Umgang Tod im Altersheim?
Ich arbeite in einem kleinen Altenheim in Deutschland mit ca 35 Bewohnern. Ich bin im 2.Lehrjahr als Altenpfleger. Seit Weihnachten letzten Jahres sind bei uns 5 Bewohner verstorben. Eine habe ich geholfen zu "rüsten". ( Entschuldige, ich finde kein passendes Wort) Nun ich verdränge meist diese Gefühle die ich habe. Es ist nicht immer leicht Bewohner gehen zu lassen. Besonders wenn man sie gemocht hat. Ich weiss auch nicht was ich Angehörigen sagen soll oder mich von Sterbenden verabschieden soll. Die examinierten und auch die Hilfskräfte scheinen immer zu wissen was sie sagen und ich fühle mich dann so dumm. Vor ein paar Tagen ist eine Bewohnerin überraschend gestorben die ich sehr gemocht habe. Sie wurde morgens tot aufgefunden. Ich weiss nicht wie ich damit umgehen soll meine einzige Strategie ist verdrängen. Ich kann so schlecht über Gefühle sprechen. Ich empfinde es unheimlich schwer auf jemanden zu zugehen und mit der Person darüber zu sprechen. Als ich das 1.Lj begonnen hatte, sind auch mehrere Bewohner gestorben. Was mich Anfangs sehr geschockt hat. Ich habe vorhin ein einjähriges Praktikum in einem anderen Altenheim gemacht und dort ist in der Zeit nur jemand gestorben. Den Bewohner habe ich auch gesehen. Es war der erste Tote. Nun hat es mich ziemlich geschockt als in meinem Lehrberuf mehrere Bewohner in kurzer Zeit verstarben. Es kamen Gedanken wie: " Die machen etwas falsch. " Ich habe nie jemand draufhin angesprochen. Ich wusste natürlich später das diese Gedanken nicht wahr waren. Ich habe auch gedacht das Morphin Leute umbringt. Oder besser gesagt, dass sie davon schneller sterben. Ich weiss/wusste das sie gegen Schmerzen waren. Weshalb ich damals nichts gesagt habe? Ich wusste nicht wie. Ich habe mich nachher für diese Gedanken geschämt denn alle machen ihre Arbeit wirklich sehr gut. Im Ende März 2016 ist eine Bewohnerin verstorben die ich sehr mochte. Mittlerweile bin ich drüber hinweg. Ich war gerade noch im 1.Lj. Es waren zwei andere Pflegenden drin und "rüsteten" sie. Ich bin hineingegangen. Was ich nachher bereut habe. Ich musste gleich wieder rausgehen da ich sonst geheult hätte. Ich war denn ganzen Tag und auch am nächsten Tag ziemlich traurig. Ich konnte nicht ihren Namen sagen ohne das ich einen Kloss im Hals bekam. Ich kam mir auch ziemlich dumm vor da ich sie nur 7 Monate kannte und die anderen viel länger. Ich habe eine Hilfskraft gefragt ob das normal ist das ich so traurig bin. Sie sagte Ja und hat verständnisvoll reagiert. Ich hatte noch Wochen später Probleme sie tot aus meinem Kopf zu bekommen. Das habe ich niemandem gesagt. Sie war der erste Mensch der gestorben ist und denn ich sehr gemocht habe. Das klingt vielleicht komisch aber ich hatte Privat keine Erfahrungen. Ich weiss nicht wie ich darüber reden soll und womit ich anfangen soll. Könnt ihr mir irgendwelche Tipps geben wie ich am besten damit umgehen kann? Mir gefällt der Beruf und es ist nicht nur der Umgang mit Verstorbenen.
14 Antworten
Habt ihr jemanden im Betrieb, zu dem Du ein gutes Verhältnis hast und mit dem oder der Du darüber noch mal reden kannst? Es hilft allgemein, über seine Gefühle zu sprechen. Und: Du bist noch am Lernen, Du musst und sollst noch nicht abgebrüht und professionell sein.
Häufig mit dem Tod konfrontiert zu sein ist in Pflegeberufen sicher "normal", aber allgemein nicht, und daher ist es auch kein Wunder, dass Du dich damit schwer tust.
Wie damit umgehen? Ich denke, am Ende ist das einzig mögliche, es zu akzeptieren. Wenn Du es nicht tust und jedes mal einen persönlichen Schicksalsschlag erleidest, wenn ein Bewohner stirbt, dann wirst Du den Job nicht lange machen können und wirst dabei auch nicht glücklich sein.
Also Tipp Nummer 1: such dir jemanden, mit dem Du darüber sprechen kannst. Wenn es ein konfessionelles Altersheim ist, vielleicht auch jemanden von der geistlichen Seite?
Mit der Zeit lernt man mit dem Tod besser umzugehen, aber der Zeitpunkt das es einem nichts ausmacht kommt nie. Wenn doch, ist man so abgestumpft das man besser in dem Beruf nicht mehr arbeiten sollte. Bei einem fällt es einem leichter, bei einem andren schwerer. Sprich mit jemanden dem du vertraust. Nimm die auch ruhig eine kurze Auszeit und atme kurz durch.
Am Anfang habe ich immer kleine Karteikarten im Spind gehabt. Wenn einer gestorben ist, habe ich nach Feierabend mir auf diesen immer einmal positives (kleine Anekdoten, nette Begebenheiten u.ä.) aufgeschrieben und auf einer anderen die negativen Sachen die mich im Zusammenhang mit dem Tod geschäftigen. Die positiven habe ich mit genommen die negativen habe ich im Spind gelassen.Wenn ich dann traurig wurde, habe ich mir nur die positiven durchgelesen.
Du solltest Dich einmal informieren, ob es keine regelmäßigen Mitarbeitergespräche gibt, wo auch diese Themen besprochen werden.Ideal wäre es , wenn in regelmäßigen Abständen auch ein Fachpsychologe telnehmen würde.Wie hier schon geschrieben wurde, würde ich an Deiner Stelle das Gespräch mit dem Leiter bzw.der Leiterin suchen, sowie auch mit erfahrenen Kollegen sprechen.Beobachte das mal über einen längeren Zeitraum und frage Dich dann, was genau Dir an diesem Beruf gefällt.Das Positive sollte m.E. überwiegen.
Ja Dein Beruf konfrontiert Dich mit dem Tod, aber auch mit dem Rest von erfülltem Leben..
Vielleicht hilft es, sich zu vergegenwärtigen, dass sich ein Kreis geschlossen hat, der mit der Geburt sich stetig zu schließen begann .
Es ist doch eigentlich schön, das Du einem Menschen so Nahe stehen konntest, um jetzt um ihn zu trauern ja auch um ihn zu weinen .
Für mich besteht Deine Aufgabe darin den Menschen, die auf deine Hilfe angewiesen sind, das verbliebene Leben so angenehm wie möglich zu gestalten.
Lebensmut bis zum Schluß - ein Grund das Leben bis zur bitteren Neige (wirklich) geniessen zu können.
Wenn Du ein gutes Gefühl im Umgang mit deinen zu Betreuenden hast und Ihnen Freude und Zuversicht für das was kommt vermitteln kannst, hast Du deinen Teil zu ihrem erfüllten Leben beigetragen .
Bleibe ein freundlicher und zuversichtlicher Mensch und mache Dir bewusst das Du dort leben und sein musst, um weiter begleiten zu können .
Anders kannst Du doch gar nicht damit umgehen - ansonsten bleibt Dir nichts anderes übrig als den Beruf zu wechseln. Wie schade für diejenigen die Dich so lieb gewonnen haben .....
Bleib wie Du bist mitfühlend, ehrlich und stumpfe nicht ab.
Wie schrecklich für einen (alten) Menschen, der kurz vor seinem Lebensende steht, wie Schmutz oder überflüssiger lästiger Abfall behandelt zu werden....
Danke für deine Frage! Ich habe etwa 20 jahre lang, beruflich als diplomierter krankenpfleger und sozialpädagoge sterbebegleitung gemacht. Dabei bin ich bei etwa 30-40 menschen wärend ihres sterbens bis zu ihrem tode anwesend. Ich habe bei einigen sehr mitgelitten, bei anderen war ich ziemlich ruhig dabei. Ich mag mich nicht mehr an jeden dieser menschen erinnern. Häufig war ein grosses problem für mich die betreuung der angehörigen. Ich habe nach solchen todesfällen manchmal gedichte geschrieben:
Grad erst hab ich dich gesehen,
Und jetzt sitze ich im Zug nach Haus,
Mit zehn Minuten Verspätung.
Diese zehn Minuten sind Zeit
An dich zu denken,
Geben mir die Chance
Nur zehn Minuten
Lang zusätzlich.
Zehn Minuten verloren
Zehn Minuten geschenkt,
Unwesentlich
Zeitlos bist du da,
Ich rauche die Zigarette zu Ende
Und denke nur an Dich.
Danke! Ich hatte ein 18 jähriges Mädchen zu betreuen. Ich war gesund, sie krank. Sie hatte AIDS. Sie war eine wunderschöne junge Frau. Mit kohlrabenschwarzen Haaren, Kurzhaarfrisur. Ihr blasses Gesicht war anmutig geformt, ihr Körper völlig ausgemergelt von der Krankheit. Sie konnte nicht mehr ohne Hilfe gehen, sie lag meistens im Bett. Es ging ihr mies. Es war Sommer. Draussen begann es zu regnen, ein warmer Sommerregen. Das Mädchen sagte zu mir: "Trage mich raus auf den Balkon! Ich möchte noch einmal klatschnass werden vom warmen Sommerregen!" Ich hob sie aus dem Bett, sie war kaum mehr 30 Kilo schwer. Ich trug sie ganz weit hinaus auf den Balkon, dorthin wo es am meisten hineinregnete. Wir waren nach einigen Minuten bis auf die Unterwäsche völlig durchnässt. Dann sagte sie zu mir: "So es reicht!" Ich trug sie wieder hinein. Ich trocknete sie ab. Ich zog ihr trockene Kleider an. Ich legte sie ins warme Bett. Dann ging ich meine Kleider wechseln. Ich ging zurück zu ihr und setzte mich an ihr Bett. Sie erzählte mir, dass sie ihre Krankheit vor zwei Jahren, als sechzen jähriges Mädchen eingefangen habe. Sie sei von zuhause abgehauen. Sie sei dann irgendwie in St. Pauli, in Hamburg, angekommen. Sie habe dort ihren Körper verkauft. Ohne Gummi habe sie halt mehr für ihre Dienste bekommen. - Das Mädchen starb kurz danach an einer Lungenentzündung.
Dunkle Augen
Dunkle schwarze todgeweihte Augen blicken mich lachend an,
Du bist das Mädchen das ich pflege.
Du klammerst dich an meine Schultern.
Wer trägt dich und blickt zurück
In deine stolzen fragenden Augen?
Wer schaut zurück und fragt nach mehr?
Du erzählst mir dein untragbares Leid.
Komm hinaus in den warmen Sommerregen!
Unsere Blicke treffen sich
Voller Lebensdurst.