War die Schweiz vor 150 Jahren wirklich das Armenhaus Europas?

6 Antworten

Jein, in ungefähr aber schon!

In die Zeit nach der Helvetik und nach der Gründung der Schweiz 1848 war zwar die "Gründerzeit", aber die Industrialisierung verlieft sehr konzentriert auf die Städte Zürich und Basel begrenzt. Die ländlichen Gegenden waren noch lange Zeit sehr arm und lebten von Landwirtschaft. Das war wegen schlechter Ernten oft nicht einträglich und nicht wenige verhungerten. Die Bezeichnung "Allmend" entstand damals für der verarmten Bevölkerung zur Verfügung stehendes Stück Land zum Bewirtschaften.

Das führte dazu, dass in dieser Zeit sehr viele Schweizer auswanderten. Es gab regelrecht ein Auswanderungs-Boom aus Armut. In vielen armen Gemeinden auf dem Land hat man sogar "armengnössige Bürger" zum Auswandern gedrängt und hat ihnen auch die Schiffspassage bezahlt, was billiger war, als vielen Grossfamilien über lange Zeit die Armen-Verköstigung zu entrichten.

Das Emmental war eine solch besonders arme Gegend, auch das St. Galler-Land.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

DerHans  03.08.2020, 14:30

Hierzu muss man natürlich auch sagen, dass das in "deutschen Landen" überall so war. Der Kurfürst von Hessen hat seine Untertanen sogar an die Briten verkauft, um gegen die amerikanische Unabhängigkeit in den Krieg zu ziehen. Dabei war er aber nur einer von vielen.

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tenno5034  03.08.2020, 15:14
@DerHans

Damals war der Reichtum der Adligen eigentlich nur "Land und Menschen". Je mehr von beidem, um so reicher waren sie. Mit der Loslösung von den Habsburgern und den eigentlichen Befreiungskriegen erkauften sich die Eidgenossen zwar Freiheit und Selbständigkeit, aber mussten auch schauen, dass sie nicht verhungerten, denn die Landwirtschaft brachte für viele zuwenig Essen ein.

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Salue

Ja, es gab keine Bodenschätze, die Landwirtschaft an den Steilhängen war mühsam, die wenigen Ebenen waren Sumpfgebiete und das Holz aus den vielen Wäldern konnte schlecht transportiert werden. Der einzige "Exportartikel" waren die Schweizer Söldner, die einen guten Ruf als Soldaten hatten.

So war keine der Europäischen Grossmächte beim Wiener Kongress davon begeistert, das Land mit den aufmüpfigen Bewohnern zu übernehmen. Den anderen überlassen wollte es auch keiner.

Die Schweizer Abgesandten schlugen deshalb vor, das Gebiet als selbstständiges Land weiter existieren zu lassen, wenn es bereit war, eine immerfortwährende bewaffente Neutralität zu bewahren.

So hatte man wenigstens eine "Pufferzone" zwischen den Grossmächten und man konnte sich darauf verlassen, dass die als Schläger bekannten Eidgenossen diese Zone selber verteidigen würden und man selber an dieser Grenze keine Truppen aufstellen musste.

Tellensohn  

Die Alpenregionen waren arm dran. Nicht nur die Schweiz. Die Kinder wurden zum arbeiten fortgeschickt, die sog, Schwabenkinder. https://de.wikipedia.org/wiki/Schwabenkinder

Hierzu sagen zwei Bilder des Schweizer Malers Albert Anker etwas aus.

Die Länderkinder https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Anker_L%C3%A4nderkinder_1876.jpg

Um was es da geht, wird hier erklärt: https://de.wikipedia.org/wiki/Verdingung

Die Bauern und die Zeitung https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Anker_Die_Bauern_und_die_Zeitung_1867.jpg

Was auf dem Stuhl liegt und an der Stubenwand hängt, zeigt, worauf die Bauern ihre Hoffnung setzen: Die Bibel, ein christliches Andachtsbild und eine Landkarte Nordamerikas. Siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Schweizamerikaner


annie80  03.08.2020, 13:52

Es gibt so viele Bilder von Anker, die ich noch nicht gesehen habe.

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Die Schweiz hat lange die eigenen Bürger "exportiert" als Söldner. (Beispiel Schweizer Garde im Vatikan)

Erst als die Gnomen die Finanzwirtschaft "erfunden" haben, gings bergauf.