Bis zu welcher Konzentration einer Säure lässt sich die Formel zur Berechnung des pH-Wertes anwenden?
Zur Berechnung des pH-Wertes gibt es für schwache Säuren die Formel pH = ½ (pKS – lg[schwache Säure]) und für starke Säuren die Formel pH = −lg([starke Säure]
Diese Formeln gelten jedoch wie ich las nur für "stark verdünnte" Lösungen. Doch wie stark verdünnt ist stark verdünnt? Der niedrigste pH ist ja 0, somit wäre das eine Wasserlösung mit 10^0=1 mol/L Hydronium-Ionen. Diese würde bei einer 1 molaren HCl-Lösung resultieren. Heißt das, die Formeln zur Berechnung des pH-Wertes lassen sich bis zu einer maximalen Konzentration der Säuren von 1 mol/L verwenden?
Wie rechnet man dann den pH-Wert einer stärker konzentrierten Säure aus?
2 Antworten
Man sagt so allgemein, daß 1 mol/l die Grenze ist. Allerdings ist das keine scharfe Grenze, sondern eher ein praktische. Immerhin wäre es ja sehr eigenartig, wenn die Natur eine Schwelle eingerichtet hätte, die zufälligerweise mit unserer Konzentrationseinheit zusammenfällt.
Du darfst auch nicht vergessen, daß alle Ionen in einer Lösung zur Nichtidealität beitragen. Es gibt Modelle (Debeye–Hückel), die es ermöglichen, Aktivitätskoeffizienten (die Umrechnungsfaktoren zwischen Konzentration und Aktivität) für die Ionen abzuschätzen, wenn man die Ionenstärke (=Summe aller Ionenkonzentrationen gewichtet mit dem Quadrat der Ladung) der Lösung kennt. Eine Lösung von 0.1 mol/l Na₃PO₄ plus 0.1 mol/l NaOH hätte einen berechneten pH=13.06 aber Ionenstärke 1.34 mol/l, also jenseits der magischen 1 mol/l, und damit kommen sofort Zweifel am pH auf.
Aber letztlich ist mit den Aktivitätskoeffizienten auch kein großes Geld zu machen, denn auch diese Näherung bricht irgendwann einmal zusammen — in einer 35% HCl hat jedes Ion nur 1.9 Wassermoleküle zur Solvatisierung, und da helfen phänomenologische Theorien nicht mehr weiter. Da muß man dann direkt auf thermodynamische Funktionen zurückgreifen (ΔG, ΔS, ΔH, chemisches Potential) zurückgreifen und die Lösung mit mikroskopischen Potentialen zwischen allen Teilchen aufwendig simulieren. Und dann bekommt man zwar ein Aciditätsmaß heraus, das zwar sagt wie sauer die Lösung ist, sich aber nicht eindeutig zu einem konventionellen pH umrechnen läßt
Wenn man es genau machen will, muss man mit den Aktivitäten rechnen, umso mehr, je konzentrierter die Brühe wird. Ich habe da jetzt auch keine Patentlösung mit einer Konzentrationsgrenze. Einmolare Lösungen von anorganischen Säuren sind noch einigermaßen verdünnt mit meist Massenanteilen unter 0,1. Aber wenn es um 80 %-ige Schwefelsäure oder Eisessig geht, versagen die Näherungen natürlich komplett. Erfahrungsgemäß würde ich bei Konzentrationen unter 1 mol/L die Näherungsrechnungen für die pH-Werte für hinreichend genau annehmen. Aber das ist nur ein Gefühl.