Warum wird oft so ein falsches Bild vom Mittelalter vermittelt?
Irgendwie gabs da an jeder Ecke einen König, der Ritter unter sich hatte, usw.
Für England mag diese Sache so ja ungefähr gegolten haben. An der Spitze ein König, darunter Grafen, usw.
Nur in Deutschland war die Sache ja wesentlich komplizierter. Natürlich gab es auch Königreiche, wie z.B. Sachsen oder Franken. Da gab es dann auch Könige.
Aber viele Orte in Deutschland hatten ja keinen König, sondern waren eigenständig, wie Kurfürstentümer, Erzbistümer, usw.
Diese haben dann ja zusammen den Kaiser gewählt.
Es gab also nie einen König von Deutschland noch gab es in jeder Ritterburg einen König, so wie oftmals vermittelt wird.
Oftmals wird halt irgendwie das englische Modell auf Deutschland übertragen, was ja aber falsch ist.
5 Antworten
Bis 918 regierten in Deutschland die Karolinger als Könige und teilweise als Kaiser. Durch die Teilung des Frankenreichs nach dem Tod Ludwigs I. des Frommen (840) wurde das Reich unter seinen Söhnen aufgeteilt. Lothar I. (840-855) erhielt den Mittelteil, Ludwig II. der Deutsche (840-876) den Ostteil und Karl II. der Kahle (840-877) den Westteil einschließlich großer Gebiete auf heute italienischen Boden.
Unter diesen Königen regierten die Herzöge, Fürsten, Barone, Grafen etc. sowie die Reichsfreien Städte. Erst nach dem Tod von Konrad I. (911-918) kam es zur Königswahl durch die Kurfürsten.
Danach entwickelte sich auf deutschen Boden ein Geflecht aus mehr oder weniger selbständigen Staatsgebilden mit Erzbischöfen, Herzögen, Fürsten, Baronien, Grafen etc. sowie vom König bzw Kaiser mehr oder weniger abhängigen Vasallen mit immer mehr erblich werdenden Lehensbesitz.
Nominell blieb auch im ersten Deutschen Reich, also im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation immer ein König bzw Kaiser als oberster Herrscher. Nur die Praxis war komplizierter, da einige Staaten immer mächtiger wurden und der Einfluß des Kaisers bzw. Königs immer geringer. Auch war dieses nicht immer gleich. Der Kaiser Friedrich I. Barbarosso (1152-1190) war mächtig genug, um noch die oberste herrschende Instanz über meines Wissen des ganzen Reichs zu sein. Erst nach dem gewaltsamen Ende der Stauferherrscher kam es im Interregnum dazu, dass die Einzelstaaten selbständig wurden. Auf italienischen Boden gab es dann nicht einmal mehr einen nominellen obersten König.
Nominell blieb das Heilige Römische Reich Deutscher Nation bestehen und die Habsburger stellen ab den Ende des Mittelalters den Kaiser. Faktisch war dessen Macht oft auf Österreich beschränkt. Die Abhängigkeiten wechselten und die vielen Klein- und Kleinststaaten sind zu kompliziert, um diese im Schulunterricht einzeln zu behandeln. Wenn denn überhaupt diese Zeit im Geschichtsunterricht behandelt wird.
Wenn ich an meine Schulzeit denke, da wurden kurz die griechischen Verfassungsformen der antiken Stadtstaaten behandelt, mit Schwerpunkt von Athen. Danach sehr ausführlich die Zeit der Endphase der Römischen Republik und der Beginn des Prinzipats und danach ging es ohne Übergang sofort zu den Staatstheorien von Hobbes und Locke über. Dann kam französischer Absolutismus, Napoleon und gleich darauf 1. Weltkrieg. Alles andere in Geschichte in der Schule Fehlanzeige. Weimarer Republik und 3. Reich waren dann Thema der 10. Klasse. Danach kam die Oberstufe mit Kurssystem, wie es wohl ähnlich heute auch noch ist.
Wie schon ausführlich dargestellt wurde, gab es ja den "deutschen König". Noch Josef II. wurde zu einem solchen gekrönt.
>Natürlich gab es auch Königreiche, wie z.B. Sachsen oder Franken. Da gab es dann auch Könige.
Sachsen wurde 1806 Königreich, da war das Mittelalter schon ein paar Wochen vorbei. Ein "Königreich Franken" wäre mir nicht bekannt.
Das einzige Königreich innerhalb des Hl. Römischen Reichs war Böhmen.
Um zu verschleiern, dass die Neuzeit sehr finster und böse ist.
Weil die Version besser für Geschichten für Kinder ist. So haben die sich dann ins Weltbild übertragen.
Du siehst das nicht richtig.
Natürlich gab es den deutschen König. Der wurde ab 919 vom ganzen Adel, später von den Kurfürsten gewählt, oft in Frankfurt, und in Aachen auf den Thron gesetzt. Die deutschen Könige errangen ab Otto dem Großen 962 meist auch die Kaiserkrone. Kaiser wurden nie gewählt, sondern vom Papst in Rom gekrönt. Die deutschen Herrscher wie Otto d. Gr., Heinrich IV. oder Friedrich Barbarossa waren also gleichzeitig deutsche Könige und Kaiser.
Unterhalb des Königs/Kaisers rangierten anfangs Herzöge (Sachsen, Franken, Schwaben, Bayern, Thüringen), später viele weitere Fürsten. Unabhängig waren sie nie, wohl aber immer mächtiger.
Innerhalb des deutschen Königreichs/Kaiserreichs gab es lange Zeit nur einen anderen König, das war der von Böhmen (Tschechien). Preußen wurde erst um 1700 Königreich, Bayern, Sachsen und Hannover erst nach dem Ende des Deutschen Reichs 1806.
aber Otto I. war doch auch "König der Sachsen" ? (und wurde dann durch Heirat auch noch "König der Lombarden" und dann durch päpstliche Weihe Kaiser ...)