Wieso reagiert Na2HPO4 in wässrigen Lösungen alkalisch?

4 Antworten

Wenn Du reine Papier&Bleistift-Chemie betreibst, siehst Du sofort, daß das Hydrogen­phosphat zwei Möglichkeiten zur Reaktion hat. So ein „Zwitter­verhalten“ nennt man amphoter. Es kann entweder ein Proton klauen oder eines abgeben.

HPO₄²�?� + H₂O ⟶ H₃O�?� + PO₄³�?�

HPO₄²�?� + H₂O ⟶ OH�?� + H₂PO₄�?�

Das erste ist die dritte Dissoziationsstufe der Phosphorsäure, das zweite ist die Umkehrung der zweiten.

Um herauszufinden, welche dieser beiden Möglichkeiten das reale Geschehen dominiert, mußt Du Dir die Säure­konstanten besorgen. pK₂=7.2 und pK₃=12.4. Beide deuten also auf den alkalischen Bereich.

Um genau auszurechen, welchen pH-Wert eine Na₂HPO₄-Lösung hat, muß man das Massen­wirkungs­gesetz verstanden haben. Als Faustregel gilt, daß eine Lösung eines solchen amphoteren Salzes einen pH ziemlich genau zwischen den beiden pK-Werten hat, in unserem Fall etwa 9.8.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik

Zoelomat  09.08.2014, 22:25

Ich würde das Wort amphoter bevorzugen.

„Zwitter­verhalten“ erinnern zu sehr an Zwitterionen, deren bekanntestes Beispiel die Aminosäüren sind.

indiachinacook  09.08.2014, 22:32
@Zoelomat

Ich glaube mittlerweile, amphoter war ein Brainbug meinerseits. Heißt das nicht ampholytisch?

„Zwitter“ ist natürlich technisch falsch, das war nur metaphorisch gemeint, im Sinn von „sowohl als auch“. Zwitter­ionen von Amino­säuren würden sich aber in Bezug auf pH-Wert genauso wie Hydrogen­phosphat bzw. Dihydrogen­phosphat verhalten, oder habe ich einen neuen Brainbug?

Zoelomat  09.08.2014, 23:11
@indiachinacook

Bei amphoter hab ich ganz auf dich vertraut, ampholytisch kommt mir auch bekannt vor, ist aber alles so lange her.

Eine Aminosäure verhält sich grundsätzlich erst mal wie Essigsäure und Ammoniak, wird also zum Zwitterion, entsprechend Acetat und Ammonium. Und sie reagieren entspechend den pKs/pKw-Werten.

Im zweiten Ansatz sind natürlich I-Effekte zu berücksichtigen, zwischen Carboxyl- und Aminogruppe, und natürlich auch von der Seitenkette. Aber das führt deutlich zu weit.

Und während ich dies schrieb, dämmerte mir irgendwas:

Amphoter ist glaub ich Aluminiumoxid (u.v.a.), weil es zu Al- und Aluminat-Ionen reagieren kann. Also sauer und basische sein kann.

So gesehen ist wohl ampholytisch richtig.

Lenny20z 
Beitragsersteller
 09.08.2014, 21:11

Aber es bleibt trotz einem pKs Wert von 7.2 doch eine Säure. Eine Säure kann doch nicht basisch reagieren ?

indiachinacook  09.08.2014, 21:17
@Lenny20z

Naja, es kann eben beides. Und is Summe kommt eben Base raus.

Als Säure ist das Zeug mit einer Säurekonstanten von 12.4 extrem schwach. Als Base hat es eine Basenkonstante von 14–7.2=6.8. Das ist zwar auch nicht beeindruckend, aber reicht doch für ein paar Hydroxid-Ionen. Bei pH 10 hast Du ja nur 0.0001 mol/l Hydroxid in der Suppe, das ist in absoluten Zahlen nicht viel und dazu reicht auch eine schwache Base.

Lenny20z 
Beitragsersteller
 09.08.2014, 21:25
@indiachinacook

Das verstehe ich. 6.8 ist stärker als 12.4 = also tendez zum basischen.

Kannn man das Natrium hier einfach vernachlässigen ? Ich dachte jetzt es kann keine Protonen aufnehmen, weil Natrium bereits gebunden hat.

Danke sehr !

indiachinacook  09.08.2014, 21:31
@Lenny20z

Das Natrium ist längst wegdissoziiert und spielt keine Rolle. K₂HPO₄ hat genau den gleichen pH-Wert (plusminus kleine Modifikationen durch komische Effekte, die man bei den Berechnungen immer ignoriert).

Kleine Übung zum Verständnis: Welchen pH-Wert hat eine Lösung von NaH₂PO₄?

Lenny20z 
Beitragsersteller
 09.08.2014, 21:35
@indiachinacook

Gute Frage :D

Als Säure müsste man dann die verschiedenen pKs Stufen addieren und mit der Formel für schwache Säuren ließe sich der PH-Wert berechnen. Aber ich brauche doch eine Konzentration hierfür ?

indiachinacook  09.08.2014, 21:41
@Lenny20z

Geh gleich vor wie ich in meiner Antwort. Ich habe auch keine Konzentration verwendet, weil die pH-Werte solcher Salze kaum von der Konzentration abhängen und die korrekte Berechnung die Lösung eines nichtlinearen 6×6-Gleichungssystems erfordert. Das will keiner lösen, also nimmt man eine Faustregel, die weitaus öfter stimmt als sie versagt.

Lenny20z 
Beitragsersteller
 09.08.2014, 21:46
@indiachinacook

Also pH = 0,5 ( pKs 1 + pKs 2 ) - log(cSäure) . Ist ja die eigentliche Formel. Lasse ich die Konzentration weg, ergibt dies: 0,5* (7,2 + 12,4) = 9,8 = ungefähr pH=10.

Ist das so richtig ?

indiachinacook  09.08.2014, 21:57
@Lenny20z

Oje. NaH₂PO₄ wird doch bestimmt weniger basisch sein als Na₂HPO₄, oder? Du hast ja nochmals dasselbe ausgerechnet, was ich Dir schon oben vorgeführt habe. Sag mir mal die Werte von pK₁ und pK₂.

Lenny20z 
Beitragsersteller
 09.08.2014, 22:02
@indiachinacook

Sorry. Ich verstehe es nicht. NaH2PO4, da ist der pKs1 Wert 7,2. und in der 2.Stufe 12,4 ( HPO-) .

Lenny20z 
Beitragsersteller
 09.08.2014, 22:06
@Lenny20z

Reagiert Na2H2PO4 nicht auch basisch, weil das Kation von einer starken Base kommt und das Hydrogenphosphat eine schwache Säure ist.

Also ein basisches Salz reagiert somit basisch ?

indiachinacook  09.08.2014, 22:10
@Lenny20z

H₂PO₄⁻ + H₂O ⟶ H₃O⁺ + HPO₄²⁻

H₂PO₄⁻ + H₂O ⟶ OH⁻ + H₃PO₄

Die erste Reaktion ist die zweite Dissoziationsstufe von Phosphor­säure, pK₂=7.2. Die zweite Reaktion ist aber die Umkehrung der ersten Dis­soziations­stufe, also pK₁=2.1. Daraus kriegst Du einen pH-Wert von 4.7. Leuchtet ja ein, daß dieses Salz eher im Sauren liegt.

indiachinacook  09.08.2014, 22:17
@Lenny20z

NaH₂PO₄ hat mehr Wasserstoff als Na₂HPO₄. Daher wird ersteres wohl saurer sein als zweiteres. Wieviel, hängt von den Säurekonstanten ab.Wenn man die nicht weiß, kann man keine Zahlen voraussagen; hypothetisch könnten beide sauer oder beide basisch sein, aber auf jeden Fall pH(NaH₂PO₄) < pH(Na₂HPO₄).

Lenny20z 
Beitragsersteller
 09.08.2014, 22:23
@indiachinacook

Danke! Sternchen gibts morgen :)

Ich blicke so halb durch. Also die Faustregel bei mehrprotonigen Säuren oder Basen war nun, dass der PH-Wert so ziemlich genau in der Mitte der PKs Wertstufen lag, oder ?

indiachinacook  09.08.2014, 22:45
@Lenny20z

Ja genau. Wenn Du ein Salz aus einer teilweise neutralisierten Säure hast, dann ist das die Methode, den pH-Wert des reinen Salzes auszurechnen (für Puffer gibt es natürlich eine andere Gleichung, aber das ist auch etwas anderes, weil Du da ja zwei verschiedene Salze auflösen mußt).

Die Formel kann man etwas aufbrezeln, indem man die Hydroniumionen­konzentration aus der Salzkonzentration c als c(H₃O⁺)=K₁·K₂·c/(K₁+c) ausrechenet. Gibt aber fast immer dasselbe Resultat.

Die Formel darfst Du aber nur verwenden, wenn beide betrachteten Dissoziations­stufen weder extrem stark noch extrem schwach sind. Bei NaHSO₄ geht es also nicht, weil die erste Stufe der H₂SO₄ extrem stark ist. Da tust Du also so, als ob Du eine einfache Säure hättest und nimmst nur das Gleichgewicht zwischen HSO₄⁻ und SO₄²⁻ (also den pK₂-Wert).

Und jetzt werde ich mich schlafen legen, es ist nämlich bereits halb drei Uhr morgens (Nepāl) und ich habe morgen (äh, heute) was vor.

Um das letzte Proton wegzubekommen, ist schon eine erhebliche OH-Ionen-Konzentration erforderlich, dieses Proton spielt in wässriger Lösung also keine Rolle; auch ohne auf die komplexen pKs-Betrachtungen meiner geschätzten Vorredner einzugehen, was bei den Salzen mehrprotoniger Säuren mit unterschiedlichen Ks-Werte ohnehin problematisch ist, lässt sich qualitativ sagen:

Das letzte Proton am Anion sitzt ziemlich fest. Die dissoziierten Na(+)-Ionen mit den OH(-)-Ionen des Wassers kommen stärker zum Tragen als die Hydrogen- und Dihydrogenphosphat-Ionen mit den Hydronium-Ionen des Wassers, denn NaOH ist eine starke Base, die o-Phosphorsäure hingegen nur eine mittelstarke Säure. Also überwiegt bei der schwachen Hydrolyse die Base. Daher die schwach alkalische Reaktion der Salzlösung.

Weil das Hydrogenphosphat in wässr. Lösung leichter ein Proton aufnimmt (zum Dihydrogenphosphat) als eines abgibt (zum Phosphat).

Es reagiert zu NA2po4- und H3O+


Barnold  09.08.2014, 22:52

Bleib du mal lieber bei deinen Pferden.;)

Lenny20z 
Beitragsersteller
 09.08.2014, 20:51

Aber wenn NatriumhydrogenPhosphat ein Proton abgibt, wieso reagiert es dann basisch ?

Immenhof  09.08.2014, 21:30
@indiachinacook

Und du hast keine Ahnung von PKs und PKB werten ,.. wie du siehst habe ich genau das Gleiche aufgeschrieben, aber nur die erste Stufe ...

indiachinacook  09.08.2014, 22:03
@Immenhof

Tja, wenn Du nur eines der beiden relevanten Gleichgewichte auf­schreibst, dann darfst Du Dich nicht wundern, wenn Du im Orkus landest.

Wenn die Frage lautet Warum ist das Zeug basisch, dann kann die Antwort ja nicht in einer Reaktion liegen, die Hydronium liefert. Genausowenig, wie die Frage Warum ist es da so heiß mit der Antwort Weil kalte Luft hereinkommt erledigt werden kann. Zumindest nicht vollständig.

Zoelomat  09.08.2014, 22:22
@Immenhof

Persönliche Argumentationsweisen sind häufig der Anfang von Streit"gesprächen" - sofern das "Argument" zumindest ansatzweise ernst zu nehmen ist.