Wie war das Schulsystem in der ddr?

9 Antworten

Sehr lastig auf Naturwissenschaften. Ich hätte lieber noch eine dritte Fremdsprache gelernt.

10 Jahre gemeinsames Lernen fand ich nicht so schön. Die schwachen Schüler störten oft den Unterricht.

Werken habe ich immer gehasst. Wieso gab es nicht Handarbeit für alle?

Die Produktive Arbeit, alle 2 Wochen einen Tag in einen Betrieb, war nur auf Produktion ausgelegt. Ins Büro, ins Krankenhaus oder in den Kindergarten, das war gar nicht vorgesehen.

10 Jahre ging man zur POS.

Wer in den 80ern zur Jugendweihe ging und als Junge sich zu 3 Jahren Armee verpflichtete, ging dann bei entsprechenden Noten zur EOS, wenn er wollte.

Ab Klasse 5 lernte man Russisch, ab Klasse 7 konnte man Englisch oder Französisch als Wahlfach dazu nehmen.

Bei uns in der Klasse wurde viel gestritten. fast alle bekamen hier nahe der Grenze Westpakete. Da wurde geprahlt, was das Zeug hält, die paar, die keine bekamen, wurden ganz fies gemobbt. Das gab es auch in meiner Klasse.

da hat man noch sehr stark gelernt, was irgendwo stand. auswendig, zb. die schulbücher waren allerdings sehr gut, sehr ausführlich und sehr übungsintensiv.
wenn ich meine oma dort besucht habe, habe ich zb mathebücher mitgenommen, zum üben. bei uns hat man zur gleichen zeit eher so unterrichtet, dass sich der schüler selbstständig irgend was aneignen sollte (und weil weniger zwang dahinter stand, haben wir das vermieden, wo wir nur konnten). für einen kreativen und faulen menschen war die west schule klasse, und die ost schule ein graus, für einen braven pflichterfüller war es umgekehrt.

während der ganzen ausbildung wurde allerdings in der ddr auch sehr auf staatstragende gesinnung geachtet. man wurde kontrolliert, was man von der regierung hielt, welches fernsehprogramm man gesehen hat ("wie sieht die uhr hinter dem nachrichtensprecher aus?" - wer sie rund beschrieb, verriet sich und man wusste, dass er westfernsehen und die tagesschau sah, wer sie quadratisch beschrieb, sah das ost programm...).

teil der ausbildung war marxismus-leninismus, da musste man aufsätze schreiben und die note dazu stand im zeugnis (und war sehr wichtig, wenn man erfolg im beruf haben wollte).

selbstverständlich haben auch menschen, die in der ddr zur schule gegangen sind, ihre schulzeit positiv in erinnerung. man ist jung, hat viele freunde und es geht allen ähnlich, das schweisst zusammen. deswegen reagieren viele menschen auch ärgerlich, wenn man die ddr schlecht macht.

allerdings kann sich nur jemand, der beide systeme kennt vorstellen, wo genau die probleme lagen, und warum ein freiheitlicheres land wie unseres vorzuziehen ist. die qualität von freiheit ist immer dann zu sehen, wenn jemand nicht ins schema passt. hat der dann keine chance mehr, ist es eine gesellschaft, die viele grossartige leistungen von menschen nicht zulässt - nur weil man sie sich vorher nicht vorstellen kann und deswegen nicht fördert. und das ist mist.

Da auch ich das System bis zum Abitur erleben durfte...

Was spricht für ein System wie in der damaligen DDR?

Erstmal die Einheitlichkeit des Lehrplanes. Egal wo, in jeder Klasse galt das selbe Schulbuch, der selbe Unterricht. So waren also Ergebnisse vergleichbar. Landesweit.

Und dagegen ?

Diese Vereinheitlichung hat auch Nachteile. Es wurde nicht individuell gefördert. Selbst hochbegabte hatten den selben Lehrplan. Für die war das dann keine Herausforderung. Und die weniger intellektuellen Schüler hatten Mühe mitzukommen. Für die meisten war das System aber durchaus anspruchsvoll.

Auch darf man nicht vergessen, das die DDR Schulen auch eine "politische" Aufgabe hatten. Und damit auch eine "Rotlichtbestrahlung" stattfand.( So nannten wir den Staatsbürgerkundeunterricht). Auch die Militarisierung der Schulen war in meinen Augen verheerend. Neben freiwilligen Angeboten ( GST = Gesellschaft für Sport und Technik. Eine paramilitärische Organisation) war ein Wehrlager beim Abitur auch Pflicht.

Vom Bildungsstand beim Abi, war, so glaub ich, das Abi der DDR hörer zu bewerten als die meisten der BRD. mit den entsprechenden Nachteilen..

In der DDR war der Unterricht einheitlich. Die Lehrpläne waren vorgegeben, wer umzog, hatte am neuen Wohnort die gleichen Schulbücher und den gleichen Lehrstoff. Da konnte es lediglich passieren, dass die neue Klasse schon etwas weiter war oder etwas zurücklag, aber große Unterschiede gab es da nicht. Ich habe als Jugendliche mit Erstaunen von einigen Hamburgern gehört, dass im Westen jedes Bundesland seinen eigenen Lehrplan und seine eigenen Schulbücher hatte.

In der DDR gab es keinen Religionsunterricht, dafür Staatsbürgerkunde und später auch Wehrkundeunterricht.

Unterrichtet wurde in der althergebrachten Weise: Frontalunterricht. Da war jedoch nicht alles trocken. Wir hatten einen Lehrer, den wir durch geschicktes Fragen öfters dazu bringen konnten, uns von seiner Armeezeit und seinem Privatleben zu erzählen. Ich weiß nicht, was er dann ins Klassenbuch geschrieben hat, vermutlich "Wiederholung".

Bei einem anderen, schon älteren Lehrer spielten wir im Russischunterricht "Stadt, Name, Land" und legten bei Klassenarbeiten die Schulbücher aufgeschlagen unter die Bank. Natürlich lernten wir dabei nicht viel, und bei der nächsten, recht strengen Lehrerin fiel die erste Klassenarbeit verheerend aus. Sie hat uns dann getriezt und mit uns Grammatik und Vokabeln geübt, so dass wir alle dann doch noch einen passablen Abschluss hinlegten.

Dann hatten wir auch noch praktischen Unterricht in der Produktion. So etwas gab es m. E. im Westen nicht.

Wer Abitur machen und studieren wollte, brauchte nicht nur gute Noten, sondern auch die entsprechende staatsbürgerliche Gesinnung (bzw. musste so tun als ob). Zumindest war die Mitgliedschaft in der FDJ in den meisten Fällen Voraussetzung.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Laut meinem Vater war es viel schwerer im DDR Schulsystem ein Abitur zumachen außerdem hatte man Russisch als 1.Fremdsprache und Englisch erst als 2. Und die Lehrer waren viel strenger und es war viel einhaltlicher als in Der BRD


Claud18  03.04.2022, 14:30

Das ist richtig, das Abitur galt als Privileg. Russisch war Pflicht (ab 5. Klasse), Englisch (ab Klasse 7) nur in den Klassen mit erweitertem Russischunterricht (hier gab es Russischunterricht ab der 3. Klasse). In den anderen Klassen war es freiwillig, und man konnte bei schlechten Noten davon ausgeschlossen werden. Es gab auch Schulen ohne Englischlehrer, da wurde dann als Zweitsprache Französisch angeboten.

guenterhalt  02.07.2022, 10:59
@Claud18
Das ist richtig, das Abitur galt als Privileg.

Privileg für wen? Ja, Kinder, die wie man heute sagt "bildungsfernen Schichten" kamen, hatten Vorteile. Das war eine Ausgleich, weil eben nicht nur die Schule bildet, es sind auch die Elternhäuser. Kinder wenig gebildeter Eltern (deren Bildung fiel doch u.U. noch in die Kriegszeiten) hatten kaum Unterstützung durch ihre Eltern.
Weil dadurch der Übergang zur "Erweiterten Oberschule" (das war die ab 9. Klasse für die Abiturstufe) nicht allein von Zensuren abhing, wird das heute als Unrecht angesehen.

Mir hätte dieses "Unrecht" oder Privileg auch zugestanden. Meine Eltern hatten keine Berufsausbildung (wie hätte mein Vater auch an der Ostfront einen Beruf erlernen sollen?) .
Ich wurde aber nicht ausgewählt.
Es gab aber in der DDR aber auch einen anderen Bildungsweg. Schulabschluss (10 Klassen) , Berufsabschluss (bis 3 Jahre), Fachschulstudium (3 Jahre), Hochschulfernstudium, Aspirantur (arbeiten, forschen, lehren bis man zum Doktor muss oder Doktor wird).

Ein Glück, dass ich das in der DDR machen konnte. Freiwillig, aber auch mit Unterstützung des Staates, denn alles war kostenlos. Große Sprünge konnte ich mit dem Geld nicht machen. Andere nennen da vergeudetes Leben, so unterschiedlich ist das.

amdros  02.07.2022, 13:57
@Claud18

Das, was Du schilderst, gab es aber erst in den späteren Jahren der DDR (weiß nicht ab wann?)

Auf mich traf das nicht zu, als ich in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre eingeschult wurde. Grundschule Abgang 8. Klasse und das war es!

Claud18  22.07.2022, 22:28
@guenterhalt

Gut, aber dann warst du aber sicher gut angepasst. Mir wurde der Zugang zum Abitur verwehrt wegen "mangelnder politischer Reife". Und bei der oben genannten Weiterbildung (vielleicht wäre ich auf der Fachschule genommen worden) hätte ich wieder meine poltische Überzeugung darlegen müssen. Hinzu kam, dass man als Ingenieur in den ersten Jahren eher weniger netto verdiente als ein Facharbeiter. Erst nach der Wende konnte ich dann meinen Fachschulabschluss machen - auch kostenlos mit Unterstützung vom Staat.

Claud18  22.07.2022, 22:37
@amdros

Das glaube ich gern, denn auch mein Vater ist mit der 8. Klasse abgegangen und hat dann eine kaufmännische Lehre angefangen. Als ich aus der Schule kam, wurde für die meisten Lehrberufe bereits der Abschluss der 10. Klasse vorausgesetzt, 8-Klassen-Abgänger waren die Ausnahme. Wer irgendwie konnte bzw. wollte, wurde bis zur 10. Klasse durchgezogen.

guenterhalt  22.07.2022, 22:52
@Claud18
Gut, aber dann warst du aber sicher gut angepasst.

Wenn das so war, dann war das meine freie Entscheidung, natürlich nicht unbeeinflusst von Eltern, Großeltern und ...
Es gab keine Träume vom Dasein als Millionär. Nach 1945 ging es praktisch ums Überleben.
Mir wurde der Zugang zum Abitur nicht verwehrt, ich habe mich nicht beworben. Wenn der Vater nicht mal einen Beruf lernen konnte, weil er im Kriege gebraucht wurde. Wenn die Mutter keinen Beruf erlernen konnte, weil das für Frauen nicht vorgesehen war.
Wenn ich dann trotzdem die Schule bis zur 10. Klasse machen konnte/durfte, dann war das schon ein Erfolg.

Es war ein Erfolg, nach Abschluss des Hochschulstudiums für 800 DDR-Mark der Hochschule arbeiten zu können.
Ein Bauarbeiter bekam das 3-fache.