Verhältnis in chemischen Reaktionsgleichungen?

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Moin,

puh, wenn ich das alles erklären soll, wird das aber ein etwas längerer Text. Bitte beschwere dich also hinterher nicht, dass der Text so lang ist...

Fangen wir mal ganz vorne an.

Bei chemischen Reaktionen reagieren Stoffe miteinander. Stoffe sind Materie und Materie hat einerseits ein Volumen, andererseits eine Masse.

Tja, und nun ist es so, dass bei chemischen Reaktionen keine Masse hinzu kommt und auch im Prinzip keine Masse verlorengeht (wenn wir den minimalen Anteil durch den Massendefekt einmal außer Acht lassen).

Das bedeutet, dass die Summe der Massen aller Ausgangsstoffe (Edukte) und die Summe der Massen aller Produkte gleich groß sind (»Gesetz zur Erhaltung der Masse«).

Soweit, so gut!

Nun gibt es in der Chemie eine eigene Sprache, die sogenannte Formelsprache. Das bedeutet, dass du zum Aufstellen von Reaktionsschemata einmal die Wortgleichung verwenden kannst (in der du erfährst, wer mit wem wozu reagiert).
Diese Wortgleichung übersetzt du dann in eine vorläufige Formelgleichung (bei der du nur die Wörter der Wortgleichung in korrekte Formeln sowie sonstige Symbole übersetzt).
Aber dann kommt das Gesetz zur Erhaltung der Massen ins Spiel. Deshalb musst du dafür sorgen, dass von jedem Elementsymbol in deiner vorläufigen Formelgleichung auf beiden Seiten des Reaktionspfeils jeweils die gleiche Anzahl vorkommt. Das bezeichnet man als Ausgleichen der vorläufigen Formelgleichung, was zum eigentlichen Reaktionsschema (der Reaktionsgleichung) führt.

Zu diesem Schritt ist noch anzumerken, dass es zwei verschiedene Zahlen bei Formeln gibt. Das eine ist eine Indexzahl. Sie ist tiefgestellt und steht - wenn es sie gibt - immer hinter einem Elementsymbol (oder einer Klammer). Ein Index bezieht sich dabei stets ausschließlich auf das direkt vor ihm Stehende!

Wenn du eine Formel mit ihren Indices erst einmal als korrekt herausgefunden hast, dann darfst du diese Formel später nicht mehr verändern, zum Beispiel indem du die Indexzahl veränderst. Das ist nicht erlaubt.

Und dann gibt es noch die sogenannten Faktoren. Sie stehen als groß geschriebene Zahlen immer vor einer Formel (sofern es sie gibt). Ein Faktor gilt dann für alle Elementsymbole (mit den jeweiligen Indices) in der Formel.

Machen wir das einmal komplett mit dem von dir geposteten Beispiel durch:

Wortgleichung:
Aluminium und Sauerstoff reagieren zu Aluminiumoxid.

Vorläufige Formelgleichung:
Al + O2 → Al2O3

Hierzu noch folgendes:
Aluminium hat das Symbol Al (das findest du im Periodensystem der Elemente, PSE). Da wir in der Chemie aber davon ausgehen, dass die kleinsten Teilchen einer Stoffportion Aluminium einzelne Aluminiumatome sind, ist auch die Formel von Aluminium Al (wie das Symbol).
Bei Sauerstoff ist das ein bisschen anders. Hier ist das Symbol O (auch das findest du so im PSE). Aber das Element Sauerstoff besteht nicht aus einzelnen Atomen, sondern die kleinsten Teilchen einer Stoffportion Sauerstoff sind zweiatomige Minimoleküle. Das heißt, dass sich immer zwei Sauerstoffatome zu einem Minimolekül vereinigen. Deshalb ist zwar das Symbol O, aber die Formel lautet O2.

Somit gehört Sauerstoff zu den sieben Ausnahmen im PSE, die nicht atomar, sondern in zweiatomigen Minimolekülen auftreten. Die anderen sechs Ausnahmen sind übrigens Wasserstoff, Stickstoff sowie die vier Halogene Fluor, Chlor, Brom und Iod.

Die Formel von Aluminiumoxid findest du nicht im PSE, weil dort nur Elementsymbole stehen, aber keine Formeln von Verbindungen.

Um nun die Formel von Aluminiumoxid herauszufinden, kannst du entweder irgendwo nachschlagen (in Büchern oder im Internet...). Oder du ermittelst die Formel selbst.

Beim Aluminiumoxid geht letzteres so:

Aluminium ist ein Metall. Metallatome haben in ihrer äußeren Schale nur wenige Außenelektronen. Die geben sie in chemischen Reaktionen bevorzugt ab, um in ihrer Atomhülle einen Edelgaszustand zu erreichen.

So ist es auch beim Aluminium. Als Atom hat es 13 Protonen (Plusladungen) im Kern (es steht im PSE auf Platz 13, hat also die Ordnungszahl 13 und somit auch 13 Protonen im Kern, weil gilt: Ordnungszahl = Protonenzahl).
Als ungeladenes Atom muss es diese 13 Plusladungen mit 13 Minusladungen ausgleichen. Deshalb haben Aluminiumatome auch 13 Elektronen in ihrer Hülle, denn dann gilt 13+ + 13– = 0 (wirksame Ladung).

Die nächstgelegenen Edelgase (8. Hauptgruppe im PSE ganz rechts) zum Aluminium sind Neon (Ne, Platz 10) und Argon (Ar, Platz 18).
Um eine Elektronenhülle wie das Neonatom hinzubekommen, müsste das Aluminiumatom also drei Elektronen loswerden (13 – 3 = 10).
Wenn es dagegen eine Elektronenhülle wie ein Argonatom erreichen soll, müsste es 5 Elektronen aufnehmen (13 + 5 = 18).
Nun ist aber die Abgabe von Elektronen ähnlich energieaufwendig wie die Aufnahme. Deshalb ist es für ein Aluminiumatom einfacher, drei Elektronen abzugeben als fünf aufzunehmen.

Aluminiumatome geben daher drei Elektronen ab, erreichen dadurch in ihrer Hülle eine energetisch besonders günstige Edelgaskonfiguration und werden dabei aber zu dreifach positiv geladenen Aluminium-Ionen (Kationen).

Letzteres liegt natürlich daran, dass die Abgabe von drei Elektronen immerhin drei Minusladungen weggibt. Danach hat das Aluminium-Teilchen dann nach wie vor 13 Protonen (Plusladungen) im Kern, aber nur noch 10 Elektronen (Minusladungen) in der Hülle (13+ + 10– = 3+).

Bei einem einzelnen Sauerstoffatom sieht es dagegen folgendermaßen aus: Sauerstoff steht im PSE auf Platz 8. Es hat daher acht Protonen im Kern und folglich (als ungeladenes Atom) auch 8 Elektronen in seiner Hülle.

Die nächstgelegenen Edelgase im PSE sind wieder Neon (Platz 10) und Helium (He, Platz 2).

Um eine Hülle mit 10 Elektronen wie ein Neonatom hinzubekommen, müsste ein Sauerstoffatom also zwei Elektronen aufnehmen (8 + 2 = 10).
Um auf eine Heliumhülle zu kommen, müsste es dagegen 6 Elektronen abgeben. Auch hier liegt es auf der Hand, dass Sauerstoffatome lieber zwei Elektronen aufnehmen (als sechs abzugeben).

Darum nehmen Sauerstoffatome also in chemischen Reaktionen gerne zwei Elektronen auf und erreichen dadurch die Edelgaskonfiguration von Neonatomen in ihrer Hülle. Aber durch die Aufnahme von zwei Elektronen werden die einstmals ungeladenen Sauerstoffatome dann zu zweifach negativ geladenen Sauerstoff-Ionen (Oxid-Anionen), weil 8+ + 10– = 2– ergeben.

Du hast also durch die Reaktion nun dreifach positiv geladene Aluminium-Ionen (Al3+) und zweifach negativ geladene Sauersoff- oder Oxid-Ionen (O2–) vorliegen.

Für die Formel des Stoffes Aluminiumoxid benötigst du nun das kleinstmögliche Verhältnis dieser beiden Ionensorten zueinander. Das Verhältnis muss dazu führen, dass keine der Ionenladungen unausgeglichen übrig bleibt.

Deshalb kann das Verhältnis nicht 1:1 lauten, weil dann die drei Plusladungen des Aluminium-Kations nur auf zwei negative Ladungen des Oxid-Anions treffen würden, so dass eine Plusladung unausgeglichen übrig bliebe.

Tatsächlich suchst du das kleinste gemeinsame Vielfache (kgV) von 3 (Plusladungen) und 2 (Minusladungen. Das kgV von 3 und 2 ist 6. Deshalb brauchst du zwei Aluminiumkationen und drei Oxidanionen, denn 2 • 3+ = 6+ und 3 • 2– = 6– und 6+ + 6– = 0.

Deshalb lautet die Verhältnisformel von Aluminiumoxid Al2O3.

Beachte, dass sich der Index 2 hinter dem Aluminiumsymbol nur auf das direkt vor ihm Stehende bezieht, also auf das Aluminium. Und genau das willst du ja auch ausdrücken, nämlich dass du von dem Aluminiumion zwei brauchst. Genau so ist das mit der Index-3 hinter dem Sauerstoffteilchen. Davon brauchst du 3 Stück und genau das drückst du mit dem Index 3 hinter dem Sauerstoffsymbol aus.

Somit erhältst du die oben stehende vorläufige Formelgleichung.

Aus dem Wort „Aluminium” wird die Formel „Al”, aus dem „und” wird ein Pluszeichen („+”). Aus dem Wort „Sauerstoff” wird die Formel „O2”. Der Ausdruck „reagieren zu” wird ein Reaktionspfeil („→”) und aus dem Wort „Aluminiumoxid” wird die ermittelte (oder herausgesuchte) Formel „Al2O3”.

Doch damit bist du ja noch nicht am Ende. Denn jetzt musst du noch dafür sorgen, dass auf beiden Seiten des Reaktionspfeils von jedem Elementsymbol jeweils die gleiche Anzahl vorhanden ist. Dafür musst du sorgen, weil nur so das Gesetz zur Erhaltung der Masse eingehalten werden kann.

Vorläufige Formelgleichung:
Al + O2 → Al2O3

Hier hast du links nur 2 x O (im O2), rechts dagegen 3 x O (im Al2O3). Darum suchst du auch hier das kgV von 2 und 3. Das kgV von 2 und 3 ist natürlich immer noch 6. Deshalb suchst du nun Faktoren vor den entsprechenden Formeln, die dazu führen, dass du jeweils links und rechts auf 6 x O kommst.
Dazu brauchst du links den Faktor 3 und rechts den Faktor 2. Die schreibst du jeweils vor die entsprechenden Formeln:

Al + 3 O22 Al2O3

Nun hast du schon einmal links und rechts jeweils 6 x O und damit die gleiche Anzahl.

Doch nun hast du links nur 1 x Al (im Al), rechts dagegen (2 • 2 =) 4 x Al (im 2 Al2O3). Deshalb benötigst du diesmal das kgV von 1 und 4. Das kgV von 1 und 4 ist selbstverständlich 4. Deshalb brauchst du vor den entsprechenden Formeln jeweils den Faktor, der dazu führt, dass du auf 4 x Al kommst. Das sähe dann so aus:

4 Al + 3 O21 • 2 Al2O3

Den Faktor 1 (vor dem 2 Al2O3) lässt man natürlich weg, weil einmal irgend etwas das irgend etwas selbst ist... So kommst du am Ende auf die Faktoren und das ausgeglichene Reaktionsschema

Reaktionsschema (Reaktionsgleichung):
4 Al + 3 O2 → 2 Al2O3

Alles klar?

LG von der Waterkant


Favorit4444 
Beitragsersteller
 09.06.2024, 14:43

Danke für die investierte Zeit. Weiter so 👍🏻

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Von Experte indiachinacook bestätigt

Man schreibt die Stoffe so auf, wie sie vorkommen.

  • Aluminium ist ein Metall, da ergibt es keinen Sinn, Atome zu Einheiten zusammenzufassen, man schreibt einfache Atome hin, Al.
  • Sauerstoff bildet Moleküle aus 2 Atomen, daher schreibt man diese auf, O₂.
  • Aluminiumoxid ist eine Ionenverbindung, mit Aluminium- und Oxidionen im Verhältnis 2:3, daher schreibt man die Verhältnisformel Al₂O₃, OHNE Leerzeichen.

Wenn die Formeln der Stoffe stimmen ist der Rest rechnen auf Grundschulniveau.

Beispiel: 4 Al + 3 O2 ➡️ 2 Al O3

Das kann schon mal nicht richtig sein, den rechts stehen insgesamt 2 Aluminium-Atome zu wenig. Wenn, dann:



Dann sind links und rechts insgesamt 4 = 2·2 Aluminium-Atome sowie 3·2 = 2·3 = 6 Sauerstoffatome.

Wenn man von einem "Verhältnis" spricht, muss man immer dazu sagen, was man in ein Verhältnis setzt (also als Bruch ausdrückt). Ist hier vom "Molverhältnis" der Ausgangsprodukte die Rede, dann ist das offensichtlich 4:3 (4 Mol Aluminium + 3 Mol Sauerstoffgas). Wäre vom "Massenverhältnis der Elemente" die Rede, wäre das unter Zuhilfenahme eines Periodensystems der Elemente, etwa 4·30 / 6·16 = 120 / 96 = 5/4 und redet man gar vom Atomzahlenverhältnis dann ist wäre das 4 / 6.

Lange Rede kurzer Sinn: Von welchem Verhältnis redest Du?


Favorit4444 
Beitragsersteller
 09.06.2024, 14:34

Ich meine das Stoffmengenverhältniss.

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evtldocha  09.06.2024, 15:51
@Favorit4444

Das ist dann gleich dem Molverhältnis (Mol ist die Einheit der Stoffmenge).

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