene" oder scheidungsopfer oder tiere, die aus geldgründen, wegen allergie oder krankheit abgegeben wurden.

im tierheim lernst du erst mal hunde kennen und wirst dann mit dem passenden hund zusammengeführt.

das sehe ich in deinem fall als erfolgversprechend an.


LynnSo  24.06.2022, 14:29

Gefühle sind so individuell, man kann einfach nicht sagen, dass sie nicht mehr entstehen, wenn sie nach zwei Tagen nicht da sind. Ich habe es in meiner Antwort ausführlicher beschrieben, aber ich hatte das gleiche Problem, Wochen wenn nicht Monate lang, und liebe sie inzwischen dennoch sehr. Und das Leben versaut habe ich ihr dadurch auch nicht, ihr geht es super. Sicher, den Welpen abgeben ist eine Option und es ist voll okay, die im Hinterkopf zu haben. Aber Liebe, Bindung und Vertrauen braucht Zeit. Bei manchen kürzer, bei andern länger.

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pony  24.06.2022, 19:06
@LynnSo

ein hund oder eine katze ist keine vernunftehe.

beim pferd kann das anders sein.

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LynnSo  25.06.2022, 02:01
@pony

Richtig, es ist keine Vernunftehe und deshalb braucht es Zeit. Wenn man wegen der Liebe zusammenleben möchte, dann macht man das in der Regel ja auch nicht zwei oder drei Tage, nachdem man sich kennen gelernt hat, weil bis dahin Gefühle da sein müssen um nicht direkt wieder den Kontakt abzubrechen. Man lernt sich erstmal kenne und lieben. Und diese Zeit braucht man manchmal eben auch mit dem Hund.

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