Sollte Schwimmunterricht an Schulen abgeschafft werden?
Bitte lest den Text, denn es geht nicht um den Schwimmunterricht an sich.
Erst einmal vielen Dank an Hannah. Für diese Frage konnte ich selbst sehr ausgiebig mit einer Betroffenen reden, die sich wünscht, dass es keinen (verpflichtenden) Schwimmunterricht für höhere Jahrgangstufen gibt. Die Betroffene möchte gerne anonym bleiben, weshalb ich ihr den Namen Hannah gebe.
Hannah ist 15 Jahre alt und geht auf ein Gymnasium in Niedersachsen. In der 10. Klasse gibt es an ihrer Schule erneut Schwimmunterricht, den es auch in der 5. Klasse gegeben hatte. Damals hatte sie, wie auch noch heute, sehr viel Spaß am Schwimmen. Allerdings hat sie vor kurzem gegen genannten Schwimmunterricht protestiert, da es ihr unangenehm ist vor ihren Mitschüler*innen leicht bekleidet Sport zu betreiben. Zudem fühlt sie sich sehr unwohl in ihrem Körper und bevorzugt längere oder weitere Kleidung. Zudem findet sie, dass ein solcher Zwang eine Verletzung der Menschenwürde und des Selbstbestimmungsrechts darstellen würde. Auch andere Mitschüler*innen sprechen sich gegen den Schwimmunterricht in der Ober- und Mittelstufe aus. Sie halten diesen als nicht mehr notwendig, wenn bereits in den Jahren zuvor Schwimmunterricht angeboten wurde. Der Lehrer von Hannah weigert sich, die 15 Jährige vom Schwimmunterricht zu befreien, da dies seiner Meinung nach "Nicht anders als Sportunterricht" sei. Den Mut mit ihren Eltern zu sprechen, hatte Hannah mühselig aufgebracht, jedoch konnten ihre Eltern ihre Ängste und das Unwohlsein nicht nachvollziehen. Da Hannah erst 15 Jahre alt ist, verfügt sie über keinerlei Bestimmungsrecht über die Befreiung vom Sportunterricht. Sie wünscht sich eine generelle Aufhebung des verpflichtenden Schwimmunterrichts ab der Mittelstufe und beruft sich dabei auf die sämtlichen Schüler*innen, die ihrem Vorschlag zustimmen.
Hannah ist kein Einzelfall.
Ich bedanke mich für das Gespräch und freue mich, falls ihr mir schreibt und auch eure Geschichte erzählt.
Obwohl viele Schüler*innen sich gegen den verpflichtenden Schwimmunterricht an Schulen aussprechen, gibt es auch viele Gegenstimmen. Ein wichtiges Argument in dieser Debatte ist zum Beispiel, dass einige Schüler*innen zuhause wenig Förderung erhalten und dringend das Schwimmen erlernen müssen. Zudem bietet das Erlernen von Tauch- und Schwimmfähigkeiten eine erhöhte Sicherheit im Alltag. Außerdem meint die Gegenseite, dass Individualinteressen nicht den gesamten Schwimmunterricht verhindern sollten und diese auch individuell gelöst werden sollten. Welcher Meinung seit ihr? Gibt es vielleicht eine Maßnahme, bei der alle Seiten bedient werden oder sollte der verpflichtende Schwimmunterricht an Schulen ab der Mittelstufe gänzlich abgeschafft werden?
Das Ergebnis basiert auf 70 Abstimmungen
24 Antworten
Wenn du willst das Schwimmunterricht in höheren Jahrgängen abgeschafft wird frage nicht nach der Abschaffung des Schwimmunterrichts an sich.
Schwimmen ist nicht nur etwas was spaß machen kann und als gelenkeschonender Sport taugt wo man sich nicht verletzt sondern obendrein eine Fähigkeit die nützlich sein kann.
Es sterben auch immer wieder Teenager weil sie eben nicht schwimmen können und der Überzeugung sind das sie das auch so hinbekommen.
In der Abwägung der von Dir genannten Aspekte mit denen, die dafür sprechen, sind die Pro-Argumente eindeutig wertiger, da die mangelnde Sicherheit eindeutig schlimmer als das von Dir genannte ist.
Die Argumente für eine nicht-Verpflichtung sind halt hanebüchen. Auch in der Mittelstufe gibt es die Schüler, die nicht oder nicht richtig schwimmen können. In einigen Ländern, wie z. B. Hamburg, gibt es aber auch gar keinen Schwimmunterricht in der Mittelstufe.
Ja, die Contra-Argumente sind wegen der Zeichenbegrenzung ein wenig kurz gekommen und dafür muss ich mich entschuldigen. Ich hoffe ich habe mit meinem Kommentar nicht allzu offensiv geklungen. Eine Abschaffung des generellen Schwimmunterrichts mag nicht zweckerfüllend sein, allerdings ist die Frage, ob die Verpflichtung dazu trotzdem weiter bestehen sollte.
Du wiederholst dich; ein drittes Mal brauchst Du dich nicht zu entschuldigen. Warum eine Verpflichtung sinnvoll erscheint, habe ich in meinem Beitrag je bereits ausreichend dargestellt.
Schwimmunterricht mit 15 ist eh zu spät. Der sollte im 3./4. Grundschuljahr sein.
Sportunterricht mit Schwerpunkt Schwimmen ist auf jeden Fall vernünftig. Er hilft unter anderem damit, genau die Schwierigkeit zu bearbeiten, die du oben nennst.
Eine Vermeidung wäre Flucht - und damit löst man keine psychischen Probleme, sondern verstärkt sie nur.
Also, in der Mittelstufe, ja. Dafür sollte er in Grundschulen in Klasse 1 und 2 verpflichtend und wirklich als Schwimmkurs im Sinne der Schwimmvereine angeboten werden! Und zwar auch verpflichtend für den Staat, also, dass von öffentlich-kommunaler Seite ausreichend Möglichkeiten geschaffen und erhalten werden müssen, um wirklich allen Kindern so einen "Grundkurs" anzubieten, ohne Schlupflöcher, ohne Ausreden, ohne "leere Kassen" als Gegenargument!
Was gerade bei Mädchen, heutzutage schon teilweise ab 10 Jahren und somit Klassenstufe 4, nämlich auch noch hinzukommen kann: die Periode. Die ist mit Schwimmunterricht nur mit der Nutzung von Tampons machbar. Und wer will ein 10jähriges Kind bitte dazu zwingen, so einen zu verwenden? Oder sie dem in diesem Alter hochnotpeinlichen Moment aussetzen, zu erklären, weshalb sie nicht teilnehmen kann?
Meine persönliche Erfahrung mit Schwimmunterricht in der Mittelstufe war zudem auch die, dass es absolut nicht mehr um die genannten Sicherheitsaspekte ging, sondern auch nur um "Höher, schneller, weiter" anhand von Tabellen, mit absolut negativen Effekten in vielerlei Hinsicht für diejenigen, die diese Leistungen nicht erbringen konnten. Gut, 90er Jahre, neue Bundesländer, Lehrerin ehemalige DDR-Leistungssportlerin - da hatte der Sportunterricht insgesamt ohnehin so eine ganz spezielle Note...
Vielen Dank für deinen Kommentar und dass du den Text richtig verstanden hast.
mit absolut negativen Effekten in vielerlei Hinsicht für diejenigen, die diese Leistungen nicht erbringen konnten
Das aber ist doch generell in jedem Fach so.
Finde das auch richtig so. Wenn jemand erst im Arbeitsleben feststellt, dass ihn Minderleistungen zum Sozialfall machen können, war die Schule eher keine gute Vorbereitung.
Sportunterricht hat allerdings eine etwas andere Zielsetzung als die anderen Fächer in der Schule. Es geht dabei um die Gesunderhaltung der Menschen, indem ihnen Freude an der Bewegung vermittelt wird. Oder vielmehr: es sollte genau darum gehen! Schließlich ist das für jeden Menschen in jedem Beruf wichtig, nicht nur für die, die körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten verrichten oder gar mit Sport ihren Lebensunterhalt finanzieren.
Genau dieser Aspekt ist es aber, der zumindest in der Art von Sportunterricht, wie ich sie erlebt habe, absolut abgetötet wird - und das vor allem bei denjenigen, die es umso nötiger hätten, eben weil sie nicht so gut darin sind, Bewegungsabläufe instinktiv hinzubekommen oder bereits im Kindesalter ein paar Kilos zu viel mit sich herumtragen, die es auch nicht einfacher machen. Wenn hier dann noch oben drauf die schlechte Note, der abschätzige Blick des Lehrers und die Lästereien der Mitschüler kommen, ist quasi vorprogrammiert, dass diese Menschen in ihrem zukünftigen Leben einen großen Bogen um jede Form der sportlichen Betätigung machen - und dadurch allerlei gesundheitliche Probleme bekommen... Man könnte fast sagen, diese Art des Sportunterrichts ist Körperverletzung.
Das Talentscouting im Sport findet eben nicht im Sportunterricht statt. Und mit der 1 in Sport auf dem Abizeugnis kann man sich auch nicht beim FC Bayern als Azubi zum Fußballprofi bewerben ;).
Ich anerkenne deine Argumentation und möchte nichts davon als falsch abtun.
Mein Blickwinkel ist dennoch ein anderer.
Ich befürworte eine ganzheitliche Ausbildung, die auch im Fach Sport ein modernes Leistungstraining in verschiedenen Sparten anbietet, natürlich gestaffelt nach den Fähigkeiten der Kinder in Leistungsgruppen. Das Fach soll voll bewertet werden.
Die pädagogischen Bedenken, dass Kinder pauschal Schaden nehmen, wenn sie sich nicht für die Spitzengruppe qualifizieren, teile ich nicht. Ärgern ja, leiden womöglich, aber das Leben ist halt kein Ponyhof, und die Schule die Vorbereitung darauf.
Ich möchte nicht, dass Kinder darauf geprägt werden, dass im Fall von Zweifel, Angst oder Versagen eine Stop-Taste gedrückt und die Regeln geändert werden.
Auch deine Argumentation kann ich durchaus nachvollziehen! Ich finde ebenfalls, dass man Kindern und Jugendlichen nicht mit auf den Weg geben sollte, dass sie jede Schwierigkeit vermeiden können oder ihnen gar Hürden aus dem Weg geräumt werden.
Allerdings würde ich deinem Ansatz noch hinzufügen, dass es dabei sehr wichtig wäre, den Kindern, denen es schwerer fällt, Angebote rund um Hilfestellung zu machen, die ihnen die nötigen Wege und Mittel aufzeigen, ihre Schwierigkeiten zu überwinden. Und natürlich sollte jede Form von Abwertung durch Lehrkräfte und Mitschüler dabei strikt unterbunden werden.
Ich mein, auch das ist ja etwas, was sich in der Arbeitswelt zunehmend ändert :). Moderne Mitarbeiterführung setzt ja auch zunehmend auf Wertschätzung, Befähigung und Förderung / Nutzung von Stärken, nicht mehr auf Autorität und Bestrafung :). Und das nicht, weil plötzlich alle Personaler idealistische Gutmenschen geworden sind, sondern weil es sich betriebswirtschaftlich schlichtweg für das Unternehmen lohnt, wenn die Mitarbeiterfluktuation abnimmt und die Leistungen der Mitarbeiter steigen, weil sie dort eingesetzt werden, wo sie gut sind und mit allen Mitteln und Informationen gut ausgestattet werden, die sie brauchen, um ihre Arbeit zu verrichten :).
In anderen Fächern spielt aber der Körperbau keine Rolle. Deutsch, Mathe oder Geschichte kann jeder lernen, der eine mit etwas mehr, der andere mit weniger Übung.
Bei Sport ist es einfach unfair, einem kleinen Schüler eine 5 reinzudrücken, weil er den Basketball nicht trifft. Oder weil ein Jugendlicher mit 100 Kilo keine vier Meter im Weitsprung schafft (was schon rein physikalisch gar nicht funktionieren kann).
Blödsinn ist es auch, Nichtschwimmern eine 6 zu geben. Eine 6 ist eine ungenügende Leistung, sprich derjenige schwimmt zu langsam oder kann nicht tauchen. Bei Nichtschwimmern gibt es aber gar keine Leistung, die in irgendeiner Form bewertet werden kann! Das ist vergleichbar, wie wenn bei der Bahn ein Zug komplett ausfällt. Nicht fahrende Züge haben auch keine Verspätung. Ergo nichts, was statistisch irgendwie erfasst werden kann.
Was gerade bei Mädchen, heutzutage schon teilweise ab 10 Jahren und somit Klassenstufe 4, nämlich auch noch hinzukommen kann: die Periode. Die ist mit Schwimmunterricht nur mit der Nutzung von Tampons machbar. Und wer will ein 10jähriges Kind bitte dazu zwingen, so einen zu verwenden? Oder sie dem in diesem Alter hochnotpeinlichen Moment aussetzen, zu erklären, weshalb sie nicht teilnehmen kann?
Dazu kann ich nur sagen, dass es nicht peinlich sein sollte, etwas ganz normales zu haben. Es ist nur für viele Peinlich, weil sie sich dafür schämen. Aber warum? Es ist etwas ganz normales, was jedes Mädchen und jede Frau einmal im Monat hat.
Man kann darüber offen sprechen ohne sich dafür zu schämen!
Grundsätzlich natürlich absolut korrekt und auch voll mein persönlicher Umgang damit! Aber gerade weil ich damit als inzwischen 38 jährige, gestandene Frau so umgehe, merke ich eben auch, dass es gesamtgesellschaftlich eben noch lange NICHT so weit ist ;). Und umso weniger würde ich von einem jungen Mädchen, was gerade all diese Veränderungen und Neuerungen rund um ihren Körper erlebt und damit erst mal selbst klarkommen muss, erwarten, diesen Umgang schon zu haben und mit dem "Gegenwind" zurecht zu kommen :).
Ich will nicht sagen, dass deine Aussage falsch ist, aber wie soll man lernen darüber normal zu reden, wenn damit umgegangen wird, als wäre es ein Tabu-Thema?
Es ist aber nicht Aufgabe der jungen Mädchen bei ihrer ersten Periode, diese Änderung herbeizuführen, sondern eben die von erwachsenen, gestandenen Frauen wie mir.
In Zeiten wie diesen, wo ciele Schwimmbäder schließen, können viele Kinder nicht mehr schwimmen, sind also Nichtschwimmer.
Wenn sich also eine Möglichkeit ergibt, warum sollte man sie nicht ergreifen. Nachteile sehe ich keine, im Gegenteil, man lernt ja wieder etwas.
In der 10. Klasse lernt keiner mehr schwimmen - im Gegenteil, da dürfen Nichtschwimmer gar nicht mehr mit ins Hallenbad (fehlende zweite Aufsichtsperson).
In Bezug auf die Grundschule gebe ich dir recht, aber darum geht es in der Frage nicht.
Ich wollte die Contra-Argumente eigentlich noch ausführen, aber der Platz unter der Frage hat nicht genügt. Es geht ja auch ausschließlich um den zwingenden Schwimmunterricht an Schulen ab der Mittelstufe und nicht um ein generelles Abschaffen des Schwimmunterrichtes. Tut mir Leid, dass der Aspekt der Sicherheit nur eine so kleine Gewichtung erhielt. Ich glaube, dass Schwimmunterricht für jeden sinnvoll und wichtig ist, allerdings müssen wir darüber streiten, ob dieser verpflichten für jeden sein sollte.