Nachteile der DDR? Wieso sollte man als Jugendlicher in der BRD leben wollen?

3 Antworten

Ich bin in der DDR aufgewachsen und war stets sehr traurig darüber. Immer wollte ich mit denen in der BRD tauschen.

Und das sehe ich bis heute so.

Man konnte im Westen frei die BRAVO kaufen und hatte Möglichkeiten, zu den Konzerten der Stars zu gehen. Das konnte ich erst nach dem Mauerfall.

In der Schule erzählte man uns etwas von der Überlegenheit des Sozialismus´ über den Kapitalismus. Alle haben darüber gelacht, weil jeder sah, dass es genau anders herum war.

Überall stieß man auf die Mangelwirtschaft. Auf dem Land setzte man durch große Gärten und Schlachtviehhaltung auf Selbstversorgung.

BRAVOs wurden geschmuggelt. Kassetten der Stars gab es meist auch nur im Westen. Die kosteten aber Westgeld, was die wenigsten ausreichend hatten.

Wollte man in den 80ern Abitur machen oder eine gute Lehrstelle haben, musste man zwingend zur Jugendweihe gehen. Die kam für mich als Katholikin nicht infrage, aber sowohl der Schuldirektor wie auch der Direktor meines Lehrbetriebes sagten, dass ich dann meine Bürolehrstelle nicht bekomme. Jungen mussten außerdem noch eine Verpflichtung zu 3 Jahren Armee eingehen. Unser Klassenbester tat beides nicht. Der musste dann ins Handwerk, was gar nichts für ihn war.

Ohne Linientreue vernichtete die DDR Karrieren.

Die Discos, die ich nach der Wende kennenlernte, waren um ein Vielfaches besser als das, was da zu DDR-Zeiten angeboten wurde.

Ständig gab es Rotlichtbestrahlung durch Pionier- und FDJ-Nachmittage, teilweise auch die Klassenleiterstunden.

In der DDR war man einer ständigen Beeinflussung durch den Staat ausgesetzt. Man war in der Berufswahl und in der Lebensplanung eingeschränkter. Auch in die individuelle Lebensgestaltung hat sich der Staat eingemischt.

Ein paar Beispiele, wie es einem ergehen konnte, wenn man nicht angepasst war:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Matthias_Domaschk

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Namenlos_(Band)

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Jugendwerkhof


guenterhalt  03.05.2023, 22:05
Man war in der Berufswahl und in der Lebensplanung eingeschränkter.

stimmt, ich wurde zu einer Lehre zum Rundfunkmechaniker, dann zu einem Elektronik-Studium und auch noch zur Anfertigung einer Dissertation gezwungen.
Eigentlich wollte ich Hilfsarbeiter oder Millionär werden. Die SED-Diktatoren haben das verhindert.

Was haben die SED-Schergen mit dir so gemacht?

Svensson70  04.05.2023, 06:06
@guenterhalt

Kurz gesagt: Ich durfte kein Abitur machen (kein Arbeiterkind, politisch als zu unsicher eingeschätzt) und meine Wunschausbildung durfte ich auch nicht machen (angeblich keine Plätze mehr verfügbar, vermutlich aber auch o.g. Gründe).

Stattdessen musste ich einen Beruf lernen, den ich eigentlich gar nicht machen wollte. Nur damit ich überhaupt eine Berufsausbildung hatte.

Wunschberuf und weitere Entwicklung waren mir erst nach 90 möglich.

guenterhalt  06.05.2023, 09:27
@Svensson70

bei mir war das anders, ich durfte kein Abitur machen, weil, als ich in die 8. Klasse ging, meine schulischen Leistungen wohl nicht ausreichten.
Da schiebe ich im Nachhinein nicht auf meine Lehrer oder den Staat, das war einzig meine Sache. Ob es daran lag, dass mein Vater eigentlich nur Soldat für den 2.WK "gelernt" hatte und so Arbeiter war, kann ich nicht sagen. Eine Eignungsprüfung in einem Privatbetrieb, der absolut nichts mit dem Staat DDR zu tun hatte und haben wollte, habe ich bestanden. Auch eine Aufnahmeprüfung an einer Fachschule konnte ich meistern. Der Status "Arbeiterkind" wurde schon berücksichtigt. Ich bekam ein Stipendium, meine Eltern hätten das nicht stemmen können.
Wenn ich die "Herkunft" derer, die aus meiner Klasse für die erweitertet Oberschule (Abi) ausgewählt wurden, dann waren es alle die, die denen man es zutraute. (Tochter eines Arztes, Sohn des selbständigen Elektrikers, Sohn einer Sekretärin .... Im Studium war das nicht viel anders, auch der Sohn eines Pfarrers saß mit mir im Hörsaal.

Bei einer Sache hast du sicher Recht. Kinder aus (heute nennt man das bildungsfernen Elternhäusern ) wurden, weil dadurch benachteiligt, bei der Auswahl bevorzugt. Das war ein Ausgleich für die Benachteiligung.

Aliha  23.08.2023, 18:43
@guenterhalt

Schön, dass sich auch mal ein DDR-Nostalgiker zu Wort gemeldet hat.

urmselchen  25.10.2023, 09:45
@guenterhalt

heute wäre wsl.jeder gelangweilte Jugendliche froh, wenn man ihn zu irgendeiner Arbeit zwingen müsste? Damit er wenigstens weiß , was ARBEIT bedeuten kann? Man kann ja wsl.einfach so Lehre abbrechen, neu anfangen. An Zeitverschwendung dachte mein eigener Sohn aber auch nie..ich einst auch nicht, war aber auch nur mein Problem..

guenterhalt  25.10.2023, 10:36
@urmselchen

offensichtlich haben viele (nicht nur jugendliche) Freiheit falsch verstanden.
Mir hat mal einer gesagt: "Warum soll ik lernen, ik wohne doch schon in Berlin", danach hat er sein Studium abgebrochen.
Das war vor 50 Jahren. So etwas gab es auch in der DDR.
Andere waren froh, auch während des Studiums einer bestimmten Kontrolle ausgesetzt zu sein, denn der innere Schweinehund lauert überall.

Als Jugendlicher in der DDR musste man auf vieles verzichten. Es gab nicht so tolle Kleidung zu kaufen. Schallplatten oder Kassetten (CDs gab es damals noch nicht) von den Sängern oder Bands die man mochte, gab es ganz selten mal zu kaufen, weil das meistens westdeutsche Sänger oder Bands waren.

Man musste sich als Jugendlicher den ganzen politischen Quatsch in der DDR anhören, musste zu FDJ-Versammlungen gehen, bei der Demonstration am 1. Mai mitlaufen, bei so einem blöden Subbotinik (Arbeitseinsatz) mitmachen.

Man konnte mit seinen Eltern nicht nach Italien oder Frankreich in den Urlaub fahren, man durfte nur in die sozialistischen Länder reisen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Habe in der DDR gelebt, weiss eine ganze Menge darüber.

Katinkacat  08.09.2023, 20:07

Wir haben mal von Dresden aus einen Abstecher in die CSSR gemacht. Bei der Rückfahrt wollten die uns die Sitzbezüge aus dem Auto reißen. Als wir später von Potsdam aus mal nach Polen wollten, ging das gar nicht mehr.

BRAVOs bekamen wir nur geschmuggelt. Die gingen bei uns unter den Bänken weg zum Lesen. Ich habe meine nie mitgenommen, die waren mein Schatz. Die Poster hingen an der Wand im Kinderzimmer. Manche verkauften Poster für horrend viel Ostgeld. Kassetten bekamen wir hier in der Provinz gar nicht. Ostmusik hörte keiner. Zu Konzerten konnte ich dann erst in den 90ern.