Wie war Schule zur Wendezeit?

5 Antworten

Ich war damals in der 6. Klasse.

Bis auf die Option von Russisch auf Englisch zu wechseln, änderte sich erstmal nichts.

Problematischer wurde es dann im Folgejahr als sich wegen der nun neuen Schulformen entschieden werden musste.

Der Großteil meiner ehemaligen Klasse, auch ich, ging ab der 7. auf's Gymnasium. Das Gebäude, das früher schon mal eine Schule gewesen war, wurde entsprechend hergerichtet. Die Klassenräume und Toiletten waren größtenteils fertig, die Turnhalle noch in Arbeit, weshalb wir in eine etwas weiter entfernte ausweichen mussten für die Sportstunden .In den Fluren überall Bauschutt, Farbeimer - alles in allem recht chaotisch.

Chaotisch ging's auch in Sachen Unterricht zu. Man hat gemerkt, das auch die Lehrer nicht so richtig wussten, wie sie mit den Änderungen umgehen sollten. Meine Englischlehrerin stand mit Wörterbuch vorne - war wohl eher behelfsmäßig eingesetzt worden.

Mein Geschichtslehrer kam aus dem Westen. Mit seinem Unterrichtsstil kam irgendwie keiner so richtig klar. Er hatte einen Faible für die französische Revolution, weshalb ich schändlicherweise sagen muss, das ich über Themen wie den 2. Weltkrieg so gut wie nichts gelernt habe - das wurde am Ende nur noch im Schnelldurchlauf durch genommen.

Auch in Deutsch hatte ich vieles nicht, das man wohl als Standard betrachten würde. Faust z.b. wurde in meinem Jahrgang gar nicht durch genommen.

Am chaotischsten war's in Mathe. Wir hatten im ersten Jahr 7 verschiedene Lehrer - keine Ahnung warum die ständig wechselten - das hatte wohl organisatorische Hintergründe.

Damals war mir das so stark nicht bewusst, aber im Nachhinein, waren die ersten 2-3 Jahre nach der Wende schulisch gesehen nicht nur für mich, sondern auch für den Rest meines Jahrgangs nachteilig. Die Pubertät und die generell neuen Lebensumstände (Eltern die plötzlich arbeitslos wurden - man wurde von Massen an neuen Konsumgütern erschlagen etc.), spielten dabei sicherlich auch eine Rolle.

Ich habe zumindest ca. 2-3 Jahre gebraucht um mich halbwegs zu fangen und meinen Notendurchschnitt zumindest ansatzweise wieder dem anzunähern, den ich vor der Wendezeit hatte.

Ich war in der Berufsschule. Ich lernte Wirtschaftskauffrau, da hatten wir mehrere politische Fächer, da wurde der Stoff ausgesetzt und wir diskutierten einfach über die aktuellen Entwicklungen.

Als Berufsschüler hatten wir sowieso keine 6-Tage-Woche mehr, aber bis zur 10. Klasse war das bis zum Ende der DDR.

In der Schule gab es nur geringe Umstellungen die den Schülern eher leicht fielen. Das Fach Staatsbürgerkunde wurde einfach gestrichen und Wehrkunde fiel ebenfalls weg. In Geschichte wurden ein paar Fakten gerade gerückt und weil 1+1 auch auch schon damals 2 ergeben hat, wurde in den naturwissenschaftlichen Fächern nichts geändert. Religion kam dazu und Englisch wurde intensiviert. Das wurde in der DDR doch eher stiefmütterlich behandelt. Doch das alles war für die Schüler leicht zu bewältigen. Viel schwerer waren die ständigen Veränderungen außerhalb der Schule. Einige Schüler kamen plötzlich nicht mehr, weil sie mit ihren Eltern in den Westen gegangen waren und andere sind plötzlich abgestürzt, weil die Firma in der ihre Eltern gearbeitet haben dicht gemacht wurde. Im nächsten Schuljahr gab es neue Schulbücher, aber weil es ohnehin jedes Jahr neue Schulbücher für alle gab die versetzt wurden, fiel der Unterschied gar nicht groß auf.

So besonders war das garnicht. Erinnere mich jetzt jedenfalls an nichts bestimmtes, was großartig auffällig gewesen wäre. Nur in Geschichte wurde halt aufgehört, Russland als den "großen" Bruder darzustellen.


SmallFaceDoge  22.03.2018, 11:05

Wie wurde Russland dargestellt? Könntest du das erklären, find ich nämlich interessant ^^

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Gutgut nur am sögen keiner wusste wad nu is aber sonst alles ok