versmaß?

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Gryphius hat das Sonnett in 2 Versionen gedichtet: 1x speziell An Lucinden, 1x allgemeiner "An eine Jungfrau",

beide Sonnette im Reimschema abba abba ccd eed

Die Verse sind 6-hebige Jamben, in 8 Zeilen regelmäßig | x ´x|, in 6 Zeilen (Nr, 1,4,5,8,11,14) mit klingendem Schluss.

Natürlich kann man die letzteren auch als 6-hebigen Trochäus mit Auftakt x|´x x| interpretieren. Hinsichtlich ihrer Anordnung im Sonnett sind diese Zeilen jedenfalls bewusst anders gestaltet als die klar jambische Mehrzahl.


Der Sonnette Erster Theil: XXVI: An Lucinden

...

Was ist der zartte mund? ein köcher voller pfeile

Durch die manch weiches hertz wird bis in tod verletzt

Der augen heller glantz wird flammen gleich geschätzt

An welchen jeder sich verbrent in kurtzer weile.

...

Die wunderschönen haar altz netz' vnd liebes seile/

Wer durch der stirnen glantz nicht wird in euch verhetzt;

Wer sich den lilien der brüste wiedersetzt

Mus doch gewertig seyn das ihn die hand ereile.

...

So sprecht ihr vnd ist war/ wer vol von zunder steckt

Wird leicht zue böser lust/ vnd ewrer lieb erweckt/

Man kan zu stro vndt holtz bald flam' vnd fewer finden.

....

Wer aber bey sich selbst/ was ihr für Göttlich acht

Die schöne phantasie/ vnd wer ihr seidt betracht

Dehn glaubt mir/ werdet ihr Lucinde nicht entzünden.

.....

Quelle: Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 47-48.

.zeno.org/nid/20004917871


An eine Jungfraw (Lissaer Sonnette)

...

Was ist Ewr zarter Mund? ein Köcher voller Pfeile/

Dardurch manch weiches Hertz wird biß in Todt verletzt/

Der hellen Augen glantz/ ist flammen gleich geschätzt/

An welchem jeder sich verbrent in kurtzer weile/

...

Die wunderschönen Haar sind lauter Liebes-Seyle.

Wer durch der Stirnen glãtz/ nicht wird jn Euch verhetzt;

Wer sich den Lilien des Halses wiedersetzt/

Muß doch gewertig seyn/ daß Ihn der Plitz ereyle/

...

Der von der blossen Brust herstralt so vnverdeckt/

So sprecht Ihr/ vnd ist war/ wer voll von Zunder steckt/

In dem kan auch ein Funck leicht grosses Fewr erregen.

...

Wer aber bey sich selbst/ diß was Ihr so hoch acht/

Die schöne Nichtigkeit/ vnnd was Ihr seyd/ betracht/

Den solt Ihr/ glaubt mirs fest/ zu keiner Brunst bewegen.

...

Quelle: Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Bd 1, Tübingen 1963, S. 18-19.

/www.zeno.org/nid/20004917529


Zu den Lissaer Sonnetten schrieb Gryphius eine hübsche Widmung:

  • Der WolEdlen/ Gestrengen/ Ehr- vnd Tugentsamen Frawen EVÆ gebohrnen Pezoltin/ Frawen auff Schönborn vnd Zissendorff. So wol auch Denen Ehrbaren/ vnd Vieltugendsamen Frawen MARIÆ Rißmannin/ Des WolEhrwürdigen vnd Hochgelahrten Herren M. MICHAELIS EDERI vielgeliebten Ehefrawen. MARIÆ Richterin/ des auch WolEhrwürdigen Herren M. PAULI GRYPHII vielgeliebten Ehefrawen. ANNÆ Greyffin/ des Ehrenfesten Herrn George Carsens vielgeliebten Haußfrawen. seinen sonders hochgeehrten Frawen/ Mutter/ Muhmen vnd Schwester.*

Koschutnig  01.06.2011, 10:17

Danke für die Anerkennung!

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An eine Jungfrau(A. Gryphius)

1616 – 1664

Was ist Eur zarter Mund? Ein Köcher voller Pfeile,

Dardurch manch weiches Herz wird bis in Tod verletzt.

Der hellen Augen Glanz ist Flammen gleich geschätzt,

An welchen jeder sich verbrennt in kurzer Weile.

Die wunderschönen Haar sind lauter Liebesseile.

Wer durch der Stirnen Glanz nicht wird in Euch verhetzt,

Wer sich den Lilien des Halses widersetzt,

Muß doch gewärtig sein, daß ihn der Blitz ereile,

Der von der bloßen Brust herstrahlt so unverdeckt.

So sprecht Ihr, und ist wahr, wer voll von Zunder steckt,

In dem kann auch ein Funk leicht großes Feur erregen.

Wer aber bei sich selbst, dies was Ihr so hoch acht’,

Die schöne Nichtigkeit und was Ihr seid, betracht’,

Den sollt Ihr, glaubt mir’s fest, zu keiner Brunst bewegen

Bin kein Experte, aber mir scheint das vorwiegend (nicht aber in Zeile 1)sechsfüßiger Jambus zu sein) - ohne Gewähr! Ist denn das Versmaß wichtig für die Interpretation des Gedichts? *


juliakk 
Beitragsersteller
 27.05.2011, 14:28

ja,war nämlich eine analyse, also doch nicht nur interpretation :) hm,also ich hab trochäus geschrieben :D aber danke trotzdem.

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Bswss  27.05.2011, 14:33
@juliakk

Die erste Zeile dürfte auch ein Trochäus sein...Bei Zeile 3 z.B. kann das aber nicht stimmen.

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fraeger  27.05.2011, 15:58
@Bswss

dies sind sechshebige jamben, auch die erste zeile. EUR, das dritte wort, ist eine komplett unbetonte silbe. was IST eur ZAR ter MUND...

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übrigens...versuch nicht gleich kopflos im internet was zu finden. lass das gedicht auf dich wirken und denk drüber nach. das führt zu größerem lernerfolg!