Wie repräsentativ sind Umfragen mit nur 1000 befragten?
Bei Hochrechnungen zu Wahlen und anderen Themen suggerieren Pressemeldungen objektive Voraussagen, beispielweise: "die Party XYZ klettert bei Umfragen von 21% auf 26%". Im Kleingedruckten ist dann zu lesen, dass ingesamt 1005 Menschen befragt wurden, hier zum Beispiel "nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählte Wahlberechtigte ab 18 Jahren in Berlin".
26% von 1000 sind gerade mal 260 Leute. Die 12% (!) auf "Sonstige" wären immerhin noch 120 Menschen, mehr als doppelt so viel wie die 50, die dennoch als 5% FDP separat genannt werden. Ab wieviel Prozent zählt eine Partei wie die PARTEI, Volt oder die Klimaliste noch zu den "Sonstigen", ab wann wird sie eigens genannt? Oder zählt da nur das Ergebnis der vorigen Wahl? Methodisch mag das alles begründbar sein, aber mit dem gesunden Menschenverstand betrachtet, erscheint es mir wenig aussagekräftiger als Würfeln oder eine astrologische Vorhersage, wie ich hier mal provokativ in den Raum stelle.
Inwiefern kann ein Umfrageinstitut behaupten, die Stichprobe würde einigermaßen zuverlässig ein kommendes Wahlergebnis vorhersagen? Sicher schienen sich die Meinungsforschungsinstitute ja auch 2016, dass Trump niemals zum Präsident der USA gewählt wurde. Die Geschichte ging aber anders aus.
Ich hoffe auf ernsthafte Antworten von Statistikprofis, bitte gebt mir Vertrauen in Wissenschaft und Journalismus zurück!
5 Antworten
So schlecht waren die US-Institute gar nicht. Das Problem ist das Wahlsystem. Trump hat mehrere "Swing States" in knappen Rennen gewonnen und alle dortigen Wahlmännerstimmen bekommen. Ein paar Prozent Ungenauigkeit bei den vorhergesagten Stimmenanteilen hat sich daher in deutlichen Fehlern bei der Vorhersage der Wahlmännerstimmen niedergeschlagen.
Was die Repräsentativität angeht, es wird hier bereits in anderen Antworten darauf hingewiesen, dass allen Problemen zum Trotz die Umfrageinstitute unsere Wahlergebnisse recht genau vorhersagen. Die Hauptingredienzen ihrer Hexenküchen halten sie als Betriebsgeheimnis allerdings weitgehend geheim, nämlich wie die Befragungsergebnisse so gewichtet werden, dass die Resultate einigermaßen der Wählerschaft entsprechen (je nach z.B. Alter und Bildungsgrad, eventuell auch politischer Orientierung sind Leute bei Befragungen über- bzw. unterrepräsentiert; und wie Du schon bemerkst, hängt bei kleinen Parteien das Umfrageergebnis an nur wenigen Befragten). Wie gesagt, bisher klappt das augenscheinlich recht gut.
Das ist eine gute Antwort. Interessant ist vor allem auch der Aspekt des Wahlsystems.
Wenn man systematisch einen tatsächlichen Querschnitt der Bevölkerung erreicht und nicht bloss Rentner usw., kann das absolut ausreichen.
Ausserdem steht eine solche Umfrage ja nicht im luftleeren Raum. Man hat Vergleiche über die Zeit und auch solche zwischen früheren Umfragen und tatsächlichen Wahlergebnissen, beispielsweise.
Diese Umfragen sind hochgradig repräsentativ! Daher weichen sie auch kaum von tatsächlichen Wahlergebnissen ab.
Die Fehlertoleranz liegt bei ca. +/- 3 Prozent und bei kleineren Parteien bei ca. 5.
Die Umfragen sind wohl ziemlich repräsentativ, wenn ich mir die Vergleiche verschiedener Institute und Tage ansehe. Die haben sicher nicht die selben Befragten, und trotzdem sind die fast identisch.
Es geht darum dass eben nicht zufällig 1000 Menschen ausgewählt werden sondern eben repräsentativ. Soll heißen, die gewählte Stichprobe wird so ausgewählt dass die Zusammensetzung der Stichprobe nach relevanten Kriterien (z.B. Bildung, Herkunft, Einkommen, etc.) der Zusammensetzung der Gesamtbevölkerung entspricht.
So als Gedankenexperiment: Wenn es zwei Parteien gibt und alle reichen Leute Partei A wählen, und alle Armen Partei B, dann wäre das Ergebnis immer identisch, egal ob jetzt 10 Millionen oder 100 Menschen befragt werden, solange das Verhältnis von Armen zu Reichen gleich bleibt.
Wenn man einfach 1000 Menschen im Einkaufszentrum anspricht und die befragt, wäre das Ergebnis natürlich Unsinn. Wenn man hingegen eine Gruppe auswählt welche die Verhältnisse der Gesamtbevölkerun widerspiegelt dann entspricht das Ergebnis in etwa (innerhalb der statistischen Unsicherheiten) dem erwarteten Ergebnis.
Alles was unter 5% liegt spielt keine Rolle weil diese Parteien aufgrund der 5%-Hürde sowieso keine Sitze bekommen.
Es gilt übrigens nicht überall eine 5% Sperrklausel. In Berlin gibt es bei den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen eine Drei-Prozent-Hürde (und Wahlrecht schon ab 16 Jahren), auch andere Bundesländer, Europawahlen usw. können abweichen. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCnf-Prozent-H%C3%BCrde_in_Deutschland
Die Befragten sind aber nie repräsentativ. Je nach Alter, Bildungsgrad und politischer Orientierung hat man unterschiedliche Erreichbarkeit und Teilnahmebereitschaft bei den angezielten Wählern. Dass die Umfragen trotzdem einigermaßen treffsicher sind, liegt an den Gewichtungen durch die Institute bei der Auswertung.