Moin,
da ich mir nicht ganz sicher bin, ob du mit "Chip"/"Elektronik" letztlich Robotik als spezifisches Funktionssystem meinst möchte ich dir mit einer Antwort auf 2 Ebenen ggf. weiterhelfen:
- Mensch als humanistisch-ethischer Begriff und Anspruch in der Selbstdefinition
- Mensch als systemtheoretischer Kategoriebegriff
Dabei hängen beide Analyseebenen jedoch eng miteinander zusammen, da sich aus 2. auch Bedarf und Art der ethischen Anforderungen an unser Selbstverständnis ergeben. Denn Freiheit hat immer auch die Selbstverantwortung als die andere Seite derselben Medaille. OK.:
- Hierzu könnte man kurzerhand sagen, dass auch das Unmenschliche Teil des Menschseins ist. Da wird schnell deutlich, dass es bei dem Versuch den Begriff "Mensch" zu definieren und dabei von "Nicht-Mensch" abzugrenzen wohl um mehr geht, als nur die einfache und ausschließliche Zuordnung zu einer ethisch-moralischen Kategorie des "Guten". Der "gute" Mensch" wäre also nur als Möglichkeit des Menschseins als eine Teilmenge der Klasse "Mensch" einzustufen, nicht als Gesamtdefinition (-menge).
- Wenn du also letztlich die Frage der Nachbildung menschlichen Verhaltens durch robotisch-kybernetische Systeme meinst, reden wir über algoritmisch gesteuerte, im Rahmen einer Ist/Soll programmierten Selbstreferenz (Selbstbezüglichkeit) agierenden Systemstruktur. Das läuft schlussendlich auf die Frage nach dem Unterschied zwischen Leben und Maschine hinaus und die Folgefrage, ob Leben 1:1 auf künstliche Weise (KI) nicht nur (phänotypisch) dargestellt, sondern in seiner spezifischen Selbstorganisationssystematik durch KI-Konzepte erschaffen werden kann.
Meine Antwort wäre: Nein.
Das liegt nicht an der Frage, aus welchem Material >Leben< bestehen könnte, sondern an seiner systemischen Eigenart.
Warum also: Nein?
Hierzu ist wichtig, sich die Unterschiede von Systemen entsprechend ihrer eigenschaftsbezogenen Kategorisierungen in der Systemtheorie als wissenschaftlicher Forschungsrahmen hierfür anzuschauen.
a) Automat (simple lineare Input-Output - Verarbeitung / z.B. Getränkeautomat)
b) Regelkreisgesteuert regulierte Feedbacksysteme ( durch einen separaten "Operator" / z.B. Fliehkraftregler bei Dampfmaschine / Thermostat bei Heizungssystem / Bi-Metal bei Bügeleisen / Sensorik Waschmaschine u.s.w.)
c) Selbstbeobachtend gesteuerte, Feedbacksysteme (Kybernetik, Robotik, KI / z.B. Computer, Industrieroboter, ChatGPT, Autonome Fahrzeuge u.s.w.)
Aus diesem Ordnungsbereich von Systemen fallen d) offene Systeme als, sich selbst erschaffende Systeme (Stichwort >Autopoiesis<) heraus.
Warum?
Im Gegensatz zu c) bei denen Selbstbeobachtung im Rahmen ihrer System-Umwelt-Kommunikation Teil einer programmierten Zielentwicklung, also Mittel zum Zweck im Rahmen eines extern implantierten Auftrages ist, gilt für >Offene Systeme<, dass ihnen Selbstwahrnehmung und in der Folge Selbstentwicklung immanente Ursache ihrer System-Umwelt - Kommunikations-/Interaktionsdynamik ist.
Sie treten mit ihrer Umwelt also nicht primär in eine informationelle Wechselwirkung zum Ist/Soll-Abgleich einer programmierten Zielstellung, sondern, um Impulse zu erzeugen, bei deren Verarbeitung zu Informationen nicht nur Selbstorganisation, sondern auch Selbstwahrnehmung als permanentes Ziel der Aktivität zur Selbstorganisation entstehen. Offene Systeme sind Leben, weil sie er-leben und diese Informationen primär zu Selbstwahrnehmungserlebnissen verarbeiten woraus sich dann sekundär auch Notwendigkeiten ergeben, Formate und Routinen für die Selbstorganisation zu entwickeln.
Man könnte auch sagen KI-Systeme werden programmiert im Rahmen aufgabenbezogener Zielentwicklungsprozesse - Offene Systeme formatieren sich selbst im Rahmen eines offenen Prozesses der Selbstentwicklung. Sie produzieren sich ihre Ziele im Laufe ihrer Selbstentwicklung selber. Ihre System-Umwelt - Interaktion schafft zufallsbehaftete Freiräume als Informationsverarbeitungs-/Erlebnismöglichkeiten, um über den Prozess der Informationsintegration Selbstwahrnehmung als Selbstformatierung zu generieren.
OK. Ich könnte jetzt noch vieles mehr dazu sagen / schreiben. Aber ich denke, meine Antwort ist schon jetzt lang genug.
Aber es gibt ja Internet und unter dem Stichwort >Systemtheorie< u.ä. wirst du sicher weitere interessante vertiefende Anregungen zu dem Thema finden.
In Buchform würde ich dir als Einstieg u.a. "Wie wir uns selbst erfinden" - Heinz von Förster (seinerzeit der "Wissenschaftspapst" am M I T, USA für Kybernetik) oder "Der Baum der Erkenntnis" - Autopoietische Systeme (Maturana / Varela, Biologen) empfehlen. Aber es gibt da noch viele viele andere wissenschaftliche Kapazitäten im Bereich >Systemtheorie< in ganz unterschiedlichen Anwendungsgebieten.
Gruß