Wie erklären sich Christen die Parallelen zwischen der biblischen Sintflut und dem Gilgamesch Epos?

Tiphi  23.12.2020, 14:28

Was ist gilgamensch epos?

verreisterNutzer 
Beitragsersteller
 23.12.2020, 14:29

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Gilgamesch-Epos

14 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Sehr viele Theologen, welche für die Exegese die historisch-kritische Methode auf die Bibel anwenden, vertreten die Auffassung, dass 1. Mose 1-11 unhistorisch und 1. Mose 12-50 nur begrenzt historisch sei, da sich dazu literarische Parallelen in der altorientalischen, mythologischen Literatur finden. Tatsächlich gibt es heidnische Texte, welche sich mit Themen wie Schöpfung, Sintflut, Stammbäumen von Herrscherhäusern usw. beschäftigen. Man sollte allerdings nur aus der Existenz von mythologischen Parallelen nicht darauf schließen, dass die biblischen Berichte grundsätzlich unhistorisch sind. Man kann genauso gut zum Ergebnis kommen, dass es sich bei der Urgeschichte um eine Entmythologisierung von altorientalischen, heidnischen Berichten handelt und "die authentische historische Form im Überlieferungsstrom von 1 Mo 1-11 vorliegt."

Von den vielen Sagen von einer großen Flut der Urzeit, die in vielen Völkern bekannt sind (z. B. Mesopotamien, Griechenland, China, Australien, Südsee), kommt der babylonische Bericht im Gilgamesch-Epos dem biblischen Sintflutbericht in bestimmeten Einzelheiten am nächsten. Das Schrifttum Mesopotamiens steht dem hebräischen Denken näher als beispielsweise die Literatur Ägyptens. Es ist durchaus möglich, dass der oder die Verfasser der biblischen Urgeschichte außerbiblische Darstellungen kannten, jedoch gegenüber diesen in der biblischen Sintflutgeschichte eine Abwehrstellung einnehmen, welche durch die Unterschiede beider Texte nach Art und Inhalt zum Ausdruck kommt.

"Was die biblische Urgeschichte von vergleichbaren Texten des Alten Orient trennt, ist viel eindrücklicher, umfangreicher und überzeugender als das, was sie verbindet" (so ist beispielsweise die ganze Literatur des Alten Orients vom Polytheismus bestimmt; dazu gehören auch "Theogonien" (=Geschichten über das Entstehen der Götter), von denen in der Bibel keine Spur zu finden sind).


verreisterNutzer  23.12.2020, 20:13
Sehr viele Theologen, welche für die Exegese die historisch-kritische Methode auf die Bibel anwenden

Einige Aussagen der historisch kritischen Methode (Bibelkritik) sind auch kompletter Unsinn. Z.B die Quellenunterscheidungstheorie ist völliger Blödsinn. Gibt es auch irgendwelche Parallelen zwischen dem Schöpfungsbericht und dem Enuma Elisch? Das behauptet auch die Bibelkritik.

LG

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UW1969  23.12.2020, 21:08
@verreisterNutzer

Nach der Urkundenhypothese setzt sich der Pentateuch aus vier Quellenschriften zusammen (Jahwist, Elohist, (Ur-)Deuteronmium und Priesterschrift). Diese Hypothese ist seit etwa 1970 nicht mehr Konsens in der alttestamentlichen Wissenschaft.

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verreisterNutzer  23.12.2020, 21:24
@UW1969
Diese Hypothese ist seit etwa 1970 nicht mehr Konsens in der alttestamentlichen Wissenschaft.

Echt? Das wusste ich nicht. Ich dachte, dass sie immer noch an den Universitäten beim Theologiestudium gelehrt wird. 1970 war ich noch nicht auf der Welt, daher kann ich das nicht wissen. Aber es gibt auch die Behauptung, dass die 5 Bücher Mose erst während der Babylonischen Gefangenschaft entstanden sind. Wird diese Hypothese heute noch gelehrt? Die Quellenunterscheidungstheorie ist in sich widersprüchlich und kann daher garnicht wahr sein.

LG

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UW1969  23.12.2020, 23:05
@verreisterNutzer

Im Theologiestudium muss man die (neuere) Urkundenhypothese kennen. Der Alttestamentler Erich Zenger schrieb bereits 2004 in seiner "Einleitung in das Alte Testament" (S. 92 f.):

"Auch wenn das Vierquellenmodell der sog. Neueren Urkundenhypothese in den letzten 30 Jahren, zumindest was die beiden ältesten Quellen angeht, so sehr in Frage gestellt wird, dass es in seiner klassischen Form kaum noch Anhänger hat, muss es in unserem Studienbuch aus zwei Gründen kurz präsentiert werden, und zwar aus zwei Gründen: 1. Da dieses Modell bis ca. 1970 die Forschung bestimmte, ist die meiste Fachliteratur nur verstehbar, wenn man die Grunddaten des Modells kennt. 2. Da die aktuelle Diskussion zumindest teilweise eine Auseinandersetzung mit der Neueren Urkundenhypothese ist und da die derzeitigen Pentateuchmodelle trotz aller Distanzierung nach wie vor auf vielen Beobachtungen und Erkenntnissen des Vierquellen-Modells aufbauen, können einige Grundinformationen über dieses Modell und über seine aus heutiger Sicht problematischen Voraussetzungen dazu beitragen, die aktuelle Forschungssituation besser zu begreifen."

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verreisterNutzer  23.12.2020, 23:10
@UW1969

Was ist die Vierquellentheorie? Ich habe das Wort vor einigen Tagen gehört, ist es nicht die Theorie, die behauptet, dass der Pentateuch während der Gefangenschaft entstanden ist? Das mit der neuen Quellenunterscheidungstheorie ist mir auch bekannt, aber es ist genauso blödsinnig wie die alte Quellenunterscheidungstheorie. Was spricht denn gegen die Glaubwürdigkeit der Vierquellentheorie?

LG

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UW1969  24.12.2020, 11:53
@verreisterNutzer

Nach dem "Vierquellen-Modell" der "Neueren Urkundenhypothese" setzt sich der Pentateuch aus vier Quellenschriften, die zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind, zusammen (Datierungen nach W. H. Schmidt):

  • Jahwist: etwa 950 v. Chr.
  • Elohist: um 800 v. Chr.
  • (Ur-)Deuternomium: ca. 7. Jhd. v. Chr.
  • Priesterschrift: um 550 v. Chr.

Die Priesterschrift wäre nach dieser Hypothese im Babylonischen Exil (mit nachexilischen Ergänzungen) entstanden.

Bibelkritische Theologen vertreten die Auffassung, dass die Endredaktion des Pentateuch nach dem Babylonischen Exil stattfand.

Das "Vierquellen-Modell" wird von Theologen heute nur noch selten vertreten, da die ersten beiden Quellen (Jahwist, Elohist) höchst fragwürdig geworden sind bzw. kategorisch abglehnt werden.

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verreisterNutzer  24.12.2020, 14:43
@UW1969

Die moderne Quellenunterscheidungstheorie ist auch Unsinn. Es gibt auch noch andere Theorien, z.B. die Theorie, dass die 5 Bücher Mose während der Gefangenschaft entstanden sind oder die Keniter Hypothese. Was spricht denn gegen deren Glaubwürdigkeit?

LG

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UW1969  25.12.2020, 14:46
@verreisterNutzer

In der kritischen Pentateuchforschung geht man davon aus, dass der Pentateuch zwischen dem 10. und 5. Jhd. v. Chr. entstanden ist. Die Endredaktion des Pentateuchs hätte dann nach dem Babylonischen Exil stattgefunden. Es gibt allerdings evangelikale Alttestamentler, welche die Endredaktion früher datieren.

Der Theologieprofessor Hywel R. Jones meint zur "Keniter-Hypothese": "Daß Debora in ihrem Lied (Ri 5,5) Jahwe angeblich vom Sinai herbeiruft, wird literargeschichtlich oberflächlich gedeutet und lässt außer acht, daß Jahwe bei Israel in Kanaan gegenwärtig ist. In 4 Mo 10,29 wird Hobab, der Keniter aufgefordert, sich den Israeliten anzuschließen, damit sie ihm Gutes tun können, nicht etwa umgekehrt. In 1 Mo 18 ist Jethro der Lernende und nicht der Lehrende (s. V. 8) und sein Opfer (V. 12) entspricht seinem Glauben (wie er in V. 11 bezeugt wird), der wiederum auf der Grundlage des Berichts entstanden ist, den er über die von Gott bewirkte Befreiung gehört hat (V. 1.8). Es gibt daher keine stichhaltigen Gründe, diese Hypothese zu vertreten."

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verreisterNutzer  06.01.2021, 16:02
@UW1969

Ich habe auch die Behauptung gehört, dass JHWH der Gott der Schasu Nomaden gewesen sein soll. Dazu gibt es auch eine Terra X Doku. Stimmt diese Behauptung?

LG

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verreisterNutzer  08.01.2021, 12:17
@UW1969

In dieser Doku von Terra X heißt dieser Gott bei den archäologischen Funden nicht JHWH sondern JHW ist das derselbe Gott? Wieso hat der dann einen anderen Namen?

LG

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UW1969  08.01.2021, 13:20
@verreisterNutzer

Diese Doku habe ich mir noch nicht angesehen.

Aus bibelwissenschaftlicher Sicht ist die Herkunft des Gottesnamens "JHWH" ungeklärt. In den Inschriften der nubischen Tempelanlagen aus der Zeit Amenophis III. (1390-1353 v.Chr.) und aus der Zeit Ramses II. (1279-1213 v.Chr.) werden jeweils in einer Ortsnamenliste ein „Land der schasu-Nomaden des j-h-w“ erwähnt. Daraus entstand die HYPOTHESE, dass der Gottesname mit den Schasu-Nomaden in einer Verbindung stehen KÖNNTE. Nach einer HYPOTHESE war J-H-W-H ursprünglich eine Landschaftsbezeichnung.

Da aber die Bibelwissenschaft nicht mein Schwerpunkt ist, mich dieses Thema aber auch interessiert, habe ich diese Frage an einen mir bekannten Prof. für Altes Testament weitergegeben. Ich werde dir seine Antwort weiterleiten (insofern er für eine Antwort überhaupt Zeit hat).

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Naja, wenn man davon ausgeht, dass sich beide auf dasselbe Ereignis beziehen, passt es doch. Insofern sieht man das als Bestätigung. Vermutlich handelte es sich um eine lokale Überschwemmung, was ja auch physikalisch nicht ausgeschlossen ist. Im Zweistromland kam und kommt es immer mal wieder zu Überschwemmungen.

Andererseits gab es auch Gegenden, die austrockneten und verödeten. Die Flüsse änderten oftmals ihren Lauf (das Gebiet ist z.T. recht flach).

Größtenteils wahrscheinlich gar nicht. Wozu auch?

Es kommt ja häufig vor, dass in alten Schriften ähnliche Ereignisse vorkommen. Das liegt zumeist daran, dass es tatsächlich mal irgend welche derartigen Ereignisse gab, oder (wie bei der Sinnflut wahrscheinlich) das beschriebene Szenario mit den Urängsten der Menschheit zu tun hat und damit gerne als Thema genommen wird.

Das die "Sintflut" eine historische Tatsache ist, wurde unlängst bereits wissenschaftlich bestätigt. Es wurden ja auch Überreste menschlicher Siedlungen im Schwarzen Meer gefunden.

Die Entstehung des Schwarzen Meers war quasi die damalige Sintflut vor ca. 6500 Jahren.

Zur Bibel muss man wissen: das alt-griechische Wort "biblia" ist ein Plural für "die Schriften". Das Kirchenlatein machte es erst hinterher zum Singular für "die (eine) Schrift". Die Bibel war ursprünglich nie als homogenes Buch zu verstehen, sondern immer schon als Schriftensammlung.

Lange bevor die Schrift erfunden wurde, haben Menschen alles was ihnen als wichtig erschien in Form von Geschichten rein mündlich weitergegeben. Man kann sich vorstellen, wie der Dorfälteste alle am Lagerfeuer versammelte und seine Erzählungen weitergab.

Damit man sich die Geschichten besser merken kann, bedienten sie sich gerne bestimmter, erzählerischer Stilmittel, wie bspw. Übertreibung. Ein sehr anschauliches Beispiel ist die Schlacht an dem Thermopylen zwischen Griechenland und Persien. Die maßgebliche Quelle für dessen Überlieferung war der Historiker Herodot. Er beschrieb die Schlacht 500 v. Chr. so, dass ca. 2.000.000 Perser gegen ca. 5000 Griechen kämpften (inkl. der 300 Hopliten aus Sparta). Das war natürlich quatsch... in dieser Zeit lebten schätzungsweise 50-100 Mio. Menschen weltweit! Es werden wohl kaum rund 5% der Weltbevölkerung für das persische Königreich in den Krieg gezogen sein ;) In Wahrheit waren es ca. 6000 Griechen gegen ca. 50.000 - 200.000 Perser.

Das Stilmittel der Übertreibung soll aber nicht nur die reinen Fakten übermitteln, sondern auch das Gefühl für die Situation oder die Emotionen.

Das Zentrum menschlicher Kultur zur damaligen Zeit und die ersten Hochkulturen befanden sich damals in den Regionen um Nord-Afrika und Nahost. Die Überflutung dieser Region mit so herausragender Stärke (selbst aus heutiger Perspektiv), kam einem Weltuntergang ziemlich nahe.

Die älteste, schriftliche Überlieferung der Sintflut stammt übrigens aus dem Atrahasis-Epos und auch die Geschichte rund um Adam und Eva stammt ursprünglich von den Sumerern, wobei in der Urfassung nicht der Frau die alleinige Schuld für eine "Erbsünde" gegeben wurde... ;)

Auch das Alte Testament ist fast eine 1 zu 1 Adaption vom jüdischen Tanach.

De facto ist die Bibel eine Schriftensammlung und kein homogenes Buch.


verreisterNutzer  23.12.2020, 17:33
und auch die Geschichte rund um Adam und Eva stammt ursprünglich von den Sumerern, 

Meinst du vom Enuma Elisch?

LG

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thetee99  23.12.2020, 17:48
@verreisterNutzer

Nein, noch vor den Babyloniern wurden ugaritische Tontafeln gefunden, vermutlich aus der Stadt Uruk (heute Irak).

Darin wird beschrieben das Adam in Wahrheit Gott ist und von Horon in Schlangengestalt gebissen wurde, wodurch er seine Unsterblichkeit verlor. Aber er paart sich mit seiner Frau und durch seine Nachkommen erhält er eine andere Form von Unsterblichkeit.

Sehr schön. Diese Metaphern beschreiben viele Gedanken der Menschheit zu Leben und Tod aus frühster Steinzeit.

Später wurde es ad absurdum geführt in eine Vorstellung aus Schuld und Sühne.

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Pit29777  25.12.2020, 23:01

Hallo😊😃

Die Sintflut fing an im Jahre 2370 vor unserer Zeit und das war vor ca. 4389 Jahren.

Weiter erfahren wir über die Sintflut: „Die Wasser hatten weiterhin Oberhand auf der Erde, hundertfünfzig Tage. ... Und die Wasser begannen von der Erde zurückzuweichen und wichen nach und nach zurück; und am Ende von hundertfünfzig Tagen fehlten die Wasser. Und im siebten Monat, am siebzehnten Tag des Monats, ruhte dann die Arche auf den Bergen von Ararat“ ( 1. Mose 7:24 bis 8:4). Somit dauerte es von dem Zeitpunkt, wo die Erde völlig unter Wasser stand, bis es wieder zurückgegangen war, 150 Tage oder fünf Monate. Die Arche ruhte also im März 2369 v. u. Z. auf den Bergen von Ararat.

Liebe Grüsse😊

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verreisterNutzer  26.12.2020, 07:59
@Pit29777

Nein, die Sintflut ist ein Märchen. Und hör auf, ständig Zeugen Jehovas Missionierungs Kommentare zu schreiben.

LG

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Damit, dass die Sintflut wirklich geschehen ist und dass im Gilgamesch-Epos auch Elemente davon aufgegriffen wurden (also das, was man bei den Sumerern noch davon wusste; die eigentliche Erzählung der Sintflut findet sich für mich in der Bibel).

Sintflutgeschichten finden sich in vielen Kulturen auf der ganzen Welt: Sintflutgeschichten in der ganzen Welt

Empfehlenswert zur Frage ist auch der folgende Artikel: Kopierte die Bibel manche ihrer Geschichten aus anderen religiösen Mythen oder Legenden?


MarioNaette  23.12.2020, 16:00

Klar, dass sich Sintflutgeschichten weltweit finden lassen. Diese würden doch den Indigenen Völkern seit 1000 Jahren gerne von Missionaren eingebläut um sie zu disziplinieren.

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chrisbyrd  23.12.2020, 17:49
@MarioNaette

Diese Geschichten waren schon vorher in diesen Kulturen vorhanden. Das sieht man z. B. an dem alten chinesischen Schriftzeichen für Schiff, das aus den Zeichen für Behälter, Person und acht zusammen besteht. Schiff heißt also wörtlich: ein Behälter mit acht Personen; eine treffende Bezeichnung für die Arche, in der acht Menschen die Sintflut überlebte!

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SegenGottes  23.12.2020, 20:11
@MarioNaette

Die Sintflut wurde sehr viel früher aufgezeichnet. Das hat mit diesen Missionaren gar nichts zu tun.

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