Welche Landreform würdet ihr bevorzugen (als Agrarnation)?

2 Antworten

Sklaverei und Leibeigenschaft wurden durch die Einführung von Maschinen abgelöst, das sind unsere modernen "Sklaven".

In der Übergangsphase von der alten Leibeigenschaft zur modernen Maschinenwirtschaft gab es jede Menge Elend für die Arbeiter, die nötig waren aber aufgrund großen Angebotes (aufgrund hoher Geburtenrate und noch keinen Arbeitnehmerrechten oder Verbot von billiger Kinderarbeit) jederzeit mühelos gefeuert werden konnten, wenn sie mit menschenverachtenden Arbeitsbedingungen nicht zufrieden waren.

Diese Zeiten sind noch gar nicht so lange her wie man denken möchte, noch Anfang 20. Jahrhundert waren Knechte und ganz besonders Mägde auf dem Land die Ärmsten der Armen, lies mal Bücher über diese Zeit wie z.B. "Herbstmilch". Heute hat kaum ein Bauer noch einen Knecht, das was früher die Knechte machten schaffen heute Traktor und Mähdrescher, die schaffen täglich ein Vielfaches von dem was Menschen per Handarbeit leisten können.

Privateigentum an Produktionsmitteln (eigene Höfe der Bauern) sind für eine gut laufende Wirtschaft unverzichtbar, denn da sorgt die Gewinnerzielungsabsicht des Bauern oder Eigentümers dafür, daß alles so effizient wie nur möglich läuft, Egoismus zahlt sich aus. In Planwirtschaften dagegen wo alles angeblich allen gehört, gehört am Ende niemandem etwas, da wird der Faulpelz genauso hoch entlohnt wie der Fleißige, also wozu lohnt sich dann Fleiß überhaupt? Niemand schuftet sich freiwillig ab, nur um am Ende als Depp dazustehen, wenn alle anderen eine ruhige Kugel geschoben haben. Deswegen sind sozialistische Planwirtschaften immer zum Scheitern verurteilt, weil sie Schlamperei und Faulheit geradezu fördern, daran ändern alle Augenwischereien (wie Auszeichnungen für die man sich nichts kaufen kann) nichts.

Grund und Boden sollte eigentlich grundsätzlich in Staatsbesitz sein, Nutzungen wie Landwirtschaft oder Hausbau als Nutzungsvertrag geregelt. Landwirtschaft ist im allgemeinen Interesse und sollte deshalb vom Staat gefördert werden. Gleichzeitig sollten Regeln aufgestellt werden, die den Bauern verpflichten, gewisse ökologische Standards einzuhalten und die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten.

Bauernhöfe sind eine gute Bewirtschaftungsform, aber relativ kleine Einheiten. Krankheit oder Urlaub sind schwer aufzufangen. Ich bin in der DDR aufgewachsen, und die genossenschaftliche Landwirtschaft (LPG) war eigentlich eine gute Sache (nach einem mehr als holprigen Anlauf, aber das ist ein anderes Thema).


Daoga  08.08.2023, 17:47

Den Landwirten im Osten wurde ihr Grund und Boden mit Gewalt enteignet. Kein freier Bauer hat sich jemals freiwillig darauf eingelassen, eigener Boden war den Bauern immer heilig. Wer auf fremdem (staatlichem) Boden wirtschaften mußte, war nicht mehr als ein Lohnknecht, der jederzeit davongejagt werden konnte und selbstverständlich auch an seine Kinder nichts zu vererben hatte.

Wer sich den Staat als Alleineigentümer wünscht, der öffnet der staatlichen Willkür Tür und Tor. Enteignungen für jeden bürokratischen Schwachsinn wären dann supereinfach. Es gibt schon Gründe, warum im (west)deutschen Grundgesetz das Recht auf privates Eigentum als schützenswert verankert ist.

Gefördert werden Landwirtschaft und auch ökologische Zwecke (Biotope etc.) jetzt schon, dafür braucht man keine Enteignungen a la realem Sozialismus.

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spelman  08.08.2023, 18:30
@Daoga

Mit der Enteignung hast Du Recht. Später hat sich aber kaum einer die alten Zustände wieder zurückgewünscht.
Privatbesitz an Grund und Boden öfften der Spekulation Tür und Tor. Sehen wir ja heute bei uns.

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Daoga  08.08.2023, 19:04
@spelman

Wie lange "später", als die alten Bauern schon weggestorben waren und die jungen nur noch die sozialistischen Verhältnisse kannten? Oder traute sich nur keiner das Maul dagegen aufzumachen, wenn Bautzen drohte? Das war ja kein Rechtsstaat mit Meinungsfreiheit.

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spelman  08.08.2023, 19:09
@Daoga

Also ich kann nur über die Spätzeit der DDR reden. Nur das habe ich erlebt. Aber da lebten schon noch etliche, welche die Bodenreform und die Zwangskollektivierung direkt erlebt haben. Das war natürlich keineswegs gut, und es ist dabei viel Unrecht passiert. Dennoch wünschte sich keiner, wieder allein auf seiner Scholle für sich zu ackern. Und auf dem Dorf wurde schon öfter Klartext gesprochen.

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Daoga  09.08.2023, 14:53
@spelman

Da hatte sich vermutlich die DDR-Schlamperei schon etabliert. Auf eigener Scholle zu arbeiten bedeutet halt zu Stoßzeiten (Erntezeit) auch besonders viel Arbeitsaufwand, dann ist es tatsächlich einfacher die Arbeit auf viele Schultern zu verteilen. Da fährt dann z. B. der Mähdrescher nicht nur tagsüber, sondern auch die ganze Nacht hindurch, damit die Ernte noch vor dem nächsten Gewitter eingebracht ist.

Die Bauern im Westen schafften das aber auch immer. Auch dort gab und gibt es örtliche Nachbarschaftshilfe und Maschinenringe, in denen man sich nicht so oft benutzte Maschinen wie Mähdrescher und Vollernter teilt, um Kosten zu sparen. Auch Zusammenarbeit auf dem Land ist keine sozialistische Erfindung, sondern einfach der Notwendigkeit geschuldet. Trotz privatem Eigentum an Grund und Boden.

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spelman  09.08.2023, 15:11
@Daoga

Wenn das Land dem Bauern gehört, der es bestellt, habe ich damit ja auch gar kein Problem. Ich lese aber immer öfter, dass Land von internationalen Spekulanten aufgekauft wird. Da geht nahezu unbemerkt der Zugriff auf unsere wichtigste Ressource verloren.

Die "DDR-Schlamperei" hat immerhin ausgereicht, dass sich die DDR selbst ernähren und landwirtschaftliche Produkte in erheblichem Ausmaß exportieren konnte, z.B. in die damalige Sowjetunion.

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Daoga  09.08.2023, 15:49
@spelman

Warum in die Sowjetunion, hatten die damals keine eigene Landwirtschaft?

Spekulationen mit landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland lohnen sich kaum, weil hier nicht mit nennenswerten Wertzuwächsen zu rechnen ist. Dank der strengen deutschen Bauvorschriften kann nicht jeder einfach Häuser auf Äcker klotzen und so den Wert massiv erhöhen, sondern muß die Genehmigung der Kommune einholen, und die werden wegen der ohnehin ausufernden Bauflut immer seltener erteilt, immer weniger Kommunen wollen sich die ganze Natur und Lebensgrundlagen ringsum verbauen lassen. Wenn spekuliert wird, dann mit Baugrundstücken in Großstädten wie Berlin und München oder da wo jetzt schon die Reichen abhängen (Sylt, Starnberger See), dort gibt es die Gewinnspannen.

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spelman  09.08.2023, 16:03
@Daoga

Offenbar sehen das die Chinesen anders, denn hier waren schon Gegenmaßnahmen nötig:

Bund stoppt Verkauf von Flächen im Osten - Maßnahme gegen Spekulation - DER SPIEGEL

Warum wir Produkte in die SU exportiert haben? Das haben wir uns auch gefragt, denn uns wurde ja immer von der "Kornkammer Ukraine" (die damals ja dazu gehörte) vorgeschwärmt, und von den fantastischen Kolchosen, von denen wir lernen müßten. Ich weiß aber aus erster Hand, dass schiffsladungsweise Getreide und auch Fleisch in die Sowjetunion gefahren wurde.

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Daoga  09.08.2023, 16:41
@spelman

Die sind wahrscheinlich dann devisenbringend weiterverkauft worden. Geld war zu allen Zeiten wichtig für die Russen. Das war nicht viel besser als heute der Getreideraub in der Ukraine.

Zum Thema: Bodenspekulation in Ostdeutschland bedroht Bauern - DER SPIEGEL "als Geldanlage und wegen Bioenergie und wachsendem Fleischkonsum in Schwellenländern", alles Gründe die schiefgehen könnten, weil Deutschland halt kein Bananenstaat ist und auch die Landwirtschaft Gesetzen unterliegt, weder darf man Äcker einfach so "aufwerten" per ungenehmigter Bebauung, noch lohnt es sich dort Mastbetriebe aufzubauen, wenn etablierte Höfe und Mastbetriebe wegen boomender sonstiger Kosten (Gas, Futtermittel, Treibstoffe etc.) dichtmachen, und es wird auch seine Gründe haben warum halt nicht jeder Landwirt im Osten bereits seine eigene Biogasanlage hat. Sprich, diese Spekulanten könnten auf die Dauer ordentlich auf die Nase fallen mit den Ländereien, die auf lange Zeit keine nennenswerten Wertsteigerungen bringen werden, und das ist es ja, worauf Spekulanten spekulieren, das schnelle Geld. In der Landwirtschaft braucht man aber seit jeher einen langen Atem.

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