Unterschied- Polykondesation / Polymerisation

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Moin,

ergänzend sei noch hinzugefügt, dass bei der Polymerisation im engeren Sinne Reaktionen gemeint sind, bei denen Monomere mit C=C-Doppelbindungen oder (seltener) C≡C-Dreifachbindungen miteinander reagieren. Die Reste sind irgendwelche Substituenten. Wenn zum Beispiel R1 bis R4 am C=C-Grundgerüst alle Wasserstoff sind (Monomer: Ethen), erhältst du als Produkt einer Polymerisation Polyethylen (PE), sind drei der Reste Wasserstoff und der vierte Chlor (Monomer: Chlorethen), dann erhältst du als Produkt Polyvinylchlorid (PVC) und wenn du dreimal Wasserstoff und einmal einen Benzolring hast (Monomer: Phenylethen), kommt Polystyrol (PS) heraus. Die Polymerisation kann dann radikalisch oder ionisch (kationisch oder anionisch) in gang gesetzt werden. Ausschlaggebend ist jedenfalls, dass bei einer Polymerisation i.e.S. die zugrundeliegende funktionelle Gruppe die Kohlenstoff-Kohlenstoffmehrfachbindung ist.

Bei einer Polykondensation reagieren dagegen Monomere, die (mindestens) bifunktionell sind, das heißt, dass zwei verschiedene funktionelle Gruppen im Spiel sind, die sich miteinander verknüpfen lassen müssen (wobei ein kleineres Molekül wie H2O oder HCl abgespalten wird).

So bilden Dicarbonsäuren (zwei Carboxygruppen, -COOH, in einem Molekül) und Diamine (zwei Aminogruppen, -NH2, in einem Molekül) unter Abspaltung von Wasser Polyamide mit vielen Amidbindungen (-CO-NH-; Biologen bezeichnen diese Verknüpfung auch als Peptidbindung, weil sie in Proteinen die Verknüpfungsmethode zwischen Aminosäuren ist). Letzteres weißt darauf hin, dass die beiden funktionellen Gruppen an den Monomeren nicht identisch sein müssen. Anstelle der Dicarbonsäure und der Diamine kannst du auch zwei Aminosäuren (eine Aminogruppe und eine Carboxygruppe in einem Molekül) einsetzen. Es entstehen in beiden Fällen Polyamide, nur die Reihung ist leicht verschieden: NNCCNNCC-Typ oder NCNCNCNC-Typ.

Lässt du statt dessen Dicarbonsäuren mit Dihydroxy-Kohlenwasserstoffen reagieren, erhältst du wieder unter Abspaltung von Wasser Polyester.

Schließlich kannst du auch anstelle der Dicarbonsäuren Disäurehalogenide einsetzen. Dann erhältst du je nach Reaktionspartner wieder Polyamide oder Polyester, nur dass diesmal als niedermolekulares Teilchen HCl abgespalten wird.

Was nun die Polyaddition angeht, so werden hier Monomere eingesetzt, die sich ohne Abspaltung von niedermolekularen Stoffen zu Polymeren verbinden. Im Grunde gilt das für die oben erwähnten C-C-Mehrfachbindungen, aber in der Regel spricht man dann von Polymerisation i.e.S. und von Polyaddition, wenn Monomere eingesetzt werden, die wie bei der Polykondensation mindestens bifunktionell sind und die funktionellen Gruppen andere sind als ungesättigte C-C-Mehrfachbindungen.

Ein typisches Beispiel sind die Polyurethane, bei denen Diisocyanate (Monomere mit zwei Isocyanatgruppen, -N=C=O) und mindestens zweiwertige Alkohole (zwei Hydroxygruppen, -OH, im Monomer) eingsetzt werden. Dabei entsteht eine -NH-CO-O-Verknüpfung, bei der eine Wanderung des Wasserstoffs (von der Hydroxygruppe zum Stickstoff) stattfindet. Das ist typisch für Polyadditionen.

Die andere große Gruppe der Polyadditionen sind die Epoxidharze. Aber dazu kannst du dir ja selbst ein Beispiel heraussuchen.

Fazit: Polymerisation i.w.S. ist der Oberbegriff für Reaktionen, bei denen aus kleineren Molekülen (Monomeren) große, langkettige Makromoleküle (Polymere) entstehen.

Polymerisationen i.e.S. sind Reaktionen, bei denen ungesättigte Kohlenwasserstoffstoffverbindungen radikalisch oder ionisch zu Polymerisaten vereinigt werden. Beispiele: PE, PVC, PS.

Polykondensationen sind Reaktionen, bei denen unter Abspaltung kleinere Moleküle wie Wasser mindestens bifunktionelle Monomere zu Polykondensaten vereinigt werden. Beispiele: Polyamide, Polyester.

Polyadditionen sind Reaktionen, bei denen ohne Abspaltung von kleineren Molekülen mindestens bifunktionelle Monomere zu Polyaddukten vereinigt werden. Beispiele: Polyurethane, Epoxidharze.

So, das war's, was mir zum Thema einfällt. LG von der Waterkant.

Korrektur: Polyurethan entsteht durch Polyaddition aus Di- oder Polyisocyanaten und Polyolen; letztere lassen sich unterteilen in Polyetherole und Polyesterole. Polyisocyanurat ist ein Spezialfall der PU-Chemie. Man spricht von Polyaddition, da bei der PU-Polymerisation kein Wasser entsteht. Ensteht Wasser, spricht man von Polykondensation. Davon zu trennen ist die radikalische Polymerisation, mit der z.B. Polystyrol hergestellt wird. Polyamid-Faser wie Nylon oder Perlon wird durch Polykondensation hergestellt; Polyamide werden aber auch als Werkstoff, insbesondere im Automobilbau, eingesetzt.

Genau wie jobul schon feststellt:

Polymerisation heißt der übergordnete Begriff; er bedeutet eine Reaktion bei der aus kleinen Molkelülen, den Monomeren, eine Riesenmolekül, das Polymer, entsteht.

Also, man kann jede Verknüpfung von vielen Monomeren als Polymerisation bezeichnen, aber es gibt verschieden Reaktionsmechanismen und Reaktionsabläufe, abhängig von den verwendeten Monomeren, den Reaktionsbedingungen, Katalysatoren usw....

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Um diese in Klassen zusammenzufassen und exakt zu bezeichnen, verwendet man detailliertere Benennungen wie Polyaddition, radikalische PM, Polykondensation usw....

Polymerisation ist der Oberbegriff für Reaktionen. die zu Polymeren führen. Polyaddition ist eine davon.


Dollmminode 
Beitragsersteller
 07.03.2011, 10:29

achso ... aber man unterscheidet doch bei chemischen Fasern/synthetischen Polymeren zwischen diesen drei Begriffen ... zum beispiel wurde Polyethylen zur Polymerisation zugeordnet ... wobei es ja auch Polyaddition sein könnte, und Polyurethan wurde zur Polyaddition zugewiesen ... wieso?

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PeterJohann  07.03.2011, 11:37
@Dollmminode

PU entsteht durch Polymerisation von Isocyanuraten und Polyolen.

Der Polymerisationstyp ist die Polyaddition, weil sich die Monomere durch Reaktion der funktionellen Gruppen miteinander zu dem Polymer "aufaddieren" (der Reaktionsmechanismus der dem zugrunde liegt heißt "nukleophile Addition" (das Nukleophil attackiert eine Verbindung mit Mehrfachbindung und wird dieser zugefügt = addiert).

Es ist keine Ploykondensation, weil kein kleineres Molekül (z.B. H2=) abgespalten wird.

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