Wieso berufen sich Türken auf das osmanische Reich?
Ich bin Türke und habe es nie verstanden. Wie kann ein Türke aus beispielsweise Zentralanatolien sich aufs osmanische Reich berufen, wenn alle starken Kämpfer und wichtigen Persönlichkeiten aus dem Balkan stammten? Sogar die Sultane waren alle griechischer oder allgemein europäischer Abstammung. Die Türken in Anatolien während des osmanischen Reichs hatten doch gar keine wichtige Aufgabe oder haben doch nichts zur Ausweitung und Entwicklung beigetragen, trotzdem sind sich alle zu 100% sicher dass nur die Türken sich aufs osmanische Reich berufen zu können, obwohl das meiste den Balkanern also den Griechen, Albanern oder Bulgaren zu verdanken ist. Auch wenn man sich die Wurzeln der großen Persönlichkeiten anschaut, war niemand davon ein Türke aus Anatolien.
Ich könnte noch vieles mehr dazu schreiben und viel detaillierter aber das würde den Rahmen sprengen.
Danke für eure Antworten.
4 Antworten
Die Osmanen waren keine Ethnie sondern eine Dynastie, die - zumindest zu Beginn des Reiches - auch Türkisch war, aber im Verlauf der Zeit eben multinationaler wurde. In etwa so, wie Romanow-Dynastie in Russland, die zum Schluss - dadurch dass man sich immer wieder mit Deutschen verheiratet hatte - verdeutscht (Propagandaausdruck) war. Im Zeitalter der Nationalstaaten war ein multiethnisches Imperium aber nicht wirklich zukunftsfähig und die Dynastie rutschte mehr und mehr in die Krise aus der sie am Ende nicht mehr herauskam.
Was die Türken die sich heute auf ein osmanisches Reich beziehen im Kopf haben, hat damit wenig zu tun. Die meinen die Rückkehr zur Großmacht. Vormachtstellung in Nahost und auf dem Balkan - meistens eben nationalpopulistisch begründet.
Das Osmanische Reich war ja ewig groß. Sogar Atatürk wurde in einer heute griechischen Stadt geboren. Damals aber osmanisches Reich.
Warum sie überhaupt zum osmanischen Reich kamen und sich nicht selbst in souveränen Staaten behaupten konnten lag an der damals übermächtigen "Kriegswaffe". Kriegsreiter. Hat lange gedauert bis es dazu paroli gab, sodass die Pferde nicht mehr so nützlich waren ... bis 1914. (panzer und motorisierte militärfahrzeuge war die antwort -- da stinken pferde dagegen ab)
Türkvölker an sich kommen aus Zentralasien (Mongolei, usw.) und haben dort die Reitkunst in der Weite der Steppe perfektioniert. Da die Türkei ja schon ziemlich weit abseits von Zentralasien ist, kann man davon ausgehen, dass es anfangs nichts anderes als eine Art Kolonie der Türkvölker war. Also so wie z.B. Frankreich in Algerien.
Wenn man nichts hat,,worauf man sich " stolz berufen" könnte- irgendwas geht immer...man muss nur genug daran glauben.
Ja, ein zwingendes Bedürfnis der Menschen scheint es zu sein, dass man sich mit irgendetwas brüstet. Im Notfall ist es eine glänzende Vergangenheit, die bei näherem Hinsehen gar nicht so glänzend ist.
Da hast du Recht (bin auch Türke)
Das Osmanische Reich war eine Islamische Dynastie wo verschiedene Völker und Religionen miteinander gelebt haben.
Von einem türkischen reich kann man nicht sprechen.
Vielleicht berufen sich die meisten darauf, weil die Sultane eben von den Seldschuken abstammen und diese waren ein Turkvolk.
Oder weil die Gründung des Osmanischen Reiches in der heutigen Türkei angefangen hat und die Hauptstadt ab 1453 konstantiniyye war.
Ja es war auf jeden Fall türkisch beeinflusst und wurde von Türken gegründet, jedoch ab 1400, wo es angefangen hat sehr mächtig zu werden, kann man meiner Meinung nach nicht mehr von einem komplett türkischen Reich sprechen.