Hat der Philosoph Schopenhauer recht?
Mit seinem Ausspruch zum Nationalstolz:
,,Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein sein könnte, ergreift das letzte Mittel auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieraus erholt er sich und ist nun dankbar bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen."
- Hat Schopenhauer recht oder nicht ?
- Meinungen dazu?
10 Antworten
Meiner Ansicht nach hat Schopenhauer dies treffend analysiert. Denn zum einen ist der Nationalstolz wohlfeil. Man kann ihn sozusagen "auf der Straße finden" (wie man ein verlorenes Geldstück finden kann), man muss nichts für ihn tun. Außer "geboren zu sein", aber das hat jeder lebendige Mensch schon hinter sich.
Wer etwas anderes hat, auf dass er stolz ist, braucht ihn nicht.
Und wer sonst nichts hat, nutzt ihn gerne, denn er liegt ja einfach so rum, er muss nur aufgehoben werden.
"Hieraus erholt er sich" - das ist natürlich eine etwas altmodische Formulierung, aber gemeint ist wahrscheinlich, dass man sich psychologisch/emotional besser damit fühlt als ohne.
Und "alle Fehler zu verteidigen", das heißt, eine solche Person hat die Tendenz dazu, bei Fehlern der eigenen Nation gerne mal wegzusehen, nur um bei anderen Nationen umso genauer hinzuschauen.
Die Beobachtung zeigt ja auch, dass gerade dann der Nationalstolz stark hervortritt, wenn das Land arm ist - siehe Nordkorea. Auch in Europa ist der Nationalstolz sehr stark dort vertreten, wo die wirtschaftliche Entwicklung nicht ganz so super ist. Was ja auch logisch ist.
Das ist ja das Paradoxe, dass sich einige Menschen einerseits voller Stolz z.B. die "kulturellen Errungenschaften" ihrer Nation ans Revers heften, ohne eine irgendwie identifizierbare Eigenleistung beigetragen zu haben, sich aber andererseits gegen den Gedanken empören, angesichts der "Missetaten" ihrer Nation, konsequenterweise auch "Nationalscham" zu empfinden
Absolute Zustimmung. "Patrioten" weisen jede Kollektivschuld oder Erbschuld entrüstet zurück, aber sie sonnen sich in einer Art von "Kollektivverdienst" oder "Erbverdienst"
Das hast du sehr zutreffend erkannt und formuliert: danke für deine Zustimmung und Ergänzung, liebe Grüße nach Wien und harmonische Osterfeiertage 🙋♀️.
Oh sorry, habe dich gerade mit jemandem verwechselt (Namensähnlichkeit) 🤭, dann fühl dich gegrüßt, wo immer du dich gerade aufhalten magst 😁.
Schopenhauer war ein Individualist und der Masse der Menschen gegenüber sehr skeptisch. Er wird wohl jede Identifikation mit einer Nation oder einer anderen Gruppe sehr skeptisch gesehen haben. Zumal der aufkommende Nationalismus seiner Zeit eher eine demokratische Entwicklung darstellte. Was Schopenhauer auch ablehnte.
Aber unter Stolz versteht er ein Gefühl, das mit einer Leistung verbunden sein sollte. Und er zeigt eine sicher berechtigte Skepsis gegen Leute, die den Zufall ihrer Geburt in einem Land als etwas Besonderes vor sich hertragen. Das sehe ich auch so.
Olli's Antwort und Garnet's Ergänzung sind meiner Ansicht nach echt super.
Ansonsten sage ich dazu:
Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte
Er kann noch nicht mal auf sich selbst stolz sein .... er hat wirklich nichts. Dann bleibt ihm ja nur noch das Land und sein eingeschränktes Denken.
Am gefährlichsten ist der Nationalstolz eines gedemütigten Volkes.Peter Rudl
Zu erwähnen ist auch der Nationalhass, der dem Nationalstolz recht ähnlich ist, nur umgekehrt.
Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt.Arthur Schopenhauer
Das Schopenhauer-Zitat ließe sich m. M. auch sehr treffend um andere (durch Geburt bzw. Abstammung ) mitgegebene Merkmale und Eigenschaften ergänzen, wie z. B. Hautfarbe, Geschlecht oder Religion, etc. die ebenfalls bei einigen Menschen Stolz sowie ein Wir-Gefühl gepaart mit der Abgrenzung von den (minderwertigeren) Anderen "begründen".
Tja, wie formuliert es doch der Volksmund so treffend: Dummheit und Stolz wachsen auf demselben Holz...
Deutscher Nationalstolz ist das Bekenntnis zu den kulturellen Wurzeln.
Frage nicht was die Gesellschaft/Nation für Dich machen kann, frage was DU für die Gesellschaft Nation machen kannst.Hast du dich einmal gefragt warum Patrioten Ihr Leben riskieren um das Ihrer Mitmenschen zu beschützen ?
Warum geht die Feuerwehr -in-das Haus aus dem alle rausrennen, warum riskieren Polizisten und Soldaten ihr Leben für die Gesellschaft ?
Es gibt eine Menge auf die man als deutscher Staatsangehöriger berechtigt stolz sein kann, beginnend von der Meinungsfreiheit, Demokratie bis hin zum Grundgesetz, was ein "Erfolgsschlager" für andere Staaten wurde, die es übernahmen.
„Das Grundgesetz ist ein Exportschlager“Viele Deutsche sind stolz auf das Grundgesetz -
und das hat mit dumpfem Nationalismus nichts zu tun.Ein inklusiver Verfassungspatriotismus ist eine wichtige und aufgeklärte Alternative zum völkisch-ethnischen Nationalstolz. Ein Gastkommentar.
Sein Ausspruch ist zeitlos und wird auch noch in hundert Jahren seine Gültigkeit behalten.
Das ist ja das Paradoxe, dass sich einige Menschen einerseits voller Stolz z.B. die "kulturellen Errungenschaften" ihrer Nation ans Revers heften, ohne eine irgendwie identifizierbare Eigenleistung beigetragen zu haben, sich aber andererseits gegen den Gedanken empören, angesichts der "Missetaten" ihrer Nation, konsequenterweise auch "Nationalscham" zu empfinden 🤔.