Technische Arbeit=0?

1 Antwort

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet
Wenn Wt12=0 wäre könnte ich nach W2 umstellen und mein ergebnis wäre korrekt

Was ja schon mal ein enorm starkes Indiz wäre.

aber meine Frage ist, ist Wt wirklich 0??

Dann schauen wir uns den Begriff "Arbeit" einfach mal etwas genauer an:

Arbeit ist mechanische Energie, die die Systemgrenze überschreitet. Entweder wird dabei die Systemgrenze verschoben (z.B. der Kolben in einem Motor) oder sie wird in Form von Wellenarbeit (z.B. bei einer Turbine) abgegeben. Beides ist bei einer Düse aber nicht der Fall. Wenn wir die Düse selber als Systemgrenze definieren, gibt es keine mechanische Arbeit, die diese Systemgrenze überschreitet und daher ist Wt = 0 genau richtig.

Anders sieht es aus, wenn wir ein Volumenelement innerhalb der Düse als System betrachten würden. An diesem Volumenelement wird Arbeit verrichtet. Es wird verschoben und dabei sogar beschleunigt. Die mechanische Arbeit, die an diesem Element verrichtet wird, steckt anschließend als kinetische Energie in diesem Element. Diese Betrachtungsweise bzw. Defintion einer Systemgrenze brauchst du für deine Aufgabe aber nicht, da kannst du die ganze Düse als System betrachten. Die Betrachtung einzelner Volumenelemente würde man benötigen, wenn man z.B. in einem Simulationsprogramm die Vorgänge innerhalb der Düse näher betrachten möchte.

Fazit: dass bei einer reversiblen Düse die Enthalpie des Gases in kinetische Energie umgewandelt wird ist korrekt und beabsichtigt, denn diese kinetische Energie des Gases erzeugt den Impuls, der Raketen zum Fliegen bringt. An einem Wärmeaustausch oder der Abnahme von technischer Arbeit ist bei einer Düse niemand interessiert. Deshalb ist die Düse der ideale Antrieb für eine Rakete und nicht etwa eine Turbine oder ein Kolbenmotor.

Zum Abschluss noch ein kurzer Ausflug zur Methodik der Thermodynamik. Selbst viele Physiker können sich mit der Themrodynamik nie so wirklich anfreunden. Ein Grund dafür ist der, dass die Methodik der TD eine völlig andere ist als sonst in der Physik. Während die sonstige Physik analytisch vorgeht, ist die Methodik der TD eine gesamtheitliche. Wir betrachten in der TD immer nur Gesamtsysteme, deren Gesamtzustände und was an den Systemgrenzen passiert. Was im Inneren eines Systems passiert, ist uns völlig egal. Ein System ist sozusagen eine black box, deren Inneres uns nicht interessiert. Das gleicht dann teilweise einem Blindflug, weil wir nur den Anfangs- und den Endzustand betrachten und nicht, was dazwischen passiert. Das erzeugt bei vielen Leuten ein ungutes Gefühl. Das lässt sich aber leicht verdrängen im Bewusstsein, dass man sich damit viel Arbeit und Hirnschmalz sparen kann. Bei dir wäre dieses ungute Gefühl daran festzumachen, dass dir irgendwie die Arbeit fehlt. Aber wire du gesehen hast, wenn man die Sache vom Gesamtsystem her betrachtet, fällt die innere Arbeit, die an den Volumenelementen verrichtet wird, durch die gesamtheitliche Betrachtungsweise einfach unter den Tisch, ohne das Ergebnis zu verfälschen. Das widerstrebt dem Physiker, aber erfreut den Thermodynamiker.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Habe Thermodynamik im Hauptfach studiert.

BlindeKuh1 
Beitragsersteller
 26.09.2023, 12:21

Gibt es technische Arbeit denn nur bei Pumpen ? Zu diesem Begriff finde ich sehr wenig und unterschiedliche Bezeichnungen.

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Hamburger02  26.09.2023, 13:02
@BlindeKuh1

Technische Arbeit gibt es im Prinzip bei allen Wärmekraftmaschinen (Motoren, Turbinen etc.) sowie bei allen Arbeitsmaschinen. Überall, wo sich etwas dreht, gibt es im Prinzip technische Arbeit.

Die technische Arbeit ist sozusagen das Pendant bei offenen Systemen zur Volumenänderungsarbeit bei geschlossenen Systemen, wie die Enthalpie für offene Systeme das Pendant zur Inneren Energie bei geschlossenen Systemen ist.

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