Gibt es Politiker von früher, die ihr euch zurückwünscht?

Ja 93%
Nein 7%

28 Stimmen

9 Antworten

Ja

Am ehesten vermisse ich Charakterköpfe wie Oskar Lafontaine - ein Mann mit Rückgrat. Ich habe es sehr bewundert, dass er 1999 als Finanzminister zurücktrat und Schröders neoliberaler Pseudo-SPD die Stirn zeigte - auch als er später die WASG mitgründete, die ich als Jugendlicher und junger Erwachsener absolut super fand und wo ich sogar mal an der Realschule Zoff bekam mit einem Lehrer, der mich der Wahlwerbung für die WASG und Oskar Lafontaine bezichtigt hat.

https://www.youtube.com/watch?v=ZLdlFR6Wb5o

https://www.youtube.com/watch?v=d6LVDDhIwV0

Aber das war es mir wert; Oskar hatte auch bei der Kanzlerfrage 1990 Recht, als er sich verhalten zeigte behufs der Deutschen Einheit. Er eierte nicht mit blühenden Landschaften rum, die es bis heute zu weiten Teilen nicht gibt, aber das wollte das feiernde Einheitsvolk halt nicht hören. Na ja, dann ist es halt so.

Ich fand es auch gut, als Oskar Lafontaine die Linkspartei verließ, als er deren Kurs nicht mehr mittragen konnte. Das ist Lafontaine, wie ich ihn kenne und schon damals geschätzt und bewundert habe - ein Mann mit Profil.

https://www.youtube.com/watch?v=CQjuXwhGKXU

XXX

Es wundert mich auch hier, dass Helmut Schmidt so verklärt wird vor allem von Leuten, die ihn ggf. gar nicht aktiv als Kanzler kannten und nur aus Magazinen und der Regenbogenpresse kannten. Schmidt war zu seinen aktiven Zeiten als Kanzler durchaus umstritten bis zur Vertrauensfrage 1982, über die er stolperte ----> und mir persönlich war er im Alter durch seine dauernde Einmischerei, sein oberlehrerhaftes Benehmen und seine arrogante Besserwisserei, mit der er den "Jungen" alles Wissen absprach, ziemlich unsympathisch. Ich frage mich bei allem Respekt bis heute, warum der Mann so verehrt wird auffälligerweise auch von Leuten, die ihn gar nicht selbst als Kanzler und Politiker, sondern nur als eine Art Elder Statesman mit dauernder Talkshow-Präsenz erlebt haben.

Gut, ich bin Süddeutscher und halte manchen Norddeutschen für unterkühlt und arrogant, das sind Mentalitätsprobleme, die man halt hat, aber Helmut Schmidt war schon ein sehr von sich eingenommener Mensch.

Wenngleich ich sein Buch "Außer Dienst" gelesen habe und inhaltlich als durchaus gelungen empfand, muss ich sagen, dass Helmut Schmidt sich auch hier gnadenlos selbst beweihräuchert hat und versucht hat, anderen zu sagen, was sie durchweg falsch machten und dass er allein im Recht sei. Er sprach der nachkommenden Generation in Gesellschaft und Politik mit solchen Büchern und Auftritten im Grunde genommen jegliche Kompetenz ab - eine Rolle, die seit einiger Zeit und in abgeschwächter Form immer wieder vom eigentlich ganz sympathischen Gregor Gysi ausgeübt wird.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

vanOoijen  26.12.2023, 23:26

Ach ja, noch kurz etwas zu Helmut Schmidt:

Als ehemaliges SPD-Mitglied kann ich sagen, dass unser Unterbezirk Willy Brandt wesentlich mehr verehrt hat als Schmidt. Gerade bei den älteren Genossen war Helmut Schmidt durchaus umstritten.

Die spätere Glorifizierung, gerade von Personen die ihn als Kanzler nicht erlebt haben, erkläre ich mir damit dass er aus den sonstigen aalglatten Talkshow-Gästen herausstach. Unter anderem auch wegen seiner Arroganz, die aber niemand zu kritisieren wagte außer Wilfried Schmickler in der Satiresendung "Mitternachtsspitzen".

Hinkelsteiner  27.12.2023, 09:06
@vanOoijen
Als ehemaliges SPD-Mitglied …

Du auch?! :)
Ich war auch immer ein Willy Brandt Mann.

vanOoijen  27.12.2023, 12:44
@Hinkelsteiner

Als wir Jusos unser Jugendwahlprogramm zur Kommunalwahl 2004 der Presse vorgestellt haben, ließen wir das Foto von uns neben einer Willy-Brandt-Büste schießen. 😉

Ob es, jetzt wo er tot ist, auch Bronze-Büsten von Helmut Schmidt in SPD-Häusern gibt weiß ich nicht. Aber ich bezweifle es.

Na immerhin ist der Hamburger Flughafen nach ihm benannt. Dafür hat Willy Brandt Plätze.

Adtzec  13.01.2024, 17:54

Ich würde da nicht jedes Wort unterzeichnen, erkenne mich aber in vielen Würdigungen wieder, auch wenn ich Lafontaine kritischer sehen würde, aber verbiegen lassen hat er sich fraglos nie. Das kann man definitiv respektieren.

vanOoijen  26.12.2023, 23:18

Auch von mir vielen Dank. Meine Hilfreich sind für heute leider verbraucht.

BTSV1895ev 
Beitragsersteller
 26.12.2023, 23:03

Danke für die ausführliche Antwort!

wunschname0302  13.01.2024, 17:51

Der Abgang von OL in der SPD war doch maximal suboptimal. Er sagte nichts, erklärte sich nicht, ließ sich stattdessen mit seinem Enkel(?) auf dem Balkon ablichten. Fand ich eher charakterschwach, muss ich sagen.

Ja

Helmut Schmidt. Mit ihm würde es so einen Zirkus wie aktuell sicher nicht geben.

Mit Willy Brandt wäre ich auch einverstanden.

Konrad Adenauer hab ich zwar nicht persönlich miterlebt, aber er hat maßgeblich zum Wiederaufbau dieses Landes beigetragen, ganz im Gegensatz zu dem, was die heutige "Elite" so abliefert.

Diese drei Politiker (und zudem auch noch Kanzler) sind meiner Ansicht nach die besten, die Deutschland je hatte.

Ja

Richard von Weizecker

Norbert Lammert

Bernhard Vogel

Ja

Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen. Ganz klar.