Diskriminiert der Schulsport Schüler:innen?

15 Antworten

Diskriminiert der Schulsport Schüler:innen?

Da es vielfache Diskriminierungen gibt, wäre es erstaunlich, wenn es im Schulsport keine gäbe. Frauen/Mädchen z. B. werden in vielen Disziplinen diskriminiert, da sie völlig offensichtlich einfach nicht die Leistungen bringen können wie Männer/Jungen. Also zumindest wenn wir bereit sind, es theoretisch anzunehmen, dass alle gelich sein müssten. Oder wo im Sport versuchen Frauen ernsthaft mit Männern zu konkurrieren? Jaja, Dressurreiten und der Reitsport allgemein scheint eine Ausnahme zu sein. Und im Tennis gibt es dieses gemischten Doppel. Und vielleicht noch ein paar wenige andere Sachen, die mir just nicht einfallen.

Besonders wenn wir ich den hiesigen Sport unterricht (Praxis) anschaue sieht es düster aus.
Der Schulsport diskriminiert Mehrgewichtige/ Untergewichtige Schüler:innen

Das habe ich schon immer gedacht, damals, in den seligen 1980ern, als es pro Klassenverband ca. einen Schüler mit sehr deutlichem Übergewicht gab. Als ich neulich einmal zufällig einen Schulsport kurz besah, musste ich feststellen, dass von diesem Typus etwa 3-5x so viele dabei sind inzwischen und auch viele andere gelinde gesagt einiges überschüssiges Gewicht mit sich rumtragen. In einem Alter, in dem es eine Art von Kunststück ist, soviel zu wiegen, denn selbst die besch***senste Ernährung kann durch den imensen jugendlichen Bewegungsdrang oftmals sehr weit kompensiert werden. Was also ist mit diesen Kindern/Jugendlichen los, bewegen die sich garnicht mehr?

Damals hat unser schwer machomässige Sportlehrer - sowas wie der ginge heute garnicht mehr - den übergewichtigen Schüler natürlich latent gepiesackt. Aber auch ihn in Frieden gelassen, wenn er zumindest Anstalten machte, sich zu bemühen und den Erfordernissen (mehr schlecht als recht selbstredend) nachzukommen versuchte. Da haben sich einige Mitschüler teils schlimmer verhalten als der Lehrer. Lag aber auch nicht nur an der Fettleibigkeit dieses Mitschülers, der war auch so ziemlich seltsam und schwer zugänglich. Und wenn man mit anderen viel einfacher Kontakt bekam und auch deutlich mehr Interessenüberschneidungen hatte, dann war einem "der Dicke" ziemlich gleich. Der kommt schon durch, zu Tode wurde keiner gehetzt im Sportunterricht und an seiner sozialen Inkompatibilität muss er schon selbst hauptsächlich arbeiten, das ist "Bringschuld" wenn man in der Peergroup dazugehören möchte und kein naturgegebenes Häuptlingswesen/Alphatier ist, nach dem sich andere automatisch richten im Zweifelsfall. Das geht nämlich auch durchaus ohne die Sportskanone zu sein, wenn man nur was auf dem Kasten hat und ein wenig smartes herrschsüchtiges Geltungsbedürfnis dazu einbringt.

Im Grunde ist das (mit dem Sportunterricht im allgemeinen) aber so eine Abwägungssache. Einerseits sollen die Schüler als Klasse ja gemeinsam unterrichtet werden, jedoch werden manchen aus verschiedensten Gründen gewisse Schranken gesetzt. Zu groß bzw. schwer ("mehrgewichtig" meinetwegen, davon verschwinden die Kilos aber per se auch nicht, das ist eher so ein bisschen "weight-washing".) Und die Runtergehungerten, denen irgendwann der Körperwahn völlig entglitten ist und deren Eltern anscheinend so viele andere Probleme hatten, dass sie das erst bemerkten, als das Kind wegen Untergewicht in der Klinik landete und sie von dort darüber telephonisch unterrichtet wurden. Herrjeh, ja, jetzt wo sie es sagen, er/sie war wirklich ein bisschen dünn, aber wir dachten das gibt sich schon wieder, ist nur so eine Phase, wissen sie, diese Teenagerstars sind ja auch alle so schlank... ist es wirklich so schlimm bestellt um unser armes liebes Kind? Töörööö.

Also am besten werden die körperlich völlig Untüchtigen aus dem Sportunterricht entfernt und werden ersatzweise zur Ernährungsberatung geschickt. Vielleicht können sie ein bisschen Physio machen auch, aber man sollte es ihnen vor allem ersparen, vor den anderen zu kollabieren. Die Eltern der betroffenen Schüler werden darüber detailiert informiert und der schuläztliche Dienst sowieso. Mit dem Ziel, nach 6-12 Monaten ggf. wieder den Schüler in den Sportuntzerricht integrieren zu können.

Irgendwelche Notenausgleiche sind nämlich IMO noch viel diskriminierender als knallharte aber ehrliche/echte Bewertungen. Dann weiss der Schüler zumindest, wann er wirklich was erreicht hat - und nicht nur auf dem Papier und nur mit Diskriminierungskrückstockhilfekunstgriffen.

Andererseits wird kaum auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler:innen eingegangen

Irgendwie muss aber auch der Lehrplann abgearbeitet werden. Sport ist nun mal irgendwie so ein komisches Fach mit vielfach sehr objektiv messbaren Leistungen. Wenn dann Schüler auftauchen, die bereits bei den simpelsten Übungen nach einer halben Minute kapitulieren und lieber irgendwas essen möchten und auf Social Media auch noch ganz dringende Dinge zu erledigen haben, sich garnicht mit diesem Schwachsinn von Sport beschäftigen wollen - dann kannst du als Unterrichtender vielfach nur noch laut Sch*** brüllen. Was aber vielerorten auch keinen mehr juckt.

Nicht missverstehen: Individuelle Bedürfnisse müssen beachtet werden, aber die große Kunst besteht IMO darin, trotzdem mit der Gruppe und dem Unterricht voran zu kommen. Sonst kann man das Fach auch eigentlich gleich abschaffen.

Und dann? Die Eltern mit etwas mehr Geld und Interesse am eigenen Kind kümmern sich dann anderweitig darum, dass die liebe Tochter oder Sohn in einen Sportverein geht und da den nötigen Auslauf bekommt. Die anderen Kinder haben dann ganz versch*ssen, da sich keiner dafür interessiert, ob sie weiter nahezu völlig körperlich untüchtig bleiben oder nicht. Der Schulsport war deren einzige Chance gewissermaßen. Lehrer, Eltern, Mitschüler - und sie selbst auch - haben es verk*ckt. Leider.

Eine Magersüchtige 38 KG schwere Schülerin kann keine gleiche Leistung erbringen wie eine Schülerin die Marathonläufern ist.

Welch erstaunliche Erkenntnis. Da werden also eine krankes Kind und eine "richtige" Sportlerin verglichen - was natürlich nicht funktioniert, aber das hast du hoffentlich selbst auch schon bemerkt. Das kranke Kind bricht schnell zusammen bzw. kann nicht mal ansatzweise auch nur beim Aufwärmen mitmachen. Und die junge Sportlerin kann an einem Tag mehr laufen als das kranke Kind in 6 Monaten.

Wie bereits geschrieben, die kranke(*) Schülerin sollte vom Sportplatz runter und schnellstens zum Arzt. Und nach dessen Ermessen kann man sie dann angemessen mit körperlicher Ertüchtigung (im Rahmen einer Therapie o. Ä.) versorgen resp. kümmert sich zunächst um das Gewichtsproblem, bis sie zumindest eingeschränkt belastbar wieder ist - und im Idealfall sogar "gesund" genannt werden kann und die Chance bekommt, sich am gemeinsamen Sportunterricht zu erfreuen. (*)Darf man dermaßen harsche Worte wie "magersüchtig" überhaupt noch verwenden? Ist das nicht total diskriminierend? Aber bloss nebenbei gefragt. "Behindert" sagt man ja auch nicht mehr.)

Andererseits kann auch ein 200 KG schwerer Junge nicht die selbe Leistung erbringen wie der Top-Athlet.

Und noch so ein schwerkranker Mensch. Auch der muss, wie das stark untergewichtige Kind, natürlich sofort aus dem Sportunterricht herausgeholt werden. Mit 20 Kg Übergewicht ginge das ja noch, aber mit mehr als der dreifachen Masse eines Vergleichsschülers wäre das ein Mordanschlag mit den Leibesübungen. Das macht doch kein Herz-Kreislauf-System lange mit, das dürfte selbst Laien völlig klar sein. Ab zum Doktor mit dem 200-Kilo-Jungen - und dann geht es wahrscheinlich gleich weiter ins Sanatorium. Damit auch dieses arme Menschenkind in ein paar Jahren ohne Atemgerät 6 Treppenstufen am Stück wieder schafft - und hoffentlich sogar ein ganz normales Leben führen kann.

Du siehst, ich sehe die Diskriminierungen genauso wie du. Es ist furchtbar, wenn Menschen völlig aus dem Raster fallen und nicht mal ansatzweise mit der Masse mitkommen. Nur vermute ich, dass du diese armen Menschen durch allerlei furchtbar gut gedachte Antidiskriminierungsmassnahmen ums Verrecken mitschleppen willst, entgegen jeglichen anderen sinnvolleren Massnahmen.

Also, wie sieht es aus: Hältst du das nicht für eine bessere Lösung, wenn dermaßen gehandikapte Kinder wie oben erläutert Hilfe bekommen, statt ihnen für einmal beide Arme hochheben und sich 2x im Kreis zu drehen eine "2" auf dem Sportzeugnis zu geben - denn auf sowas läuft es letztendlich hinaus IMO. Diskriminierende Antidiskriminierungsmassnahmen sind das nämlich. Aber ggf. urteile ich zu hart/einseitig. Stell doch bitte dein alternatives Modell, sofern vorhanden, gegenüber. Vielen Dank.

Bei mir war es im Sport immer so, dass die Benotung nach Bemühung und Fortschritt ausgelegt wurde, sprich demnach nicht nach objektiver Leistung.


thesunrider  02.07.2024, 16:21

Genau das ist das Problem, dass nicht objektiv benotet wird. Beispiel: Ein Schüler mit 85 kg rennt 100 Meter in 17,5 Sekunden, einer mit 70 kg braucht 17,1 Sekunden.
Da gehört dem Dickeren eigentlich die bessere Note gegeben – seine sportliche, physikalische Leistung war besser! Darauf nimmt der Schulsport aber gar keine Rücksicht...

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whabifan  02.07.2024, 17:29
@thesunrider

Bei mir war es aber eben gerade so. Hier hätte der Dickere wohl die bessere Note gekriegt, weil er sich angestrengt hat und vielleicht auch verbessert hat.

Beim Basketball haben die Vereinsspieler die einfach nur Korb nach Korb geworfen haben auch nicht die besten Noten gekriegt, sondern jene die anderen Dinge gezeigt haben, sie in den Spielen mit eingebaut haben und eben nicht nur à la "One Man Show" Körbe gemacht haben

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ALLES, wo Leistung erbracht wird, "diskriminiert" die Besseren von den Schlechteren. Das ist auch nichts Verkehrtes. Nicht zu vergleichen mit Diskriminierung aufgrund der Abstammung.

Der Schulunterricht ist allgemein diskriminierend und nicht nur der Sportunterricht.

Alle haben unterschiedliche Stärken und Schwächen. Eigentlich sollte der Unterricht so gestaltet sein, dass an den Stärken gezielt gefordert wird und an den Schwächen gearbeitet wird.

Nicht alle können 6 Stunden am Tag still sitzen. Viele Kinder brauchen Bewegung und arbeiten lieber mit den Händen als nur mit den Kopf.

Der Schulsport steht seit längerem unter großer Kritik. Das Ziel ist doch eigentlich alle Schüler dazu bringen, dass die sich ausreichend bewegen und Sport machen. Aber die Benotung und Bewertung nach Leistung bringt genau das Gegenteil. Die weniger fitten Schüler verlieren das Interesse an Sport und beginnen es zu hassen. Die Folge davon ist, dass die später als Erwachsene weiterhin eine Abneigung gegen Sport haben und so gesundheitliche Probleme bekommen können.

Besser wäre es einen Sportgrundkurs einzuführen, welcher nicht benotet wird. Auf dem Zeugnis steht nur, dass man teilgenommen hat. Zusätzlich kann man einen Leistungskurs für die Sportler einführen, welcher benotet wird. So sollte es jeden geholfen sein.

Im Prinzip hast du schon recht.

Eine Bewertung anhand fester Werte (bspw. Meter beim Weitsprung, Korbtreffer beim Basketball, Sekunden beim Wettlaufen) bevorzugt immer diejenigen, die von Natur aus (oder aber weil sie Sportler sind) besser im Sport sind. Auf sein sportliches Können hat man selbst auch nur begrenzt Einfluss.

Übrigens führt deine Verwendung der Bezeichnung „Mehrgewichtig“ nur dazu, dass dieses Wort auch irgendwann diskriminierend von irgendwem angesehen wird.

Ich finde, Schulsport sollte nur dahingehend benotet werden dass Theorie zählt und der Wille des Schülers. Sprich wenn er sich keine Mühe gibt gibt’s schlechte Noten.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich habe einmal im Reichstag das WC benutzt

Photon123  06.07.2024, 19:47

Im Grunde stimme ich zu, aber Sport kann man auch erlernen, selbst wenn man 200kg+ wiegt. Ich kenne da z. B. wen, der sogar Kampfsportler geworden ist. Er ist unbesiegbar tatzächlich.

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MaxMusterman249  06.07.2024, 19:55
@Photon123

Ich mache Sport nicht weil es cool ist, sondern weil ich gerne Sport mache.

Abgesehen davon mache ich keinen Sport.

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Stefan1248  02.07.2024, 06:17
Sprich wenn er sich keine Mühe gibt gibt’s schlechte Noten.

Wenn man aber zu Sportarten gezwungen wird die einem nicht liegen und bei dem egal wie sehr man sich anstrengt die mitschüler besser sind, die keinen Spaß machen wird sich kaum ein Kind /Jugendlicher Mühe geben weil die frustriert sind. Das läuft am Ende aufs gleiche hinaus als wenn man die Leistung bewertet

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thesunrider  02.07.2024, 16:23
@Stefan1248

Ich frage mich eh, warum man beim Sport zu solchen fragwürdigen Leistungen gezwungen wird. Im Musikunterricht muss doch auch nicht jeder Schüler Beethovens Sonate auf einer Trompete spielen können...

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LeFreak72  03.07.2024, 12:56
@thesunrider

Ja genau, warum soll der Schüler, der virtuos ein hochanspruchsvolles Stück auf dem Klavier spielen kann eine bessere Note bekommen als ein anderer, der mühevoll Alle-meine-Entchen auf der Blockflöte halb schafft. Völlig unverständlich.^^

Ernsthaft: Was ist dabei, wenn ersterer eine "1" bekommt und letzterer mit viel Wohlwollen und aufgrund der Konferenzentscheidungsübereinkünfte noch soeben eine "4"? Selbst wenn das für den letzteren "schwieriger" war, er also unter einer bestimmten Betrachtungsweise sogar mehr geleistet hat.

Oder im (hier hauptrsächlich benannten) Sport: Der eine hat nun mal einen anderen Körper, welcher zu gewisser Athletik einfach besser geeignet ist und dieser tut etwas dafür, dass es auch so bleibt, vielleicht ganz mühelos sogar, die Genetik ist einfach manchmal furchtbar ungerecht. Und der andere hat diesen Sport-Körper einfach nicht und/aber kümmert sich da auch nicht viel darum, ausser vielleicht in seiner Aussendarstellung, die er beim Verzehr einer halben Torte Sahnekuchen beim Klassenfest genüsslich zum besten gibt. (Man sehe mir die Polemik nach.)

Es geht beim Sport (und auch beim disziplinierten Lernen eines Musikstückes) immer auch um ein Hochmass an Fleiss, Ausdauer und vor allem DurchhalteWILLEN. Und das völlig unabhängig von einzelnen strukturellen Nachteilen wie massivem Übergewicht oder Koordinationsunfähigkeit. Da KANN man schon einiges - durch reine Beharrlichkeit mitunter bloss - abstellen oder zumindest stark verbessern. Wenn man aber sofort irgendwelche Boni bekommt, welche eine Art von Ausgleich herbeiführen sollen, dann kann das auch furchtbar kontraproduktiv sein. Warum soll ich denn an meinem Körperzustand etwas verbessern, wenn das meiste an der Verbesserung quasi gleich wieder weggerechnet wird? Vielleicht tritt die fast schon drollige Situation ein, dass der in der Frage angesprochne 200-Kilo-Schüler zuviel(!) abnimmt und weniger Gutschrift auf seine Leistung bekommt obdessen, gleichwohl er in absoluten Zahlen tatsächlich sich verbessert hat!?

Vielleicht sollte einfach etwas mehr von Seiten der Schulen und des Staates getan werden für die (in Teilen) erbärmliche körperliche Situation einiger Schüler. Ich würde keinen wirklich unbefähigten 200-Kilo-Schüler dem allg. Sportunterricht aussetzen, sondern diesen in der Zeit zum Physiotherapeuten und/oder Ernährungsberater schicken, auf dass er in ein paar Monaten oder auch Jahren vielleicht einen halbwegs normalen Körper hat mit dem er ein ebensolches normales Leben führen kann - oder zumindest den Weg dorthin gewiesen bekommt. Man sollte also nur Schüler im eigentlichen Sportunterricht drannehmen, die zumindest ein gewisses Mindestmass oberhalb des 200-Kilo-Schülers haben.

Sport ist nun mal primär blosse LEISTUNG, das kann man noch so sehr (auch mit den allerbesten Absichten!) zu nivelieren/ausgleichen versuchen, aber dann sollte man ehrlicherweise das Fach einfach ganz abschaffen, denn ab einer gewissen Subventionsbreite für wie auch immer benachteiligte Schüler ergibt der Unterricht keinen Sinn mehr. Denn da werden die Gehandikapten letztlich nicht mit froh und die, welche noch tatsächlich richtigen Sport machen wollen (und können!), werden damit gewiss auch nicht froh.

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