"Wein rollt am Boden" - ist das ein Stilmittel?
Hallo liebe Community,
ich beschäftige mich mit dem Gedicht "Die Beiden" von Hugo von Hofmannsthal und bin auf der Suche nach Stilmitteln. Bis auf die Epipher "Hand" in Zeile 1, 5, 9 habe ich keines entdeckt. Jedoch steht in der letzten Verszeile "Und dunkler Wein am Boden rollte" - Wein, also eine Flüssigkeit fließt ja bekanntlich. Mit "rollte" finde ich, wird diese Tatsache als sehr dramatisch ausgedrückt, allerdings ist sie ja auch falsch, denn Flüssigkeiten fließen und rollen nicht. Doch ich bin alle mir bekannten Stilmittel durchgegangen und habe leider keines gefunden, welches passen könnte.
Deshalb meine Fragen, was ihr dazu meint und ob ihr noch andere seht. Dankeschön!
Hier noch das Gedicht:
Sie trug den Becher in der Hand -
Ihr Kinn und Mund glich seinem Rand -,
So leicht und sicher war ihr Gang,
Kein Tropfen aus dem Becher sprang.
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So leicht und fest war seine Hand:
Er ritt auf einem jungen Pferde,
Und mit nachlässiger Gebärde
Erzwang er, daß es zitternd stand.
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Jedoch, wenn er aus ihrer Hand
Den leichten Becher nehmen sollte,
So war es beiden allzu schwer:
---
Denn beide bebten sie so sehr,
Daß keine Hand die andre fand
Und dunkler Wein am Boden rollte.
4 Antworten
Nicht der Wein rollt am Boden, sondern der Becher, dessen Inhalt "dunkler Wein" ist.
Das ist hier also eine Form der Synekdoche (συνεκδοχή / synekdoché = Mitverstehen).
Mitverstanden wird hier, dass der Wein dann auf den Boden fließt. "rollen" gverleiht ihm aber etwas Dingliches.
"Dunkler Wein" steht hier für die geballte Leidenschaft, die beide übermannt hat (und ist damit, wenn man vom Rollen absieht, eine Metapher).
Rollen hat eine vielfältige Bedeutung :
der bach, der flusz, das meer rollt seine wellen
Vielleicht hat Hugo eine der alten Bedeutungen verwendet
http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GR06988#XGR06988
ich meine, nur ein lyrischerer Ausdruck für die Bewegung des Weins am Boden, der vewendet werden konnte, weil er zu ::: sollte ::: passt.
Jedoch, wenn er aus ihrer Hand
Den leichten Becher nehmen sollte,
So war es beiden allzu schwer:---
Denn beide bebten sie so sehr,
Daß keine Hand die andre fand
Und dunkler Wein am Boden rollte.
Sie bebten und zitterten so sehr, dass sie den Becher nicht halten konnten oder umkippten und nun der Wein, ich nehme an: Rotwein, nun auf dem Boden lag.
Dankeschön! Das wusste ich allerdings schon, dass sie den Becher fallen ließen und der Inhalt, also Wein, somit raus auf dem Boden floss. Mir geht es aber speziell um das "rollen", aber dies ist vermutlich ein veralteter Begriff, wie es der User Halbrecht oben beschrieben hat :)
Ach sorry, die Zeile fehlt: nennt sich Symbolismus!
Seine ersten Werke zählt man zum Jugendstil oder Impressionismusk.
https://de.wikipedia.org/wiki/Symbolismus_(Literatur)
Das ist der "Zeit" geschuldet, in der Hoffnungsthal lebte. Minnesänger allgemein haben nicht mit "einfachem Deutsch" ihre Lieder vertextet, sondern stets blumig drum herum geschrieben, Hauptsache das reimte sich einigermaßen..
Oder hier - der schreibt nicht realistisch:
FrageMerkst du denn nicht, wie meine Lippen beben?
Kannst du nicht lesen diese bleichen Züge,
Nicht fühlen, daß mein Lächeln Qual und Lüge,
Wenn meine Blicke forschend dich umschweben?
Sehnst du dich nicht nach einem Hauch von Leben,
Nach einem heißen Arm, dich fortzutragen
Aus diesem Sumpf von öden, leeren Tagen,
Um den die bleichen, irren Lichter weben?
So las ich falsch in deinem Aug, dem tiefen?
Kein heimlich‘ Sehnen sah ich heiß dort funkeln?
Es birgt zu deiner Seele keine Pforte
Dein feuchter Blick? Die Wünsche, die dort schliefen,
Wie stille Rosen in der Flut, der dunkeln,
Sind, wie dein Plaudern: seellos ... Worte, Worte?
Hugo von Hofmannsthal
Aus der Sammlung Die Gedichte 1891-1898
die letzten Worte sind entscheidend: Hand-Rand / Gang/sprang ....Hand-Pferde / Gebärde-stand. Dann nur 3 Zeilen: Hand-sollte-schwer .... sehr-fand-rollte.
Das ist dichterische Freiheit....
Danke, jedoch geht es mir ja um Stilmittel und nicht um die Reime
Dankeschön achwiegutdass!