Verhindert der Mensch die natürliche Selektion bei der eigenen Spezies?

14 Antworten

Na, ja, keine einfache Frage!

Natürliche Selektion geschieht auf verschiedenen Ebenen:

  • durch Aussterben der nicht fitten (wohl das Gegenteil von survival of the fittest...)
  • durch soziologische bedingtes Kurzschluss-Verhalten (z.B. überhandnehmendes Aggressionsverhalten unter Dichtestress)
  • durch extern verursachtes Auslöschen ganzer Populationen durch ein Grossereignis

Es findet also sehr wohl statt. Die Frage ist nur: a) wie sieht das in der Realität aus (Beispiele?) und b) welche soziologischen und gesellschaftlichen Gegenmassnahmen werden getroffen, welche du dann als vom Menschen verhindert einstuffen kannst?

  • Beispiel für das erst Genannte: Nur der Mensch ist in der Lage, sich aufgrund von Standrortveränderungen sich nahezu komplett den veränderten Umgebungsbedingungen anzupassen. Er kann sogar auf den Mond reisen. Trotzdem ist die Antarktis und der Nordpol unbesiedelt. Würde der Mensch es trotzdem tun, würden die körperlichen Anforderungen in Kombination mit den technisch machbaren Unterstützungsleistungen womöglich zum Tode einiger Individuuen sorgen.
  • In mexikanischen Teilstaaten, in brasilianischen Favelas und in Südafrikanischen Slums, in Teilen Iraks und Afghanistans herrscht das totale Chaos und die Gewalt. In vielen Grossstädten herrschen Clans über ganze Strassenzüge oder Teilgebiete der Städte. Die dort lebenden Menschen schliessen sich entweder gewalttätigen Clans an oder kommen durch die Gewalt um.
  • Atomkatastrophen, der Einschlag eines grösseren Meteorits oder auch ein Nuklearschlag in einer kriegerischen Auseinandersetzung haben das Potential, ganze Populationen von Menschen in gewissen Regionen auszulöschen.

Die Gegenmassnahmen zu diesen Ereignissen liegen auf der Hand:

  • technisches Hochrüsten vor der Besiedlung der Pole. Das steht in der Waage mit den ökonomischen Gewinnen, die durch eine Besiedlung erzielt werden könnten
  • Zivilgesetze und paramilitärische Strukturen versuchen der Gewalt und Gesetzlosigkeit Herr zu werden - persönlich zweifle ich an einem diesbezüglichen Erfolg und diese Dinge haben m.M.n. das grösste Potential, dass die üblichen Regulierungsmassnahmen zur 'natürlichen Selektion' nicht greifen und ausgeschaltet werden.
  • Grossereignisse lassen sich bis zu einem gewissen Grad vorhersagen und die Reaktion der Menschen darauf planen. Trotzdem könnte ein Grossereignis eintreten, dass die 'natürliche Selektion' ad-absurdum demonstriert.

Ich überlasse es dir zu beurteilen, ob "der Mensch" als Kollektiv die natürliche Selektion (wie die auch immer aussehen mag) verhindert oder nicht.

Es kommt ein bisschen darauf an, was Du unter 'natürlich' verstehst. Gewiss: Der Mensch entscheidet bei der Partnerwahl nicht mehr nach Kriterien, die für das Überleben in der freien Natur entscheidend sind. Sein Sozialverhalten ist aber definitiv ein evolutionärer Vorteil. Wobei das Konzept des 'Survivial of the Fittest' nicht missverstanden werden darf: Die Evolution ist nicht zielgerichtet, sondern bedeutet nur, dass bestimmte Individuen besser zurecht kommen und überleben können. In unserer heutigen Gesellschaft ist es eben so, dass auch körperlich schwache Mitglieder mitgezogen werden. Auch weil wir eben nicht mehr dem Überlebenskampf in den Naturgewalten ausgesetzt sind. Die 'Zuchtwahl' - wenn man es denn so nennen möchte - wurde durch soziale und kulturelle Komponenten erweitert. Soziales Verhalten ist sexy und dient dazu in der Gesellschaft zu überleben. In diesem Sinne ist die 'natürliche Selektion' beim Menschen noch sehr aktiv. Eigenschaften, die das Überleben der Art sichern, sind nachwievor Teil der Partnerwahl. Eigenschaften, die dem gesellschaftlichen Frieden entgegenstehen, wie z. B. Egoismus, Habsucht, Gewaltbereitschaft usw. sind keine Eigenschaften, die anziehend wirken - auch wenn sie in freier Wildbahn von Vorteil wären.

Im Übrigen ist es nicht etwa so, dass Menschen mit Behinderung ihre Erkrankung weiter vererben. Das würde ja bedeuten, das körperlich gesunde Menschen nur gesunde Kinder zeugen. Damit müssten schon rein rechnerisch Behinderungen ausgestorben sein (weil es erheblich mehr 'Gesunde' gibt, die auch leichter einen Partner finden).

Ich habe vor einiger Zeit von einer Studie gelesen, bei der es um die Wirkung von Testosteron ging. Dort wurde gesagt, dass Testosteron dazu verleitet Ansehen und Macht in einer Gruppe zu erlangen. Während das bei Primaten dazu führt, dass diese mit Gewalt die Führung an sich reißen, hat ein Experiment, bei dem der Testosteronspiegel künstlich erhöht wurde, gezeigt, dass die entsprechenden Probanden sich sozialer und gerechter verhalten haben. Und zwar deswegen, weil das heute Eigenschaften sind, die uns soziales Kapital unter unseren Artgenossen verschaffen.

Und was ist dann mit dem Karma aus dem Vorleben?
Wer weiss denn, ob nicht ein behindertes Kind im Vorleben eine Mutter in Indien war, die ihr Mädchen verstuemmelte, damit es mehr Geld beim Betteln bekam. Vielleicht war der Vater oder die Mutter des behinderten Kindes im Vorleben Hitlers Seele.

Karma gleichen wir selber aus. Der Kirchengott bestraft uns nicht.


Monianka  12.08.2018, 04:10

Dann merkst du noch kein Karma. Ich merke es seit 17 Jahren sofort. und kann rückblickend auf mein Leben jetzt erkennen, was negatives und positives Karma und wofür, war, das aber da erst nach Monaten kam. Es gibt kein Glück oder Schicksal. Beobachte auch, dass Bekannte nach 2 bis 3 Jahren Karma bekommen. ____ Karma ist nicht ewige Gerechtigkeit, sondern Kausalitätsgesetzt: Ursache/Wirkung. ____ Es gibt nur das Alleinbewusstsein ewig. Der Rest ist Illusion. ____ Keiner wird das sagen, weil jeder seine Brötchen verdienen muss. Religion ist deshalb blind und Wissenschaft ist deshalb lahm. Wahrheit muss man suchen, dann findet man auch Gott. ____ Gruss und schönes Wochenende.

Wolfshuegel  11.08.2018, 19:18

Reinkarnations- und dazugehörige Karmasysteme sind menschliche Wünsche nach Sinn. Sie existieren im Grunde nicht und sind Vorgänger unserer heutigen Staatsordnung, die aus Regeln und Gesetzen besteht, nach denen sich zu richten ist.

Auch Schopenhauer irrte mit seiner "ewigen Gerechtigkeit"

Gruss.

Allein der Begriff "Selektion" ist verführerisch mißverständlich. Man verknüpft nämlich damit eine bewußte und absichtsvolle Handlung, die von Menschen vorgenommen wird, um einen bestimmten Zweck zu erreichen (ich selektiere in einer Speisekarte, auf einem Gebrauchtwagenmarkt, bei Heiratsannoncen etc.).

All das liegt bei der natürlichen Selektion nicht vor. Die "Natur" (eine der dümmsten Wortschöpfungen, nur noch durch das Attribut "Mutter Natur" getoppt) tut gar nichts. Sie hat keinen Verstand, keine Absichten, keine Härte und keine Milde.

In ihr überlebt all das, was momentan mit ihren Bedingungen verträglich ist. Das Adjektiv "natürlich" einem Vorgang zuzuordnen, den es so nicht gibt, ist mehr als gewagt.

Als Darwin diesen unglücklichen Begriff geprägt hat, hat er lediglich auf einen trivialen Sachverhalt hingewiesen, der bisher durch religiös fundierte Mythen verschleiert war.

Was hier und jetzt lebt, ist schon selektiert, sonst wäre es nicht hier. Worauf soll denn selektiert werden? Anaerober Stoffwechsel, damit wir auf dem Mond leben können? Ammoniakresistenz, um es uns auf Jupiter bequem machen zu können? Irgendwo und irgendwann sind wir immer Mängelwesen.

Es wird zwischen Technik und Biologie immer eine Co-Evolution geben. Beispiel: Wer sich Tierfelle anzieht, braucht nicht mehr so viel Energie mehr zu investieren, sich selbst ein Fell wachsen zu lassen. Wer das weiterhin tut, ist energetisch im Nachteil. Er muss diese Energie wieder reinholen. Dafür muss er öfter Essen also auch öfter Jagen gehen, was ihn noch mehr Energie kostet und noch mehr Jagdaufwand bedeutet. Wer länger oder öfter draußen ist zum Jagen, der hat ein höheres Risiko verletzt oder gefressen zu werden. Das trägt nicht positiv zu seinem Vermehrungserfolg bei. Oder man könnte die gesparte Energie auch nutzen, um mit dem gleichen Aufwand mehr Mäuler zu stopfen. Man kann sich also mehr Kinder leisten und verdrängt damit innerhalb weniger Generationen alle, denen noch überall Haare aus dem Körper sprießen.

Die Evolution ist nicht vorbei. Mit Technik verändern wir unsere Lebensumstände und die veränderten Lebensumstände erfordern eine biologische Anpassung.