Unverlangte Manuskripteinsendung oder Literaturagentur?

4 Antworten

Von Experte tinalisatina bestätigt

Nachwuchs-Autoren-Wettbewerbe sind eine gute Möglichkeit.

Wer da richtig gut abschneidet, hat gute Chancen, auch mal von Profis wahrgenommen zu werden.
Aber das gelingt natürlich nur ganz wenigen – nur den allerbesten.

Und all die anderen Hobby-Autoren, die da dauerhaft in der Masse untergehen, denen liefert es vielleicht die Erkenntnis, dass sie sich keine falschen Hoffnungen machen sollten.

Tatsache ist nun mal, dass es viel zu viele Hobbyautoren und viel zu viele Bücher von Hobbyautoren gibt. Wer soll die alle lesen?
Die meisten dieser Bücher landen niemals im Buchhandel, sondern werden bestenfalls von Verwandten/Freunden der Autoren gelesen und das war‘s.

Noch ein Tipp zu Nachwuchs-Autoren-Wettbewerben: Immer drauf achten, von wem der Wettbewerb ausgerichtet wird. Denn auch die betrügerischen Pseudo-Verlage, die unerfahrene Autoren abzocken, bieten solche (angeblichen) Wettbewerbe an, um neue Opfer zu finden.


Pseud000 
Beitragsersteller
 16.11.2024, 19:36

Ja, von diesen räuberischen Druckkosten-Zuschuss-Verlagen habe ich schon öfter gehört.

Mein Ziel ist gar nicht, das auch nur ansatzweise beruflich zu machen, ich plane eher beruflich auf die Verlagsseite zu wechseln.

Aus der Perspektive ist es toll, dass so ein Überangebot an (zumindest theoretisch) verlegbaren Material existiert - auch wenn natürlich die Bestseller rare Diamanten sind. Allein die Zahl der verlegten Bücher ist ja gigantisch.

Rubezahl2000  16.11.2024, 19:44
@Pseud000

Naja, dieses gigantische „Überangebot“, das hauptsächlich nur aus belanglosem Geschreibsel von irgendwelchen Hobbyautoren besteht, ist für das Verlagswesen keine Bereicherung, sondern macht es nur noch schwerer und aufwändiger, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Für wirklich gute Neu-Autoren ist es dadurch extrem schwer, überhaupt jemals wahrgenommen zu werden in dieser gigantischen Masse.

Pseud000 
Beitragsersteller
 16.11.2024, 19:51
@Rubezahl2000

Stimmt schon, aber wir haben halt eine gewisse Rate an "Juwelen" und die ist ja proportionale zu den Kohlen. Wenn wir jeden komplett entmutigen, verlieren wir auch die, die das Zeug dazu hätten.

Aber klar, die Arbeit der Verlage dahingehend ist sehr schwer. Daher wird soweit ich informiert bin eben oft an Literaturagenturen outgesourced. Außerdem kommt es schließlich auch auf die Zielgruppe an. Ich denke, mehr Leute haben das Zeug zu Romantasy-Autorin als zu wirklich anspruchsvoller Literatur wie sie im Feuilleton gelesen und besprochen wird. Einen Murakami finden wir schwieriger als eine Tracy Wolff (no offense an sie, die hat und wir bestimmt mehr erreichen als fast wir alle hier).

Ich bin überzeugt davon, dass ein wahres Genie seinen Weg an die Oberfläche finden würde, egal wie viel Schutt darüber ausgeleert wird.

Die Erfolgsaussichten in Hinblick auf eine Veröffentlichung durch ein klassisches Verlagshaus betragen grundsätzlich für einen neuen Autor höchstens rund 2 - 3 Prozent - und je jünger ein reiner Hobby-Autor ist, umso unwahrscheinlicher die Veröffentlichung.

Es gibt nun drei realistische Möglichkeiten für Neuautoren:

Möglichkeit eins: Die allerschwierigste: Du googlest gezielt nach Publikumsverlagen, die auch dein Schwerpunktthema in ihrem Sortiment bedienen. (Es ergibt natürlich keinen Sinn, z.B. mit einem Piraten-Roman an einen Verlag für Sportliteratur heranzutreten.) Dann sieht die weitere Vorgehensweise wie folgt aus: Du sendest dem Lektorat "blind" eine Leseprobe deines fertigen Werks zu (also niemals das vollständige Manuskript ! Der Tipp "schick dein Manuskript an einen Verlag" wäre direkt der erste Anfängerfehler!) Bedeutet: Rund 30 Buchseiten, idealerweise natürlich die besten, nicht zwingend der Buchbeginn. Diese müssen komplett fehlerfrei und korrekturgelesen sein, sonst wandern sie sofort in den "Rundordner" .

Füge der Leseprobe noch ein Exposé plus Inhaltsverzeichnis bei - und dann heißt es abwarten und Tee trinken, denn auf keinen Fall darfst du im Nachgang hinterher telefonieren. "Quengeltelefonate" mögen Verlagshäuser nämlich überhaupt nicht, (denn die ersticken im Regelfall an unverlangt eingereichten Manuskripten - und gehen daher eher etwas "genervt" an neue Projekte). Damit macht man sich möglicherweise eine Tür zu, die bereits einen Spalt breit geöffnet war. No-Go! Die Spielregel lautet: Man meldet sich entweder bei dir - oder man tut es eben nicht, was dann ebenfalls einer Absage gleichkommt. Für dich als Neuling bedeutet dies, dass du überdurchschnittlich gut sein musst, so dass deine Leseprobe das Lektorat geradezu "umhaut". Doch ist dies durchaus möglich, wenn auch nur mit geringen Chancen, denn sonst gäbe es ja überhaupt keine neuen Autoren wie zum Beispiel den Lehrersohn Bastian Bielendorfer mit seinem damaligen Newcomer-Bestseller "Lebenslang Pausenhof". Kalkuliere ruhig bis zu 50 Absagen ein, ist wie eine Bewerbung. Aber mit etwas Glück kommt ja von Nr. 51 eine Zusage!

Möglichkeit zwei: Self-Publishing. Hier nimmst du alle Fäden in die Hand und musst dich selbst um Layout, Textgestaltung und Korrektur sowie auch Preiskalkulation und Vertrieb kümmern. Wichtig ist für Dich ist aber zu wissen, dass eine weitere Vermarktung des gleichen Werkes über einen Publikumsverlag dann kaum noch möglich ist. Dieser Weg wäre dann in den meisten Fällen versperrt. Aber es wäre ein gangbarer Einstieg für das erste Werk. Verkauft sich dieses einigermaßen, so wäre das eine gute Referenz für einen Publikumsverlag, wenn du dein zweites Buch veröffentlichen möchtest. Nachteil: Es tummeln sich inzwischen eine Menge Schund und Mist am mittlerweile fast unüberschaubaren Markt der Self-Publisher, so dass selbst ein tatsächlich gutes Buch auf diesem Weg schnell untergeht, nicht beachtet wird und in der Versenkung verschwinden kann.

Möglichkeit drei - und hier bitte aufgepasst, damit du gewarnt bist:

Du gehst einem so genannten Druckkostenzuschuss-, Bezahl- oder Pseudo-Verlag auf den Leim. Der Ablauf sieht dann aus wie folgt: Du schreibst ein solches Unternehmen (eher aus Versehen) an und bekommst binnen weniger Tage einen salbungsvollen Brief, dass man von deinem Werk absolut begeistert sei - und die so genannte "Lektoratskonferenz" eine Veröffentlichung auf jeden Fall unterstützt - wenn du eben dafür bezahlst. Diese Schreiben sind äußerst manipulativ und geschickt formuliert, und so manch ein hoffnungsfroher Hobbyschriftsteller fühlt sich zum allerersten Mal wirklich ernstgenommen, doch kann ich dazu nur sagen: Vorsicht - Falle! Diese "Verlage" würden jeden Schulaufsatz und jeden Einkaufszettel veröffentlichen, wenn man dafür zahlt. Und da geht es gerne um Summe zwischen 1.500,- und 30.000,- (!) Euro, die der Autor blechen soll. So arbeitet aber kein seriöses Verlagshaus, das vielmehr das unternehmerische Risiko zu tragen hat und daher selbst mit allen Kosten in Vorlage geht (diese können durchaus in Höhe des Preises für einen Kleinwagen liegen, deswegen sind seriöse Verlage auch recht wählerisch bei ihrer Auswahl) und nach Ablauf einer festgesetzten Frist das Honorar an den Autor ausbezahlt - nach Abhängigkeit der Anzahl der bis dahin verkauften Bücher (im Regelfall sind das rund 10 Prozent des Verlagsumsatzes). Ein Pseudo-Verlag muss aber keine Bücher mehr verkaufen, denn das Geld ist über den naiven Schreiberling ja bereits verdient. Diese Verlagshäuser erkennt man im Netz leicht an der Werbung "Verlag sucht Autoren", was in der Realität nicht vorkommt (!). Die angepriesenen Vertriebsleistungen dieser Häuser kann man eher als schleppend bis nachlässig bezeichnen; die Druckerzeugnisse vergammeln irgendwo auf Halde - und in den Redaktionen der Tagespresse kennt man seine Pappenheimer bereits. Bücher aus Druckkostenzuschussverlagen wandern sofort ins Altpapier.

Good Luck!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ausgebildeter Verlagskaufmann, Sachbuchautor

ClaudiaMM  01.12.2024, 21:32

das bedeutet, sobald ich es online stelle über b.o.d. oder amazon selbstverlage, ist das ein no go für (bekanntere) Verlage, und ich habe keine chance mehr bei einem seriösen Verlag genommen zu werden? Das heißt, länger dran bleiben und wirklich bei vielen Verlagen an der Türe klopfen, bevor man es am Ende im Eigenverlag versucht?? Danke!

Pseud000 
Beitragsersteller
 22.11.2024, 09:20

Vielen lieben Dsnk, leider kann ich dir den Stern nicht mehr geben, da ich den bereits vergeben habe bevor du geantwortet hast. Sonst wäre der aber definitiv fällig gewesen.

Darf ich noch fragen, ob diese Programmplanerin, von der ich gesprochen habe, recht hatte oder ob das anders ist? Welche Rollen spielen Literaturagenturen besonders für nicht etablierte Schriftsteller? Wie in etwa sehen die Anteile an Akquisen über Literaturagenturen vs "Direktbewerbungen" aus? Ich bin sehr interessiert an den Funktionsmechanismen innerhalb eines Verlags, auch weil ich gerne mal dort arbeiten würde (Autor sein wäre auch schön, aber am Entstehen der Bücher anderer beteiligt zu sein, wäre auch spannend.

Als ich mein erstes Manuskript fertig hatte, wollte mir ein Freund gutmütig einen Verlag raussuchen und hätte mich auch fast an einen Druckkostenzuschussverlag gebracht, was fürchterlich gewesen wäre.

Ich habe auch gehört, dass manche Autoren wegen der langen Sichtungszeiten von bis zu 6 Monaten gerne schon ihr Exposé zu einem Roman an Verlage schicken, während sie noch in Schreibprozess sind, mit dem Gedanken, dass das Buch kurz nach den Antworten des Verlags fertig sein würde. Wie gängig ist das?

Außerdem finde ich es immer beruhigend, wenn man sich erinnert, dass J.K. Rowling auch zuerst von sieben Verlagen oder irgendeiner Zahl dieser Größenordnung abgelehnt wurde mit ihrem Harry Potter Manuskript.

Oder die Programmplanerin die versäumte, bei dem Buch, das später "Er ist wieder da" sein sollte, mitzubieten, weil sie die Idee zu heikel fand (Hitler-Satire). 1 Mio. verkaufte Exemplare hat sie sich durch die Lappen gehen lassen ...

Petekramer  22.11.2024, 10:26
@Pseud000

Puuh, das klingt beinahe nach einer Diplomarbeit, all diese Fragen erschöpfend zu beantworten. Lass mich dies daher ein wenig abkürzen:

Positionen wie "Programmplaner" gibt es hauptsächlich in Großverlagen. Und ein Neuling sollte nach Möglichkeit zunächst davon Abstand nehmen, blind Großverlage anzuschreiben. Der Grund dafür liegt darin, dass solche Verlagshäuser nahezu ausschließlich über Agenten mit etablierten Autoren zusammenarbeiten; du hast kaum eine Chance als Neuling, dort Fuß zu fassen. Verlage wollen halt Geld verdienen und setzen aufgrund dessen eher auf sichere Einnahmequellen. Bei einem Sebastian Fitzek oder einem Frank Schätzing muss sich kein Verleger am Ende Gedanken über Absatzprobleme machen.

Mit meinem Sachbuch hatte ich Glück, indem ich bei einem mittelgroßen Publikumsverlag quasi "offene Türen" eingerannt bin. Zwei Tage nach Versand meiner Leseprobe meldete sich der Chef des Hauses persönlich telefonisch bei mir und bekundete Interesse an einer Zusammenarbeit. Klar, da knallten erstmal die Korken! Aber man muss aus dem Teppich bleiben: Erstauflage 4.500 Exemplare, das ist ein nettes Taschengeld nebenher, aber leben könnte davon kein Mensch.

Ich kann daher nur empfehlen, den Weg über kleinere Verlagshäuser zu suchen, die gerade nicht mit den Bestseller-Autoren zusammenarbeiten (können). Dazu ist auch kein Agent nötig, der sich zumeist ebenfalls nicht gerne an Neuautoren die Finger verbrennen möchte (denn auch sein Honorar ist erfolgsabhängig über die Umsatzzahlen des Buchverkaufs).

Wenn du erstmal in das Veröffentlichen reinschnuppern möchtest, kann ich dir Schreib-Wettbewerbe empfehlen. Wenn dein Text veröffentlicht wird, kannst du so einerseits Erfahrungen mit dem Lektorat sammeln. Vorausgesetzt dein Text erhält ein Lektorat. Manche Verlage die Ausschreibungen veranstalten, sparen am Lektorat. Das bekommt man vorher aber leider nicht mit und ist somit eine Wundertüte. Andererseits kannst du später den Verlagen und Agenturen eine Bibliographie vorlegen. Das zeigt den Leuten im Verlag / in der Agentur, dass du es ernst meinst mit dem Schreiben.

Wie vorher schon in den Antworten hier erwähnt wurde, gibt es ein Überangebot von Texten und die Verlagshäuser werden regelrecht damit überschüttet. Daher konzentrieren sich die Verlagslektoren auf die Meinungen von Literaturagenten. Aber selbst diese werden mit Manuskripten überrannt.

Am Ende ist es eine Kostenfrage für den Verlag (Lektorat, Korrektorat usw.). Ein Debüt mit 700 oder mehr Normseiten unterbringen zu können, wird schwierig. Daher würde ich für den Anfang auf kürzere Texte setzen. Was auch ratsam ist: nicht für den Markt oder die breite Masse zu schreiben. Nur weil gerade romantische Fantasy angesagt ist, kann das nächstes Jahr schon wieder vorbei sein. Verlage planen ihr Programm Jahre im voraus. Daher schreibe, was dir gefällt und hinter dem du zu 100% stehst.

Bester Weg ist dran bleiben. Bewirb dich bei Wettbewerben oder Anthologien. Immer weiter machen, Agentur finden geht dann, wenn du schon ein paar Veröffentlichungen hast. Bewirb dich einfach auf alles was ausgeschrieben ist. Schreib spezeille Sachen dafür. Und dann musst du mit deinem Shit überzeugen. Hör zu, es gibt da draußen tausende Leute, die hervorragende Prosa schreiben und wirklch erzählen gut erzählen können. Wer davon leben kann, das ist letztendlich reines Glück.