Warum wird über Deutschland so gemeckert, wir haben doch alles?

15 Antworten

Das klingt unfassbar infantil.

Deutschland hat von den Ländern in denen es ein Gesundheitssystem gibt, das Schlechteste. Und Teuerste. Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben müssen bei der Tafel Essen holen, weil die Rente ein WITZ ist. Die Tafel; eine private Organisation; hält den Laden gerade am Laufen. Als der Gaspreis zu explodieren drohte, hatte unser Minister Habeck die Idee sie um eine Abgabe zu erhöhen, die den "marodierenden" Energieunternehmen zu Gute kommen sollte, die im Vorjahr Rekordgewinne erzielen konnten. Wir haben ländliche Gebiete in denen keine niedergelassenen Ärzte zu finden sind. Es gibt durch unser Gesundheitsministerium Deckelungen der abrechenbaren Gesundheitsleistungen gestaffelt nach Erkrankungen. Es gibt Abrechnungsberenzungen für Krankenhäuser wodurch das Gesundheitssystem entlastet werden sollte. Gleichzeitig haben wir in den letzten 15 Jahren Stellen im Gesundheitswesen privatisiert und gestrichen sodass jetzt Kinderbetten fehlen, die für eine Viruswelle gebraucht werden, die seinen Ursprung darin hat, dass ihre Abwehrkräfte 2 Jahre lang durch Distanzregelungen nicht in Anspruch genommen wurden. Wir haben Apotheker, die in der Lage wären fehlenden Ibuprofensaft zur Fiebersenkung bei Kindern herzustellen. Es aber nicht tun, weil sie zum einen zu Recht annehmen, dass die Krankenkassen es nicht bezahlen würde. Und darüber hinaus Angst haben müssen, dass falsch angewendete Präparate zu erheblichen Schadenersatzansprüchen führen würden. Man darf nicht vergessen, dass die Verabreichung dieser Medikamente Menschen obliegen würde, die nicht unfassbar dumm sind, sondern auch voller Sorge um ihr Kind.

Man neigt dazu zu glauben, dass es anderswo schlimmer ist. Und das mag auf viele Länder zutreffen. Aber wir sind WEIT davon entfernt irgendwem vorzumachen wie es richtig geht.

Es reicht nicht nur, dies alles zu haben. Es muss auch erhalten bleiben. Und vieles deutet darauf hin, dass immer weniger zum Erhalt dieses Luxus, den wir wirklich bisher genießen durften, getan wird. Ich selber kenne durchaus noch ein "besseres" Deutschland. Und ich weiß durchaus die Annehmlichkeiten unseres Landes zu schätzen. Aber auch ich bin in Sorge, wie es in ein paar weiteren Jahren aussieht, wenn nicht aktuell an ganz vielen Ecken, die in den letzten Jahren vernachlässigt wurden, "Brände gelöscht" werden. Da kann man schon mal meckern, wenn es berechtigt ist (nicht nur auf hohem Niveau, weil es schwer ist, eine Playstation zu bekommen - als Beispiel).


Goldlaub  21.12.2022, 12:28

Wann und wo war deiner Ansicht nach des "bessere" Deutschland?

Ist nicht alles ein Meckern auf hohem NNiveau, wenn der Wohlstand stagniert?

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Kabeltante1266  21.12.2022, 12:37
@Goldlaub

Schieb es auf mein Alter, aber zu meiner Kindheit konnte meine Mutter zuhause bei mir und ihrem Haushalt bleiben. Freiwillig. Das Geld meines Vaters - heute sicher auch nur Durchschnitt - hat für Familie, Miete, Auto und Urlaub gereicht. Ich konnte unbeschwert durch Felder und Wälder streifen, ohne dass ich an jeder Ecke aufpassen musste, auf wen ich treffe. In der Schule wurden mir noch Werte beigebracht. Dinge fürs Leben. Nicht, was für Baum-Arten in Bolivien wachsen (das interessiert später keinen mehr, der nicht gerade was mit Bio studieren will). Früher, zu meiner Kindheit und Jugend (ist ja auch noch nicht sooooo lang her) gab es bei den Geschäften in den Innenstädten noch keinen extremen Leerstand. Durch das noch nicht vorhandene Internet wurde noch durch Anschauen und vor-Ort-Aussuchen gekauft. Die Menschen haben noch miteinander gesprochen!!!! Und zwar mit Respekt. Nicht so, wie es leider oft allgemein Usus ist. Insofern habe ich noch ein besseres Deutschland erlebt. Wir hatten auch alles, weil es gar nicht so viel im Überfluss gab. Es hat aber völlig gereicht. Es gab eben nicht 50 verschiedene Marken Butter, sondern eine oder zwei. Das hat gereicht. Und vieles von dem, wie es mal war, finde ich rückblickend einfach BESSER! Und ja, vieles von dem, über das heute gemeckert wird, ist Meckern auf hohem Niveau. Weil viele nicht mehr zu schätzen wissen, wie gut es uns eigentlich geht. Wenn man aber den direkten Vergleich von einem Leben vor 20-30 Jahren zu heute und zur möglichen Zukunft sieht, dann ist die Entwicklung in vielen Bereichen tatsächlich, finde ich, ein Meckern an der richtigen Stelle wert. Und da gäbe es für mich so einiges, was ich bemängeln würde. Wäre aber müßig, das hier zu diskutieren. Jeder sieht das wahrscheinlich ein bisschen unterschiedlich.

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Goldlaub  21.12.2022, 13:00
@Kabeltante1266

Danke für deine ausführliche Antwort!

Ja, sehe ich ähnlich, hatte auch eine zwar weniger begütete Kindheit aber mehr Spielraum.

Hast du dir schon mal Gedanken gemacht, ob du bestimmte Entwicklungen, die zu den heutigen weniger guten Ergebnissen geführt haben, zu deren Anfangszeiten a) als eher negative Entwicklung erkannnt hättest und deshalb b) gemieden hättest?

Was mein ich?

Im Nachhinein kann man immer alles besser überschauen. Dass z.B. die weitgehende industrialisierung zu Problemen mit der Umwelt führt ist doch eigentlich auch zu Beginn klar. Die Menschen wollten aber das vordergründig "Bessere", also schnellen Wohlstand. Jahrzehnte später, wenn die Schattenseiten offenbar werden, trauert man u.U. der Zeit nach, in der Folgendes besser war: Die Spielräume für Kinder, um mal deine Darlegung aufzugreifen, keine üblen Nachrichten hinsichtlich des Klimas usw. Ich denke, dieses Prinzip des "früher war es besser" kann man generalisieren. Aber auch jenes "Früher" das du hier meinst, ist in gewissen Punkten schlechter, als das noch Frühere. Beispiel: In denn sechziger und siebziger Jahren hatte man den Aufschwung schon fast bewältigt. Jetzt ging es darum, so viel wie möglich auch auf Kosten anderer (Imperialismus) zu erwirtschaften. Die Menschen in den so genannten Entwicklungsländern war das nicht vergönnt; im Gegenteil, sie waren und sind die Ausgebeuteten. Auch in dieser Zeit gab es unzufriedene Bürger in Deutschland. Sie wären zufrieden, hieß es, wenn sie nur noch dies und das hätten. Heute hat auch der Ärmste dies und das, was zu jener Zeit der Wunsch war. Und - ohne Zynismus - die Gemeinschaft, der Zusammenhalt, die Sorge auch für den Mitmenschen, das Miteinander im Aufbau eines neuen sozialen Gefühls nach dem Krieg war mit dem Siegeszug des Kapitalismus vorbei, also wurde es diesbezüglich schlechter. ;-)

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Kabeltante1266  21.12.2022, 13:20
@Goldlaub

Respektiere ich, was du schreibst. Trotzdem bleibt mein Grundgedanke an das "früher war es besser" der gleiche. Natürlich ist mir bewusst, dass ich als Kind (!) damals vieles, was schlechter war als heute, nicht so gesehen habe. Als Beispiel: unser Viertel, in dem ich aufgewachsen bin, war immer gefühlt blitzsauber. Ich habe mich nicht mal getraut, ein Papierchen oder einen Kaugummi auf die Straße zu werfen. 2 km entfernt war eine Müllkippe, wo damals noch die LKW den Müll hingeschafft und auf einem "Berg" abeladen haben und der dann dort verbrannt wurde. Würde es so heute und hier nicht mehr geben. Aber es war eben sauber bei uns. Der örtliche Bierproduzent hat Arbeitsplätze geschafft. Die Luft war aber damals, je nach Stand des Windes, mit einer dunklen Rauchschicht aus den Schloten verdreckt. Heute haben sich die Probleme teils natürlich verändert. Möbel zum Beispiel im Überfluss, billig, weil billig produziert, und an vielen Ecken türmt sich unerlaubt entsorgtes Zeugs, das es früher so eben nicht gab. Vielleicht sehe ich das heute so, weil es so eine kuschelige kleine Welt für mich war, tatsächlich frei von Infos über die große weite und oft böse Welt. Als ich 15 war, hat mich mein Vater mal für 2 Wochen mit in die damals noch bestehende DDR genommen. Danach war ich für alles, wirklich alles, was wir, was ich hatte, dankbar und habe es nicht als selbstverständlich genommen. Auch etwas, was viele, auch jüngere, heute nicht mehr kennen und zu schätzen wissen. Sehe ich oft bzw in vielen Situationen so. Deswegen, klar, weiß ich auch heute für mich und andere das Gute und die Vorzüge der Veränderungen zu schätzen, habe aber - sicher zu Recht - Bedenken, dass in dieser schnelllebigen Zeit vieles auf der Strecke bleiben könnte, was mal gut war. Weil zu wenig dafür getan wird - in meinen Augen - um dies wenigstens zu erhalten. Zu dem Pro und Contra und über die Ursachen könnte man sicher noch stundenlang diskutieren.....

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Warum wird so über das Land gemeckert als wäre es kaputt?

Weil Menschen, denen es zu gut geht sich daran gewöhnen und wenigstens den Erhalt dieses Status wollen, meistens aber nach mehr und immer mehr gieren.

Das Land an sich ist nicht kaputt. Es gibt einzelne Bereiche, in denen es nicht optimal läuft, allerdings müssen sich die leute in diesen Bereichen teils auch selbst den Schuh anziehen, dass sie nicht nach Alternativen suchen oder selbst was in die Hand nehmen.

Das erinnert mich an die Eltern, die erwarten, dass die Schule ihre Kinder vollumfänglich erzieht und dann beleidigt sind, wenn dies nicht passiert... obwohl es nicht deren Aufgabe ist. So ist es auch nicht die Aufgabe des Staates und seiner Bediensteten verschiedene Angelegenheiten zu erledigen, auch wenn es Leute gibt, die das Fordern. Und wenn die eigenen Erwartungen enttäuscht werden, dann lässt man sich eben zu solchen Aussagen hinreißen von wegen 'Drecksstaat' 'was soll denn das sein' usw. usw. Kenne ich selbst zur Genüge... ist halt so. Solche Menschen gibt es und wird es immer geben.

Und klar gibt es auch Menschen denen es schlecht geht und bei denen der Staat wirklich nicht eingreift, wie er vllt. könnte, weil sie im System untergehen. Aber das hat man in JEDEM Staat. Ihn deswegen als marode oder gar kaputt zu bezeichnen ist verfehlt, auch wenn solche Einzelfälle gerne als Ansatzpunkt genommen werden, um so zu tun, als würde auch JEDER ANDERE auch nur ansatzweise (und meist nichtmal das) vergleichbare Fall genau SO ablaufen und wäre genau SO falsch beurteilt worden.

Ich meine wir können alles uns kaufen, könne alles essen und alles bestellen.

Du vielleicht. Nicht jeder hat so viel Geld.

Zudem haben wir viele Straßen, Autos und eine weiterhin gute Wirtshcaft.

Die Straßen und andere Infrastruktur sind marode, die Autos werden gerade zwangsweise auf E-Autos umgestellt und die Wirtschaft hat ziemliche Probleme durch die Energiepreise.

Warum wird so über das Land gemeckert als wäre es kaputt?

Weil es das ist: 100.000 Abtreibungen pro Jahr, unkontrollierte Migration in die Sozialsysteme, chronisch überlastete Justiz, Inflation, Energieunsicherheit, Clan-Kriminalität - soll ich weiter machen?


Goldlaub  21.12.2022, 12:31

Du hoffst auf die ideale Gesellschaft, bzw. kritisierst die gegenwärtige, weil sie es noch nicht ist: Das ist OK.

Aber selbst im Schlaraffenland wird es ein paar Unzufriedene geben, die jammern: Warum ist niemand um mich herum parat, der mir mein Bauchweh sofort abnimmt!

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Hallo,

Warum wird so über das Land gemeckert

weil das im Menschen und dem Leben dient - das Streben nach immer mehr, immer weiter, immer höher

Genau das bedient ja der Kapitalismus als Gesellschaft!

Die, die viel haben, wollen immer mehr haben. Dabei sind die Reichen die Gierigsten (sonst wären sie nicht so reich).
Dadurch sind immer Leute unzufrieden und jetzt, durch das anonyme Internet, können sie ja einfach rumtrollen und schimpfen.
Es muss nicht begründet oder bewiesen werden und somit finden sich diese Leute auch schnell zusammen.

Grüße aus Leipzig