Ab wann darf man sich als Philosoph bezeichnen?

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Ein Philosoph bist du, wenn du ein neuartiges philosophisches System entwickelst, das als wahrhaftig von anderen bedeutenden Leuten (nicht unbedingt von Philosophielehrern) anerkannt wird und die Zeiten überdauert. Es ist wie bei der literarischen Kunst: nicht jeder erfolgreiche Schreiber von Romanen ist auf Dauer ein anerkannter Dichter. Schopenhauer z.B., einer der berühmtesten Philosophen, hat sein geniales Werk „Die Welt als Wille und Vorstellung“ ca. 1820 verfasst. Jahrzehntelang wurde er von den Universitätslehrern ignoriert (er war allerdings selbst Philosophielehrer, wurde frühzeitig Privatdozent ohne Einkünfte in Frankfurt, konnte aber sehr bequem vom väterlichen und seines Onkels Erbe leben), auch in anderen kulturellen Kreisen war er gänzlich unbekannt. Erst ab ca. 1840 wurde man im Ausland (Norwegen) allmählich auf Schopenhauer aufmerksam, ab ca. 1850 wurde er auch in Deutschland berühmt. Das Neuartige an Schopenhauers Philosophie ist sein konsequent „durchgezogener“ Pessimismus, was es in der Philosophiegeschichte noch nie gegeben hat. Auch seine Lehre, dass allein der Wille in der Welt herrscht, der von Grund auf böse sei und nur zum Leiden führe, war eine äußerst ungewöhnliche Annahme; erst recht, dass eine Erlösung vom Leiden nur durch Verneinung des Willens (also durch eine Selbsterlösung) möglich sei.

Ähnlich ist es bei Nietzsche. Der ist erst nach seinem Tod berühmt geworden. Seine „monistische“ Konzeption des Willens zur Macht (eine Umdeutung des schopenhauerischen Willens ins Positive) ist eine revolutionäre philosophische Konzeption.

Berühmte Philosophen sind, außer den genannten: u.a. Heraklit, Platon, Aristoteles, Epikur, Leibniz, Kant, Hegel, Marx, Descartes, Heidegger, Sartre

Woher ich das weiß:Recherche

Aladin86 
Beitragsersteller
 20.07.2022, 18:07

Schopenhauer ist einer meiner Lieblingsphilosophen! Der hat mal gesagt, ganz egal wie schlimm und leidvoll das Leben auch ist, es ist bei weiten nicht so schlimm und leidvoll, wie es die Menschheit verdient hätte 😂 Das ist mal ne Andage du 😂

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Haldor  20.07.2022, 18:54
@Aladin86

Genau, deshalb auch seine Ausführungen über das Weltgericht: "Will man wissen, was die Menschen, moralisch betrachtet, im ganzen und allgemeinen wert sind, so betrachte man ihr Schicksal, im ganzen und allgemeinen. Dieses ist Mangel, Elend, Jammer, Qual und Tod. Die ewige Gerechtigkeit waltet: wären sie nicht, im ganzen genommen, nichtswürdig, so würde ihr Schicksal, im ganzen genommen, nicht so traurig sein. In diesem Sinne können wir sagen: die Welt selbst ist das Weltgericht..." ("Welt als Wille und Vorstellung", Bd. 4: Ethik 1)

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Aladin86 
Beitragsersteller
 20.07.2022, 18:58
@Haldor

Ich hab mir beide Bände von Die Welt als Wille und Vorstellung gekauft aber nach einigen Seiten musste ich aufgeben, da Schopenhauer fast so kompliziert wie Kant geschrieben hat! Seither begnüge ich mich mit seinen Zitaten 🙃

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Auch auf die flexible Verwendung der Mittel der Weisheit kommt es an. Wissbegierde ist ein Muss. Dazu überprüfbare Vorausnahmen, Logik und Nachdenklichkeit, Scharf- oder Tiefensinn, der Vergleich oder Abgleich, die Unterscheidung ob Objektivität oder Subjektivität je nach Sachverhalt, das Experiment, die strikte Anwendung von Prinzipien, die Spur des Geldes und so weiter. Die richtige Wahl dieser Mittel ist erforderlich. Die Vollständigkeit der Imperative und eine Verwendung einfacher Ausdrücke wäre auch noch wichtig. Mitunter auch finanzielle Unabhängigkeit.

Keineswegs. Ein Philosoph bist du, wenn du danach strebst, die Welt um dich herum, die Welt in deinem Inneren, den Kontext und die Interaktionen zwischen allem was dich umgibt zu begreifen. Wenn du nach Antworten suchst und dich nicht davon entmutigen lässt, dass sich dabei immer neue Fragen aufwerfen.

Ein Philosophiestudium kann dabei hilfreich sein - ist aber auf keinen Fall zwingend notwendig. Es sei denn, du möchtest in die Forschung auf diesem Gebiet oder selbst Philosophie unterrichten, dann natürlich schon :)

Auch wenn es im Endeffekt gar nicht relevant ist, ob man sich, oder ob jemand anderes einen als Philosoph bezeichnet - ist ja letzendlich nur ein Wort, das an der Geisteshaltung nichts ändert. So scheint es mir jedenfalls, aber mag sein das ich mich Irre :)


Aladin86 
Beitragsersteller
 20.07.2022, 02:14

Nein du irrst dich nicht! Auch deine Worte sind weise gewählt 👍

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In der Antike gab es kein Studium der Philosophie im eigentlichen Sinne, dennoch gab es damals genug Philosophen. Ich würde sagen, ein Philosoph ist man dann, wenn man sich intensiv mit der Philosophie auseinandersetzt und beschäftigt, und das über einen längeren Zeitraum. Jemand, der beruflich kein Philosoph ist und eine andere Arbeit verrichtet, allerdings in seiner Freizeit gerne philosophiert, ist ein Hobbyphilosoph. Jemand, der sich aber intensiv, also so, wie wenn es seine Arbeit wäre, über Jahre hinweg mit der Philosophie beschäftigt, den könnte man als, zumindest eine Art „Philosophen“ bezeichnen. Die Qualifikation auf dem Bereich der Philsophie spielt allerdings auch eine Rolle. Jemand, der sich zwar für die Philosophie begeistert, viele ihrer Inhalte aber nicht versteht, kann kein Philosoph sein. Genauso wie ein Arzt kein solcher sein kann, wenn er sich zwar für Medizin interessiert, viele Inhalte dieser wissenschaftlichen Disziplin allerdings nicht zu begreifen vermag.

Richtige Philosophen werden erst lange nach ihrem Tod als solche erkannt.