Wie lässt sich am ehesten die Philosophie Martin Heideggers zusammenfassen?

4 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Ziel von Heideggers Philosophie ist es, das Sein und den Sinn des Seins zu beschreiben. Was das Sein ist, wird zunächst durch den Gegenbegriff des Seins, das „Man“, zu erfassen gesucht. (s. das berühmte Buch „Sein und Zeit“ von Heidegger).

Das „Man“ ist nach Heidegger die uneigentliche Daseinsweise des Menschen. Es bedeutet, dass der Mensch unfrei und uneigentlich lebt, indem er sich anpasst, all das macht, was „man“ macht: man liest, was „man“ liest, man kleidet sich, wie „man“ sich kleidet, man argumentiert, wie „man“ argumentiert – z.B. politisch u.a.m. Man ist im „Man“ sozusagen nur ein „Vorhandener“, was der Würde des Menschen nicht angemessen ist. Erst wenn man sich aus dieser „Man“-Welt gelöst hat, beginnt man als Seiender zu „existieren“ und „eigentlich“ zu leben. Man hat dann als eigentlich Existierender auch die Chance, das „Sein“ zu erkennen oder zumindest zu erahnen (was das Sein ist, konnte übrigens Heidegger selbst nicht erklären, weil es unerklärbar ist; doch davon gleich).

Als Seiender jenseits des „Man“ ist der Mensch noch nicht vom „Sein“ im Sinne Heideggers umfangen. Falsch ist es also zu sagen, das „Sein“ sei die Existenzweise jenseits des „Man“. Jenseits des „Man“ erkennt der Mensch nur, dass das „existentielle“ Dasein“ (= der Mensch) Vorlauf zum Tode ist. Wenn er diesen „Vorlauf zum Tode“ zur Grundlage seines Denkens macht, ist der Mensch in der Lage, das „Sein“ zu erahnen. Wie gesagt, man wird dann auch nicht wissen, was das „Sein“ ist, man wird nicht sagen können, das und das ist das Sein. Das „Sein“ ist enger Bestandteil alles Seienden. Aber durch das „Denken vom Tode her“ beginnt das Sein hinter dem Seienden „aufzuscheinen“, oder auch – wie Heidegger sagt: „es lichtet sich“. - Man kann hier auch mit dem Begriff des Nichts arbeiten: Zwischen dem Seienden und dem Sein liegt das Nichts, welches das Sein verbirgt. Erst durch Nichten des Nichts (indem man das Dasein „vom Tode her denkt), lichtet sich das Sein. Aber es wird dann auch nicht sichtbar, sondern nur fühlbar. Das Sein „spürt“ man lediglich, man bekommt das Empfinden, dass man in der Nähe des Seins lebt. Heidegger spricht öfter auch davon, dass der Mensch „seinsvergessen“ lebe, z.B. durch die totale Hingabe an die Technik oder einfach durch bloßes „Vorhanden-sein“ im „Man“.

Meine Erklärung ist: Mit dem Vorhaben Heideggers, den Sinn von Sein philosophisch zu erklären, hat sich der Philosoph auf einen Weg begeben, dessen Ziel das Sein ist. Aber dieses Ziel kann er nie erreichen, weil das „Sein“ etwas Irrationales, Mythisches ist, vergleichbar dem Weltgeist Hegels oder dem Urwillen Schopenhauers oder dem Nirwana der Buddhisten. M.a.W. das Entscheidende bei dieser Philosophie ist nicht das Ziel, sondern der Weg, auf dem uns Heidegger faszinierende Einsichten in das Wesen der Welt und des Menschen liefert, Einsichten allerdings in oft schwieriger, dunkel-raunender Sprache.

Als Abhilfe oder jedenfalls alternative Daseinsform kennt Heidegger nicht nur die Einsamkeit der „eigentlichen“ Existenz, indem man die unfreie „Man“- Welt entschlossen verlässt, er kennt auch das existentielle Miteinander oder Mitsein; dies bedeutet, dass sich zwei oder mehrere, die existentiell und nicht uneigentlich leben wollen, zusammentun und jenseits vom „Man“ ihr eigenes, selbstbestimmtes, eigenverantwortliches, unabhängiges Leben führen, z.B. in einem Orden oder in irgendeiner anderen Gemeinschaft, vielleicht in einer Freundschaft.

Noch eine Bemerkung zum Verlassen der „Man“-Welt: Dies geschieht durch eigene „Entschlossenheit“ (= ein Begriff der Existenzphilosophie). Aber auch durch das Schicksal verlässt man gewissermaßen automatisch die „Man“-Welt, indem man gewaltsam in die Eigentlichkeit des Daseins gestoßen wird.

Woher ich das weiß:Recherche

Jwofkengoown  14.03.2023, 11:53

Was ich komisch finde ist, das Heidegger ein Nazi war, obwohl die Man-Welt auf Konformität beruht und Nazi Deutschland eine Ideologie hat, in der man konform gehen muss mit dem Staat. Können Sie mir erklären, warum Heidegger dann Nazi war ?

Haldor  14.03.2023, 12:11
@Jwofkengoown

Wahrscheinlich sah er in der Volksgemeinschaft der Nationalsozialisten ein existenzielles "Mitsein", das den Menschen aus der "Man"-Welt heraushebt. Gegenüber Hannah Arendt hat er - soviel ich weiß - einmal geäußert, der Nationalsozialismus sei ihm nur ohne den Antisemitismus sympathisch gewesen.

Die Philosophie Martin Heideggers lässt sich nur schwer in wenigen Sätzen zusammenfassen, da sie sehr komplex und vielschichtig ist. Dennoch kann man einige zentrale Aspekte nennen:
Heidegger befasste sich mit der Frage nach dem Sein und dem Sinn des Daseins. Er kritisierte dabei die traditionelle Philosophie, die er als abstrakt und weltfremd ansah, und betonte die Bedeutung der konkreten Erfahrung und Existenz.
Heidegger entwickelte den Begriff der "Sorge" (auch "Fürsorge" oder "Sorgetätigkeit"), der das grundlegende existentielle Verhältnis des Menschen zur Welt beschreibt. Sorge bedeutet dabei, dass der Mensch sich um das kümmert, was ihm wichtig ist und was ihm am Herzen liegt.
Ein weiterer wichtiger Begriff in Heideggers Philosophie ist das "Dasein", das er als die grundlegende Existenzform des Menschen ansah. Dasein bedeutet dabei, dass der Mensch sich selbst und seine Existenz ständig in Frage stellt und nach dem Sinn seines Lebens sucht.
Heidegger war auch stark von der griechischen Philosophie und der Dichtung beeinflusst und betonte die Bedeutung von Sprache und Mythos für das Verständnis der Welt.
Ein zentraler Punkt in Heideggers Philosophie ist seine Kritik an der Technik und der modernen Wissenschaft. Er sah darin eine Gefahr für die menschliche Freiheit und Identität und forderte eine Besinnung auf die Grundlagen des menschlichen Seins.
Insgesamt lässt sich Heideggers Philosophie als eine Suche nach einer neuen Art des Denkens und der Existenz beschreiben, die sich von der abstrakten und technisierten Welt der modernen Gesellschaft abgrenzt und stattdessen die Bedeutung von Sinnhaftigkeit, Gemeinschaft und Natur betont.

So fast es ChatGPT zusammen. Ich übernehme kein Gewehr auf die Richtigkeit der Aussage.

Heidegger war ein rein erfindender Denker, keiner, der über etwas nachdachte, keiner der sich für die Menschen interessierte. Deshalb nenne ich ihn einen der ersten theoretischen Physiker, nicht einen Philosophen. Philosophie ist die Liebe zur Weisheit, die nach Kant nur durch die Vernunft erreicht werden kann, durch den Bereich des Verstandes, der mittels Gewissen über Gut und Böse Bescheid weiß.

Heidegger hatte dies Gewissen nicht. Er war nicht nur Antisemit (NSDAP-Mitglied), sondern spielte sich auch als Rechtsphilosoph für den eindeutig antirechtlichen Volksgerichtshof auf! Als man ihm deshalb nach der Adolf-Diktatur seinen Beruf nahm, brach er zusammen, aber nicht, weil er sich erkannte oder sich gar stärkstens veränderte, sondern nur weil er brotlos wurde.

Sein Hauptwerk "Sein und Zeit" änderte das physikalische Denken, förderte das depersonifizierte ontologische, vernichtete also das religiöse, deshalb ist es völlig menschenfremd und sinnlos, weil ausschließlich die Menschen alles Gute und Schlechte, alles Sinnhafte und Perverse auf der Erde erschaffen, nicht das Sein! Nur wer das zutiefst erkannt hat und damit bestens philosophiert, ist für mich ein Vorbild, ein wahrer Ethiker über die zu lösenden Paradoxien des Daseins, über dessen Denkweisen ich nachdenke: z. B. Albert Einstein, der außerordentliche Elementarteilchenphysiker und größte Philosoph des letzten Jahrhunderts.

Über Heideggers schwierige, ausschweifende Denkergebnisse kann man mannigfaltige Zusammenfassungen als Artikel im Internet oder in Büchern lesen.

Heidegger setzte dem Kauderwelsch die Krone auf. Dagegen ist Hegel noch besser zu verstehen.