Vegan/Vegetarier und kategorischen Imperativ?
Lässt sich das Vegan/Vegetarier sein mit dem kategorischen Imperativ vereinen. Ich persönlich war verwirrt weil es ist ja eigentlich gut es zu sein aber es würde ja wegen ökologischen Gründen nicht gehen, dass alle so Leben würden. Müsste es dann nicht nach Kants Theorie moralisch falsch sein?
2 Antworten
Kant sieht das Dasein der Menschen als Zweck an sich selbst. Das heißt, dieses soll unbedingt gesichert werden.
Nun können wir die Argumentation so weit spinnen, dass wir sagen, nicht vegan sein ist existenzgefährdend, weil wir dadurch den Klimawandel vorantreiben.
Formulieren wir nun die Maxime: Ich ernähre mich vegan, und Schütze damit den Planeten und die Menschheit. Hier entsteht meiner Meinung nach kein Widerspruch. Wäre die ganze Menschheit vegan, würde dies zu keinem Problem führen. Es ist ein Fehlschluss, zu denken, dass man nicht alle Menschen vegan ernähren könnte.
Andersherum könnten wir sogar sagen, der Konsum von Fleisch gefährdet die Existenz der Menschheit, also kann ich das nicht wollen.
->isst jeder Fleisch, so kann bald niemand mehr Fleisch essen:)
Sicherlich ist die Antwort auf die Frage nie eindeutig und kann je nach Ansicht ganz anders beurteilt werden. Die Frage ist, wie weit man bei dem Thema ausholt.
In der heutigen Zeit gibt es glaube ich viele Themen, in denen der kategorische Imperativ nicht eindeutig sein kann, weil schwer zu entscheiden ist, inwiefern die Konsequenzen einer Handlung nicht doch in die Berechnung einfließen müssen. Natürlich geht es nicht um die Folgen, sondern darum, ob man es als vernünftiger Mensch wollen KANN.
Eben gerade bei der Existenzgefährdung (wenn wir diese als Argument zulassen) würde da aber ein Widerspruch bestehen.
—> ich kann eben nicht wollen, dass die Menschheit ausstirbt, weil es dann kein wollen mehr geben kann. Die Existenz der Menschheit ist nun mal die Grundlage für den kategorischen Imperativ.
Gerne höre ich dazu weitere Meinungen:)
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
Der kategorische Imperativ sagt nichts darüber aus ob eine Handlung richtig oder falsch ist. Die Entscheidung keine Tierprodukte zu konsumieren, muss für dich zum allgemeinen Gesetz werden können. Dann entspricht es Kants kategorischem Imperativ (was bei konsequenten Veganern ja der Fall ist).
Um ehrlich zu sein, so tief war ich im KI noch nicht drin. Du willst darauf hinaus, dass ein Vernunftmotiv fehlt? Ja das tut es. : )
Ja, ich habe mich sehr intensiv mit Kant auseinandergesetzt, und es war auch sehr schwierig, aber die Mühe ist es wert (ich persönlich bin ja dafür, dass die Wissenschaftstheorie einen Apriorismus als Unterbau bekommt, aber ja :') ).
Also ich wollte hauptsächlich darauf hinaus, dass der k.I. eine Handlung moralisch bewertet nach richtig und falsch, weil du oben meintest, dass der k.I. dies nicht tue.
Da kommen wir aber in ein ziemliches Dilemma. Aus heutiger Sicht gibt es tatsächlich keinen vernünftigen Grund mehr Tiere zu essen. Es ist in Anbetracht des Leides und der fehlenden Lebensnotwendigkeit sogar sehr unvernünftig.
Aus damaliger Sicht (Descartes) waren in den Köpfen Tiere noch biologische Roboter, die nur instinktiv aus Schmerz schreien. Ich vermute mal das hat Kant mit den unwürdigen Tieren ohne Rechte mitsamt dem religiösen Weltbild ein wenig übernommen. So gesehen ist es aus seiner Sicht vernünftig.
Ich glaube, ich zitiere es lieber nochmal, da du nicht ganz verstanden hast, was meine Grundaussage war:
Also ich wollte hauptsächlich darauf hinaus, dass der k.I. eine Handlung moralisch bewertet nach richtig und falsch, weil du oben meintest, dass der k.I. dies nicht tue.
Es war hier nirgendwo die Rede von Tieren. Ich spreche ausschließlich nur über den k.I. an sich und was dieser aussagt, weil sich bei dir oben ein Fehler eingeschlichen hat bzgl. dessen, was der k.I. über die Richtigkeit und Falschheit einer Handlung aussagt. Der k.I. wurde von Kant eben so konzipiert, dass er Handlungen moralisch nach richtig und falsch bewertet (ob dieser das auch korrekt tut, sei erst mal dahingestellt. Wie bereits erwähnt: Ich spreche jetzt nur im System Kant). Sonst wäre der k.I. völlig nutzlos.
Der k.I. wurde von Kant eben so konzipiert, dass er Handlungen moralisch nach richtig und falsch bewertet
Was wiederum davon abhängt, was er für "vernünftig" hält und ihn erst wieder nutzlos macht. Für mich ist der KI eine alltägliche ethische Hilfe, indem man sich fragt: Kann ich wollen, dass Handlung XY allgemeines Gesetz wird?
Aber wie gesagt, ich stecke noch bei Descartes fest. ;)
Was wiederum davon abhängt, was er für "vernünftig" hält und ihn erst wieder nutzlos macht.
So einfach ist das nicht, dass er einfach eine Handlung als "vernünftig" halten kann und *zack* geht das. Das klinge so als wäre es willkürlich und man könne eine Handlung einfach mal so als "vernünftig" bezeichnen. Dem ist natürlich nicht so, sondern eine Handlung ist an gewisse Kriterien gebunden, die erfüllt sein müssen (siehe Bedingungen nochmal oben), damit der k.I. darauf überhaupt anwendbar sein darf. Man muss sich da schon sehr intensiv mit Kant beschäftigen um das genauer zu verstehen. Es hat vor allem mit der Kategorientafel, der Urteilstafel; Allgemein der transzendentalen Logik zu tun.
Aber wie gesagt, ich stecke noch bei Descartes fest. ;)
Nun ja, dann hoffe ich erwachst du auch bald (wie Kant) aus deinem "dogmatischen Schlummer" (wie Kant selbst mal zu sich sagte) ;)
Für mich ist der KI eine alltägliche ethische Hilfe, indem man sich fragt: Kann ich wollen, dass Handlung XY allgemeines Gesetz wird?
Das ist soweit richtig, wenn eben die Handlung auch einem Vernunftmotiv folgt. Neigungen wie Mord, Quälerei, usw. sind keine Vernunftmotive und können daher niemals ein allgemeines Gesetz sein. Kant hat ja, wie erwähnt, an den entscheidenden Stellen leider an Worten gespart. Denn der k.I. muss vor allem intuitiv verstanden werden, weshalb er zahlreiche andere Formulierungen des k.I. in seinen Werken angefertigt hat. Kant hatte in seinem KrV verschiedene Formeln des k.I. aufgestellt, unter anderem die "Reiche-der-Zwecke" Formel, die nochmal genauer hervorhebt, was der k.I. überprüfen kann und was nicht:
"Demnach muß ein jedes vernünftige Wesen so handeln, als ob es durch seine Maximen jederzeit ein gesetzgebendes Glied im allgemeinen Reiche der Zwecke wäre."
Kant unterscheidet auch weitere Imperative, darunter apodiktische (das sind die hauptsächlich kategorischen), problematische und assertorische Imperative.
Ein (leider) großes Problem war schon damals, dass Kants extravagante Ausdrucksweise für allerlei Missverständnisse seiner Philosophie gesorgt hat (selbst bekannte Philosophen wie Schopenhauer haben Kants Texte häufig falsch interpretiert und verstanden). Erst viele Jahrhunderte später hatte man durch die Kant-Forschung (auch über Heuristik durch Briefwechsel, usw) sein Werk erst voll umfassend begreifen können... leider aber viel zu spät. Und man kann sich denken, dass diese Missverständnisse gravierende Spuren in der Geschichte hinterlassen haben.
Deine Anwendung des k.I. ist richtig, aber deine Antwort ist nicht ganz richtig hinsichtlich der Bedeutung des k.I. und was er über die Handlung aussagt. Denn doch, der k.I. ist eben gerade das Prinzip, das Kriterium bei Kant schlechthin um Handlungen darnach zu prüfen, ob sie moralisch gut (also richtig) sein können. (Ob der k.I. dazu gut geeignet ist, lasse ich hier mal außen vor, denn ich spreche jetzt nur im System Kant) Wie es bei Kant leider üblich ist hat er an den wichtigsten Stellen sehr stark abstrahiert und an Worten gespart und an den anderen Stellen sehr ausschweifend im Detail erläutert und erklärt.
Damit der k.I. richtig angewandt wird, müssen drei Bedingungen erfüllt sein,
1.) Keine inhaltlichen bzw. logischen Widersprüche
2.) keine Widersprüchlichkeit zur Bestimmung des guten Willens
3.) keine Widersprüchlichkeit der Maxime zur Bestimmung als unbedingtes Gebot
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A: "Ich ermorde meinen Nachbar, weil er so unfreundlich ist."
Wir müssen hier abstrahieren und erkennen, dass hier kein Vernunftmotiv vorliegt: "Ich ermorde meinen Nachbar aus einer Lust heraus" => Man handelt nicht vernünftig (sondern aus einer Neigung heraus, bei der das eigene bestimmte Empfinden als Grundlage für die Handlung genommen wird), folglich nicht nach dem guten Willen (denn nach Kant ist nur derjenige Wille gut, der nach den Gründen der praktischen Vernunft handelt und nicht nach Neigungen). => Der k.I. ist hier also nicht anwendbar und darf auch hier nicht angewendet werden.
Man könnte sicherlich vielleicht von sich aus wollen, dass alle ermordet werden und folglich auch man selbst, das bedeutet aber noch lange nicht, dass der k.I. keine Aussage darüber machen würde, ob die Handlung richtig oder falsch ist. Eben genau das tut er hier gerade über die Begründungskette. Folglich: Morden ist moralisch falsch.