Warum gab es in Europa seit dem späten Mittelalter keine Sklaven mehr? Es war lange ein "normaler" Kontinent mit vielen Sklaven gewesen. Wer hat nicht von Spartakus gehört, jenem berühmten Führer des Sklavenaufstandes in Italien zu Beginn unserer Zeitrechnung, wo damals auf 7 Millionen Einwohner 2 Millionen Sklaven kamen?
Nach dem Fall des Weströmischen Reiches zählte Nordwesteuropa 22 Millionen Einwohner, 3 Millionen davon waren Sklaven. Doch seit Mitte des 14. Jahrhunderts scheinen Sklaverei und Sklavenhandel aus Europa zu verschwinden.
Es war nicht länger möglich, Menschen als Sklaven zu kaufen, zu verkaufen oder zu verleihen. In Osteuropa blieb die Hörigkeit bis ins 19. Jahrhundert bestehen, doch das war etwas Anderes:
Ein Höriger war an den Boden gebunden und konnte nicht wie ein Sklave in eine andere Gegend verkauft werden, wo Knappheit an Arbeitskräften herrschte.
Als Erklärung für das Verschwinden der Sklaverei aus Europa wird angeführt, dass Westeuropa dicht bevölkert war und es deshalb für Arbeitgeber vorteilhafter war, freie Arbeiter in Dienst zu nehmen statt Sklaven.
Freie Arbeiter konnten pro Tag und selbst pro Stunde bezahlt und auf die Straße gesetzt werden, sobald sie nicht mehr in der Lage oder bereit waren zu arbeiten. Das klingt plausibel. Doch es gibt zwei Fälle, für die diese These nicht trägt:
Erstens waren Teile Asiens ebenfalls dicht bevölkert, und doch war dort die Sklaverei weit verbreitet. Und zweitens blieb es unmöglich, Europäer zu versklaven, als die Staaten des Kontinents nach einiger Zeit wieder zahlreiche dünnbevölkerte Gebiete besaßen - etwa die Kolonien der Neuen Welt oder jene Teile Zentraleuropas, die nach dem Dreißigjährigen Krieg weiträumig entvölkert waren. Als die Sklaverei einmal aus Europa verschwunden war, war es offenbar auf Dauer unmöglich, sie wieder einzuführen.
Die Folge davon war, dass allein in Europa Kriegsgefangene freigelassen wurden und Gesetzesbrecher im Gefängnis landeten, statt als Sklaven verkauft zu werden wie sonst in aller Welt.
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