Hat die Liebe schon mal Dein Leben komplett verändert?

Ja. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich eine Schweizer Zweitfamilie haben würde. Hab ich nun aber und bin dafür jeden Tag dankbar. 🥰

Da gab es einiges, aber markant war im Rückblick sicher meine erste richtige Beziehung. Das war sie aufgrund einiger Dinge - da war einiges ganz besonders, nicht nur, weil unser erstes Mal wegen einem dicken Gipsbein in die Annalen einging.

Meine erste Freundin (da war ich zwischen 17 und 21) hat mir ganz stark dabei geholfen, viele Dinge anders zu sehen und die Welt neu zu entdecken. Zusammen mit meinem alten Audi 100 konnten wir, sobald ich den Führerschein hatte, der Tristesse unserer Heimat auf Zeit entfliehen, selbst wenn die "Reise" nur zu Mäcces führte. Mäcces war so der Ort unserer persönlichen Sehnsucht, ähnlich wie früher, als wir noch keine Autos hatten, das Hallenbad oder das Freibad. Die Pommes standen im Schwimmbad für das Gefühl, dass diese Idylle dort NIE vorübergeht und das Leben doch noch hier und da schön sein kann, auch wenn's es mit uns selten gut meint - egal, wir haben Pommes frites und Mayo und Ketchup und eine Limo dazu und dann bitte noch eine, um diese trügerische Friedlichkeit noch in die Länge zu ziehen. Ist eigentlich tragisch, wenn man das so sieht, aber es war so. Außerdem konnte man es sich leisten, selbst wenn man in der Lehre nicht so dicke verdient hat. Mäcces war für uns das Highlight im tristen Vorstadt-Ambiente, in dem man Lebensfreude schon im Kindergarten regelrecht aberzogen wurde & wo die Atmosphäre so katholisch wie sudetendeutsch wie bedrückend war und man als Jugendlicher auszubrechen versuchte, sobald man es mit einer alten Karre und dem Führerschein konnte. Caro und mein alter Audi waren für mich die erste Chance, einem komplexbeladenen und schweren Milieu zu entfliehen - nur auf Zeit, aber immerhin. Los Wochos, alles für einen Euro, Caro und ich im "Doppellagen-Shirt" (Kurzarm über Langarm) zu irgendeiner dünnen Cargohose und diese alte Karre ... das hat mir viel gegeben und unsere Musik (so typischer Pop der 2000er und ein paar coole Oldies der 80er) war immer dabei. Es war das erste Mal für mich, dass mir keiner was nehmen wollte und ich frei war, fernab von bösen sudetendeutschen Rentnern, die einen nur beschimpft haben & von denen man zu hören bekam, dass wir alle dumm und blöd seien, während ein anderer Gleichaltriger dafür gelobt wurde "ein doller Fußballbub zu sein, net, mit einer dollen Frisur, so richtig wie ein Hitlerjunge, net". Es war oft so demütigend ... und wir saßen bis nachts um vier bei Mäcces rum, auch wenn man freitags wieder ins WG oder zur Lehre musste. Und das Shirt aus der Werbung mit Heidi Klum kenne ich... ach, der Style um 2007 war echt cool ;-)

https://www.youtube.com/watch?v=xK-CRLHN1fY

https://www.youtube.com/watch?v=RrY_ST17N5Q

Wir waren in so einer Emo-/Manga-/Gothic-Clique, gemeinsam waren wir stark und alle mehr oder weniger aus Problemfamilien, meine Situation war noch die Beste. Einer für alle, alle für einen ... wir waren zwei Paare in der Clique, aber es war jeder für jeden und es war gar kein Ding, wenn Caro mit einem Kumpel was machte oder die andere Vergebene was mit mir oder einem anderen allein unterwegs war.

Wenn ich heute Jugendliche bzw. junge Erwachsene sehe, die optisch in die Emo-/Gothic-Ecke gehören (gibt's immer noch), dann denke ich mir ... ach schön, dass es das noch gibt & ich freue mich innerlich irgendwie total, weil ich dann an diese tolle Zeit damals zurückdenke und an den unerschütterlichen, ehrlichen Zusammenhalt und diese Wärme, die man spürte und ich freue mich auch für diejenigen, weil ich mir vorstelle, dass sie sich so getragen fühlen von der Gruppe wie ich bzw. wie wir damals.

Wir sind zwar schon lang getrennt, das ist Ewigkeiten her, aber wir stehen immer noch in Kontakt und schreiben gelegentlich, z.B. an Geburtstagen, weihnachten, Ostern oder einfach mal nur so, wenn der eine den Status des anderen sieht und kommentiert. Wir gingen auch nicht im Streit auseinander, sondern nur, weil einige DInge bezüglich Studium, FSJ und Kinderwunsch individuell anders verfolgt wurden und wir es nicht unter einen Hut bringen konnten.

Spätere Beziehungen haben auch dieses und jenes ausgelöst, aber nie mehr so wie diese erste Beziehung, die eigentlich alles Bisherige auf den Kopf stellte und mich dazu brachte, einiges zu überdenken. Die Ansichten aus der Zeit haben sich bis heute gehalten.

Ja, ich denke schon.
In vielen Dingen sicherlich, große wie kleine Dinge.

Ich habe durch meine Freundinnen Länder kennengelernt, Orte, Erfahrungen mit ihnen gemacht. Andere Familienstrukturen, andere Ausdrucksformen und und und …

Konkret muss ich auch an den Ort meines Studiums denken, das war wegen einer Freundin, was auseinander gegangen etwas später. Aber der Studiumsort war trotzdem cool und richtig.

Welche Liebe verändert nicht das Leben eines Verliebten? Sowieso ist alles irgendwie immer Veränderung. Aber die Liebe erst recht.

Ja mein Vater hätte mich fast gekillt als ich mit nem Kerl zusammen war weil er ein Problem mit sowas hat