Wie würdet ihr auf die Worte reagieren (Todkrank)?

5 Antworten

Sie ist viel zu überwältigt von der Nachricht um dazu mehr als Schock zu empfinden. Daher schützt sie diese Schockbetäubung auch vor den eigenen Gefühlen. Und das Warten auf den Tod ist auch eine schwere Prüfung.

Ich durfte/ müsste schon mehrere Menschen am Lebensende begleiten. Traurig ist ja nicht nur der Sterbende sondern auch alle Verwandte und Freunde. Und deren Traurigkeit schmerzen den Sterbenden sehr. Du kannst machen was auch immer du willst, es bleibt sehr schwer für alle

Für den Betroffenen geht es dabei um das Leid beim Sterben und was danach kommt. Aber alle Anderen sehen den Verlust, das Weiterleben ohne den geliebten Menschen.

Vollkommen verständlich. Ihr altere spielt weniger einer Rolle. Sie steht unter Schock und ja, da ist es normal wenn man NICHT in Gefühle ausbricht.

Klar, wenn etwas UNWEIGERLICH zum Tode führen (wird), erlaubt man sich solche Gedanken, denn ein gegen Ankämpfen ist da nicht möglich...Du wirst verlieren.

Somit hofft man ZUMINDEST auf einen wenig schmerzvollen Tod und ein schnelles, qualfreies Ende.

Das wird jeder, der sich damit mal befasst hat oder sogar eigene Freunde o. Familienmitglieder dahinsiechen gesehen hat, verstehen.



So etwas beurteilen zu wollen finde ich unverschämt!

Niemand der nicht in dieser Situation ist kann sich auch nur Ansatzweise in diese Junge Frau hineinversetzen!

Vor allem hat niemand das Recht von sich zu behaupten, daß er es kann! Lasst der Frau ihre Würde und hört auf ihre Worte zu beurteilen!

Woher ich das weiß:Recherche

Ich hatte vor ca. 10 Jahren so etwas. Sie haben Stäbchen und Blasten im Blut. Unfertige Blutzellen. Ja - hat doch jeder. Naja - bei Ihnen sind das aber zuviele. Kurz gesagt, sie haben beinahe nichts sauerstofftransportierendes mehr. Sie haben Blutkrebs.

Im Klinikum dann die genaue Diagnose...sie haben noch 4 Wochen, wenn wir nichts machen. Und wenn Sie was machen? Naja...so ca. 20 %. 20 % daß ich sterbe? Nein - vorausgesetzt wir finden einen geeigneten Spender, haben Sie 20 % daß Sie überleben.

In so einer Situation denkt man eigentlich gar nichts mehr. Oder evtl. doch. Man denkt zuerst an die Hinterbliebenen. Gedanken schwirren durch den Kopf. Alles noch soweit regeln, daß die Hinterbliebenen keine Probleme haben.

Das nächste was mir durch den Kopf ging....na toll, du hattest doch noch soviel vor. Du wolltest mit dem Motorrad einmal in die Berge, einmal im Leben ans Meer.

Wir hatten das immer geschoben. Der letzte Urlaub war eine Woche auf einer griechischen Insel, dann Hausbau...alles ziemlich alleine gemacht, dann wurde Schwiegermama krank, Schlaganfall, bettlägrig, Schwerstpflegefall. Kurz darauf hatte Schwiegerpaps den 2. Herzinfarkt. Wasser in der Lunge, dann Lymphdrüsenkrebs.

Dann die Frau einen schweren Motorradunfall.

Irgendwas war immer. Aber man muß Dinge hinnehmen, die man nicht ändern kann. Man begibt sich also vollends in die Kunst der Ärzte. Man liegt ca. 22 h am Tag im Bett, weil die Schläuche, die in den ZVK am Hals münden nur einen Aktionsradius von 3 m um das Bett zulassen.

Man sieht den Baum vor dem Fenster, das verschlossen ist, wegen Keimen und nicht zuletzt Selbstmordgefahr. Der Baum, der im Herbst seine Blätter abwirft. Man macht sich Gedanken, ob man diesen Baum im nächsten Frühjahr nochmal erleben kann, wenn er neu austreibt.

Man liegt da - vegetiert dahin..zwischen Leben und Tod. Man ist oft weit weg in seinen Träumen - in der Karibik. Ich war noch nie da, aber habe viele Bücher gelesen. Ein Sehnsuchtsort. Man träumt von Palmen, vom blauen Meer, von Segelbooten.

Dann wird man wach und ist wieder in dieser schrecklichen Realität.

Es ist ein Auf und Ab...man bekommt Blutkonserven..dann fühlt man sich, als könne man Bäume ausreißen. Ein paar Tage später ist man sogar für das angebotene Fingeryoga zu matt.

Man sieht die Kinder mit ihren Eltern im Schnee spielen - werde ich einmal noch Schnee fühlen können? Man sieht die LKW`s am Horizont, die in ferne Länder fahren...wie gerne wäre ich da nun Beifahrer.

Man liegt einfach da und denkt nach, man wartet, man hofft. Aber man findet sich auch damit ab....es gibt Dinge die man nicht ändern kann, die man hinnehmen muß.

Aber man kann versuchen diese Dinge zu ändern. Dann kann man auch wenn es nicht klappt, wenigstens sagen - ich habs versucht.

Nun sind über 10 Jahre vergangen. Ich bin zusammen mit meiner Frau, die sich glücklicherweise von dem Unfall mit Polytrauma weitestgehend erholt hat, durch die Hölle gegangen. Sie erhielt 4 Wochen nach meiner Diagnose die Kündigung von ihrem Arbeitgeber, wo sie immer und jeden Tag da war...22 Jahre bis zu diesem Unfall.

Sie kam mitverheulten Augen ins Krankenzimmer, legte ihre behandschuhten Hände in meine und versuchte ihre Tränen zu verbergen. Doch auch unter Maske und Kittel, den sie zu meinem Schutz tragen musste, sah ich daß sie etwas bedrückte.

Sie erzählte mir dann von dem was passiert war...wie soll das nun nur weitergehen. Meine Mama ist krank, Papa auch, das Haus ist nicht bezahlt und wir wissen nicht, ob du überlebst.

Aber weisst du was? - es waren Worte von ihr, die ich nie vergessen werde.

Sie sagte dann nach einem tiefen Seufzer zu mir. Auch wenn es traurig ist, daß ich meine Arbeit verloren habe. Auch wenn wir nun kein Geld mehr haben um das Haus abzubezahlen....Hauptsache wir haben uns. Nun habe ich mehr Zeit, mich um meine Eltern und um dich zu kümmern.

Sie kam dann ab diesem Tag jeden Tag gegen Mittag in mein Zimmer. Vormittags versorgte sie den Haushalt der Eltern und fuhr dann die 40 km zu mir ins Klinikum.

Sie saß von mittags bis abends auf diesem harten Plastikstuhl. Hielt meine Hand, auch wenn ich meist nur schlief und zu schwach war die Augen zu öffnen, aber ich fühlte, sie ist da.

Abends durfte ich für den Austausch der Schläuche ein wenig auf den Flur. Sie schleppte mich über den Gang, damit die Muskeln nicht vollends verkümmerten, dann wurde ich wieder an die Tanke "angestöppselt". Sie wusch mich dann mit einem Waschlappen am ganzen Körper - während ich mich zitternd am Waschbecken festkrallte. Dann trocknete sie mich ab und cremte mich mit einer fetthaltigen Lotion ein, welche verhindern sollte, daß die Haut zu trocken wird.

Sie half mir in meinen Schlafanzug und zog mir noch selbstgestrickte Socken über meine immer kalten Füsse. Dann saßen wir und schauten zusammen fern. Beinahe wie im heimischen Wohnzimmer.

So gegen 22:30 Uhr verabschiedete sie sich dann mit einem Kuss von mir. Ich versuchte noch wach zu bleiben, bis die SMS kam, daß sie gut zuhause angekommen war.

Sie war jeden verdammten Tag an meinem Bett. Auch viele Freunde kamen...die man so eigentlich gar nicht mehr auf dem Schirm hatte. Aber es entfernten sich auch viele, weil sie scheinbar mit der Situation überfordert waren.

Es zog sich noch ein paar Jahre mit Infusionen und 2-3 mal die Woche besuchen in der Klinik. Dann war es nur noch einmal erfoderlich, dann nur noch 1-2 mal im Monat.

Heute gelte ich als geheilt - meinen Spender durfte ich nachdem klar wurde, daß ich überlebe kontaktieren. Leider scheint er kein Interesse an einem persönlichen kennenlernen zu haben. Ich habe es mehrmals versucht, wurde immer wieder vertröstet. Wobei wir wieder bei den Dingen sind, die man nicht ändern kann.

Ich habe es versucht. ;)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung