Gibt es heute überhaupt noch die Arbeiterklasse von der Marx spricht?

7 Antworten

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Die alte Arbeiterklasse ist jedenfalls am schwinden.

Die Zahl der Arbeiter in der deutschen Wirtschaft sank von fast 40 Prozent der Erwerbstätigen zu Beginn der 1990er Jahre auf etwa 25 Prozent im Jahr 2017.[1] „Von einer Arbeiterklasse als politischem Subjekt kann schon lange keine Rede mehr sein“, schrieb Hans-Ulrich Jörges.

https://de.wikipedia.org/wiki/Arbeiterklasse

Außerdem sollte man die Arbeiterklasse nicht mit der heterogenen Gruppe von Geringverdienern oder Unterschicht verwechseln oder dem, was Marx abwertend als "Lumpenproletariat" bezeichnet.

Der Begriff Lumpenproletariat wurde von Karl Marx geprägt und bezeichnet jene Vielfalt an Menschen mit unterschiedlicher Klassenherkunft, insbesondere jedoch Proletarier, die auf das unterste Ende der Gesellschaft herabgestiegen sind oder aus ihm stammen und keiner typischen Lohnarbeit nachgehen. (...)
Im Kommunistischen Manifest beschrieben Marx/Engels die subproletarischen Gruppen als „passive Verfaulung der untersten Schichten der alten Gesellschaft“. (...) Als „Mobilgarde“ der Reaktion sah Marx im Lumpenproletariat eine Gefahr. Dass sich das in seiner Zusammensetzung sehr heterogene „Lumpenproletariat“ nicht wie die Industriearbeiterschaft organisieren lasse, ein geringes Bewusstsein seiner Interessenlage habe und offen für Bestechung durch den Klassengegner sei, sah man in der Arbeiterbewegung als Problem. Es schied wegen seiner Unzuverlässigkeit und seiner Unfähigkeit zur Entwicklung eines proletarischen Klassenbewusstseins als Bündnispartner der Arbeiterklasse aus.

https://de.wikipedia.org/wiki/Lumpenproletariat

Woher ich das weiß:Hobby – Geschichte, langjähriges Interesse incl. Fachliteratur

Ja, die gibt es, allerdings lebt sie heute deutlich besser. Marx definiert einen Proletarier als einen Menschen, der nichts hat als seine Arbeitskraft und Lebenszeit, die er zum Lebensunterhalt eintauschen kann. Das gibt's auch heute noch.


Angulimala1610 
Beitragsersteller
 10.06.2024, 16:49

Ja schon, aber ist dann jemand, der irgendwo ein Haus hat und bei Aldi als Leiter arbeitet, kein Arbeiter? O.o

Die klassische Definition des Proletariers ist, dass er nichts besitzt als seine eigene Arbeitskraft.

Gerade in Deutschland gibt es wenige Menschen, die wirklich Eigentum besitzen. 53% der Bevölkerung wohnt zur Miete. Etwa 30% der Haushalte haben unter 10.000€ Rücklagen. 10% haben sogar Schulden.

Weiß nicht, wo die Kommentare herkommen, dass es solche Leute heute nicht mehr gebe. Lauft mal durch den Ruhrpott. Genug Leute verdienen heute so wenig, dass sie davon gerade so über die Runden kommen, aber mehr auch nicht. Vielleicht sind einige etwas besser dran als von der Hand in den Mund, das wars aber auch.

Das Bürgertum ist dann schon etwas besser dran. Das sind die Leute, die etwas besitzen, Rücklagen haben und denen kleinere Krisen nicht so viel anhaben können.

Bill Gates mag im Bürgertum aufgewachsen sein, aber Einkommen ist ja nicht in Stein gemeißelt. Wir sind ja nicht im Mittelalter, wo man aus seiner Klasse nicht herauskam, wenn man nicht gerade extremes Glück hatte. Wobei man selbst da sagen muss, dass Klasse damals nicht unbedingt gleichzusetzen war mit Reichtum. Es gab verarmten Adel, der nicht mehr besaß als ein Pferd und eine Rüstung, und es gab reiche Bauern mit großen Ländereien. Rechtlich saßen beide Personen in völlig unterschiedlichen Positionen und in der theoretischen Gesellschaftshierarchie war der verarmte Adel natürlich über dem reichen Bauern. Hat ihm in der Praxis aber wenig genutzt.

Heute sind die Grenzen verschwommener, weil es fairer zugeht, als im Mittelalter. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir am Punkt der Gerechtigkeit angekommen sind und es einem in der Unterschicht heute leicht fallen würde, da heraus zu kommen.

Auch wenn ich nicht glaube, dass Marx uns näher an die Gerechtigkeit heranführt.

Woher ich das weiß:Recherche

Selbstverständlich gibt es diese "Arbeiterklasse" noch.

Was Marx jedoch niemals bedacht hat, ist, dass diese Arbeiterklasse nicht mehr aus bundesdeutschen Muttersprachlern besteht, sondern diese Arbeiterklasse aus Menschen gebildet wird, welche in diesen Staat zugereist sind - egal wann.

Nein, es handelt sich dabei weder um eine rassistische Aussage noch um eine Diskriminierung - sondern um eine Zustandsfeststellung, welche man auf JEDER bundesdeutschen Baustelle beobachten kann:

Es werden dort ALLE nur denkbaren Sprachen gesprochen zwischen den Arbeitern - ausser Hochdeutsch.

Hochdeutsch wird nur noch zwischen den Arbeitern und ihrem Polier/Meister/Bauleiter gesprochen.

Wer das nicht glaubt, darf gerne sich einmal auf einer Baustelle umschauen. Unsere Krankhäuser, Feuerwachen, Polizeidienststellen, Rathäuser, Gefängnisse etc. werden von Menschen gebaut, deren Muttersprache NICHT Hochdeutsch ist.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Viel zu viel erlebt und erfahren!

Angulimala1610 
Beitragsersteller
 10.06.2024, 16:52

Warum sollte der Typ, der bei Aldi in einer leitenden Funktion tätig ist und sich den Arsch aufreißt, dass die Filiale läuft und vielleicht ein Haus besitzt, kein Arbeiter sein?

Traveller5712  10.06.2024, 16:53
@Angulimala1610

Weil es sich dabei um einen Angestellten handelt. Diese "Klasse" ist nicht das, was Marx unter der "Arbeiterklasse" verstanden hat.

Angulimala1610 
Beitragsersteller
 10.06.2024, 16:57
@Traveller5712

Ja eh, weil es die Arbeiterklasse von Marx gar nicht mehr gibt. Die hat es in der Zeit der Industrialisierung gegeben.

Der Kapitalist war jemand, der Geld hatte und das für sich arbeiten lies. Der hat überhaupt nicht gearbeitet. Der hatte die Mittel und hat diese für sich arbeiten lassen.

Doch auch diese Kapitalisten gibt es eigentlich nur noch wenige - Leute die Geld haben gehen genauso arbeiten und reißen sich den Arsch auf.

Nein, und es gab sie auch nie.

Ein dänischer Arbeiter ist erst ein Däne, dann Arbeiter.

Das gilt für alle Arbeiter der Welt.

Eine hypothetische "internationale Arbeiterklasse" ist nur ein Werkzeug der Bolschewiken um Leichtgläubige zu manipulieren.