Bleihaltiges Lötzinn in Schulen?


12.06.2024, 21:04

Ich bin gerade auch noch auf die RiSU - Richtlinie zur Sicherheit im Unterricht gestoßen. Darin wird ausdrücklich von einem Verbot von Bleihaltigen Lötzinn im Unterricht gesprochen.

9 Antworten

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Bleihaltiges Lötzinn ist in industriellen Bereichen verboten. In Schulen möglicherweise auch.

Was am bleihaltigen Lötzinn problematisch ist: Jahrelang im Vollzeitjob mindestens 5 Tage die Woche im Akkord löten, bis der Lötkolben durchglüht... Das kann durchaus krank machen.

Blei wird über die Haut nicht aufgenommen und das Gift wirkt auf Zeit.

Paar Schulstunden lang mit dem Lötkolben rumkokeln kann man da vernachlässigen.

Die Dosis macht das Gift.

Und mal ehrlich: Wie oft fässt du dabei das Lötzinn direkt an? Man fässt doch die meiste Zeit die Rolle an, wo das Zinn draufgewickelt ist.

Einmal ein minderwertiges China-Verlängerungskabel in die Hand nehmen schadet dir viel mehr (Weichmacher). Und einmal die Rauchschwade beim Löten einatmen (Kloroformdämpfe) auch :).

Was am bleihaltigen Lötzinn vorteilhaft ist: Du siehst sofort, wenn du schlecht gelötet hast - Es glitzert nicht so schön, sondern sieht stumpf und klumpig aus. Ein Effekt, den du bei bleifreiem Lötzinn nicht bzw. nur sehr vermindert hast. Zum Üben also bestens geeignet.

Und Hände waschen sollte man sowieso nach handwerklichen Tätigkeiten generell immer.

Ich löte schon jahrelang hobbymäßig mit verbleitem Lötzinn und ich lebe noch :)

Für private Zwecke ist bleihaltiges Lötzinn auch immer noch erlaubt und wird im Baumarkt verkauft.

Woher ich das weiß:Hobby – Ich beschäftige mich schon mehrere Jahre damit.

ddddddds  13.06.2024, 09:27
In Schulen möglicherweise auch.

Ja. Steht in der RISU:

An Schulen dürfen die üblichen Lötarbeiten (Weichlöten) durchgeführt werden. Hierfür reicht in der Regel die natürliche Raumlüftung (Fensterlüftung) aus. Es dürfen nur bleifreie Lote eingesetzt werden (siehe II – 5.6).
Bleihaltiges Lot darf nach der EG-Richtline 2002/95 (RoHS-Richtlinie) nicht mehr verwendet werden.

Wir löten in der Schule auch mit bleihaltigem, keine Ahnung ob das hier in Österreich erlaubt ist.

Man fässt doch die meiste Zeit die Rolle an, wo das Zinn draufgewickelt ist.

Hm... ich nicht. Ich reiß mir immer ca 10-20cm Lötzinn runter und halt das dann in der Hand. Ist irgendwie einfacher, wenn man nur so wenig Gewicht halten muss.

Kloroformdämpfe

Chloroform im Flussmittel? Davon hab ich noch nie gehört. Woher hast du denn die Info? Oder meinst du Kolophonium?

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Franky12345678  13.06.2024, 21:05
@ddddddds
Hm... ich nicht. Ich reiß mir immer ca 10-20cm Lötzinn runter und halt das dann in der Hand. Ist irgendwie einfacher, wenn man nur so wenig Gewicht halten muss.

Kommt auf die Rollengröße an :P

Chloroform im Flussmittel? Davon hab ich noch nie gehört. Woher hast du denn die Info? Oder meinst du Kolophonium?

Meinetwegen auch das. Irgendwelche fiesen Schädikalien sind da drin, die nicht so gesund einzuatmen sind.

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Ich würde dir jetzt mal empfehlen dir keine großen Sorgen zu machen.

Dieses Thema ist ein sehr heikles, wo sich sehr oft sogar Fachkräfte gegenseitig zerfleischen.

Ich selbst lebe und arbeite nicht mehr in der EU, daher habe ich es mit der Zeit gelernt, solche Theman "von Außen" zu betrachten und zu beurteilen.

Ich würde dieses Thema in zwei Aspekte teilen:
- Anwendung des gesunden Menschenverstandes
- Der Amtsschimmel wiehert

Ich schätze mal, du hast ein Lot wie etwa dem Sn60Pb38Al2 in die Finger bekommen.
Diese Art des Lotes wird seit Generationen verwendet, ich habe auch seit Beginn meiner Ausbildung, im Studium, Praktikum gearbeitet und verwende es noch bis heute. In Tokyo bekommst du das in jedem Elektroladen.

Der gesunde Menschenverstand sieht folgendermaßen aus:
Ja, die Gefahren von Pb sind nicht zu unterschätzen, es reichert sich in der Nahrungskette an und wird zumeinst durch Einatmen oder oral aufgenommen.

Das heißt jetzt konkret:
Bei der Arbeit nicht Essen und Trinken. War von Anfang an die Regel bei mir. Also keine Snacks mit den Fingern in den Mund stopfen während man mit dem Lot hantiert. Nach der Arbeit immer die Hände waschen. Ganz gang und gebe. Des Weiteren für eine Absaugung der Lötdämpfe sorgen und nicht direkt einatmen.

Vermutlich hatte dein Lehrer keine bösen Absichten - im Gegenteil: Er wollte euch die Ausbildung leichter machen. Bleifreies Lot lässt sich wesentlich schlechter verarbeiten und erfordert höhere Temperaturen. Du wirst es mit Sicherheit noch kennenlernen, denn es gibt auch Prozesse wo das SnPb Lot halt nicht mehr verwendet wird.

Und jetzt kommt halt die Story, wo der Amtsschimmel der EU wiehert:
Ich vermute mal du stützt dich auf die RoHs Richtlinie. Es ist eine "Richtlinie" - Kein Gesetz und kein Verbot. Das bleihaltige Lot ist weiterhin im Fachhandel erhältlich, im Einzelhandel für den Endkunden in Deutschland zumindest nicht mehr.

Um hier ins Detail gehen, müsstest du dir den ganzen Wälzer von der EU mal durchlesen, plane dir da gaaaanz viel Zeit ein. In Sachen Lote kann ich mich erinnern, daß es hier eine Empfehlung zur kompletten Vermeidung von Loten von über 85% Volumenanteil von Pb bei Neuentwicklungen und Serienproduktion gibt, was aber bei dem Sn60Pb40 und vergleichbare Legierungen nicht der Fall ist, und dann gibt es Ausnahmen und die Ausnahmen von der Ausnahme...

Um zum eigentlichen Thema zurückzukommen: Sprich es mal in deiner Schule ganz einfach ohne irgendwelche Anschuldigungen an. Du hast gesehen, daß das Lot Pb-haltig ist und machst dir Sorgen. Was ist zu beachten? Wie soll man sich bei der Verarbeitung verhalten? Kann auch Pb-freies Lot verwendet werden und ob mit beiden Arten geübt werden kann um ein Gefühl dafür zu bekommen. Die Lehrer sollten entsprechend ausgebildet sein um darauf fachgerecht antworten zu können.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Mein Vater und meine Mutter haben von ihrer Ausbildung bis zur Rente fast täglich mit bleihaltigem Lötzinn gearbeitet.

In den Räumen gab es keinerlei Lötdampfabsaugung und keine Belüftung.

Ich würde sagen, dass du dir da keine großen Sorgen machen musst. Aber du kannst es trotzdem ansprechen, dass der Hinweis mit dem Händewaschen zukünftig zum Anfang vom Berufskolleg erfolgt.

Für einen niedrigen Schmelzpunkt muss dem Zinn eine bestimmte Menge an Blei zugesetzt werden. Gerade in der Informationstechnik werden viele Halbleiter verwendet, die keine hohen Löttemperaturen vertragen.

Du musst also abwägen zwischen kaputten Halbleitern oder einem geringen Risiko einer allmählichen Akkumulation von Blei im Körper, die vielleicht nach 30 oder 40 Jahren schädlich werden kann, wenn Du die Dämpfe beim Löten einatmest.

Mache es Dir zur Gewohnheit, die Lötdämpfe von Dir weg zu blasen und wasche Dir nach de Arbeit die Hände, dann bist Du auf der sicheren Seite.


kmkcl  13.06.2024, 01:12

In der Industrie wird schon seit Jahren kein bleihaltiges Lot mehr verwendet. Mag sein, dass bleihaltiges Lot einfacher zu handhaben ist, aber andere kriegen es auch ohne hin.

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Grundsätzlich darf bleihaltiges Lötzinn im gewerblichen und schulischen Bereich nur noch unter erhöhten Schutzmaßnahmen verwendet werden. Dazu gehört z.B. eine geeignete Absauganlage und natürlich die vorherige Sicherheitsbelehrung.

Ohne Absaugvorrichtung und im Beisein anderer Personen dürfte m.E. der Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung bereits erfüllt sein. (Ich bin aber kein Jurist!)