Fahrlehrer fängt Politikdiskussion an?
Ich mache gerade meinen Führerschein. Einer unserer Fahrlehrer hat gestern vor Beginn der theoretischen Unterrichtsstunde eine Politikdiskussion angefangen.
Es fing damit an, dass er auf die Wahl in der Türkei zu sprechen kam und seine Meinung zu Erdogan äußerte (Diktator). Anschließend kam er dann auf die deutsche Politik zu sprechen und meinte, dass die Jüngeren mal ran müssten.
Er schlug Christian Lindner als Bundeskanzler vor und meinte, dass ihm aber auch Annalena Baerbock gut gefalle. Dann äußerte er noch seine Meinung zu Verteidigungsminister Boris Pistorius (gut, weil früher Soldat), Klimaklebern (schlecht, gehören mit Stinkbomben bekämpft) und unserem Bürgermeister (gut).
Ich empfand das als ziemlich unangenehm, weil politische Ansichten eigentlich privat sind und schnell zu Streit führen können. Deshalb meine ich, dass diese bei geschäftlichen Beziehungen nichts zu suchen haben.
Einige der anwesenden Fahrschüler haben sich allerdings auch mit dem Fahrlehrer unterhalten und mich würde nun interessieren, was Ihr davon haltet: Findet Ihr das in Ordnung oder unpassend?
Das Ergebnis basiert auf 46 Abstimmungen
15 Antworten
Das ist aus meiner Warte nicht bedenklich, sondern eher typischer und unverfänglicher Smalltalk, wie man ihn oft hört. Die wenigsten denken sich da was dabei. Mein Fahrlehrer hat auch zuweilen über Tagespolitik gesprochen, so wie er andererseits gern über Fußball, neue Automodelle, aktuelle Fernsehsendungen, Wissenschaftliches und Ähnliches gesprochen hat. Das ist halt ein typisches Gesprächsthema, das man untereinander eben hat und über das man rasch ins Gespräch kommt - selbst wenn's befremdlich rüber käme, sollte man es nicht überbewerten und "nur" als Smalltalk und Gerede am Rande betrachten, so wird es auch gemeint gewesen sein.
Das ist aus meiner Warte nicht bedenklich, sondern eher typischer und unverfänglicher Smalltalk, wie man ihn oft hört.
Politik ist bei Smalltalk aber doch gerade tabu.
Zwischen Fahrlehrer und Fahrschüler besteht eine ganz besondere Situation:
- Sie sitzen auf engstem Raum zusammen, so dass ggf. auch für den Schüler - vor allem weibliche bei männlichen Lehrern - eigentlich der Mindestabstand der persönlichen Zone unterschritten wird.
- Fahrschüler müssen das Vertrauen haben, sich in Notsituationen vollkommen auf den Lehrer verlassen zu können.
Beides zusammen bedingt in meinen Augen unmittelbar, dass der Lehrer alles vermeidet, was zusätzliche, unnötige Spannungen zwischen beiden aufbauen kann - auch explizite Meinungsäußerungen zu politischen oder gesellschaftlichen Fragen.
Ja, sicher, der geschilderte Fall fand im Theorieunterricht statt, aber irgendwann folgt auf die Theorie die Praxis, und dessen ist sich ein:e Fahrschüler:in ja bewusst.
Das Problem ist auch völlig unabhängig vom Geschlechterverhältnis. Wenn ich mir vorstelle, dass ich mit 19 damals einen Fahrlehrer gehabt hätte, der z. B. am Rande des Theorieunterrichts Nazisprüche geklopft hätte ... das wäre kein sehr schönes Gefühl gewesen, zu wissen, dass ich demnächst mit diesem Typ fast auf Tuchfühlung hätte zusammensitzen müssen.
Na ja, Nazisprüche hat der Fahrlehrer wohl nicht gemacht, wenn er sich Lindner oder Baerbock als Bundeskanzler wünschen täte. Aber da empfindet jeder anders. Ich hätte es vermutlich vernommen und nicht weiter darüber nachgedacht.
Das war ein Beispiel zur Erläuterung des Problems. Aber egal. Vergiss es einfach.
Eigentlich müsste man an beiden Antworten ein Häkchen setzen. Denn zB um "das Eis zu brechen" wäre das ein guter Einstieg im Unterricht. Sollte aber innerhalb weniger Minuten wieder beendet werden.
Wenn so eine Diskussion dann aber eine halbe Stunde dauert, die ja die Fahrschüler bezahlen müssen / sollen, dann ist das vollkommen unangebracht und sollte auch von den Fahrschülern mit vorher genanntem Grund bemängelt werden.
Und daß politische Themen meist ein Streitthema sind, da die Ansichten und Meinungen ggf weit auseinander gehen, da hast Du vollkommen recht. Daher sind solche Themen in dem Rahmen wohl eher unangebracht.
Ich würde da wohl eher einen Unfall aus den Schlagzeilen besprechen und beraten. Wer hat was falsch gemacht...? Und die Folgen entsprechenden Fehlverhaltens ganz klar vor Augen führen.
Es hängt immer davon ab, wie man (in dem Fall der Fahrlehrer) damit umgehen kann Contra zu kriegen, vielleicht auch ein recht deutliches Contra ^^
Aber wenn er das nicht kann, ist der Fahrlehrer das Problem und nicht die Diskussion über Politik als solches
Da er bei der Abschlussprüfung im Auto sitzt (war bei mir zumindest so) entscheidet er bei der Fahrt ( ich wurde mit Absicht auf einen für einen Anfänger nicht bewältigbare Tour geschickt) bzw. Benotung.
Durch diese Abhängigkeitsverhältnis hat er sein Schülter nicht zu einer Meinung zu nötigen, die ihm genehm ist.
Nun bin ich schon so alt geworden, aber über den Mindestabstand zwischen Schüler und Lehrer hatte ich mir nie Gedanken gemacht … außer bei Corona und das geschlechtsneutral und altersunabhängig. Aber hier geht es ja um den theoretischen Teil, da hockt der Fahrlehrer sicherlich nicht unmittelbar neben dem Schüler. Man kann alt werden, wie eine Kuh, man lernt immer noch dazu.