Soll ich Schule wechseln?
Hallo,
Erstmal danke wenn das jemand komplett liest. Ich habe kurz vor Weihnachten herausgefunden das ich eine Teilbegabung habe (im logischen denken bin ich stark im Hochbegabtenbereich). In den anderen Bereichen bin ich im Durchschnitt. Meine Eltern fragen mich jetzt die ganze Zeit ob ich nicht auf eine Hochbegabtenschule wechseln möchte. In Mathe ist es so das mir wirklich immer langweilig ist auch wenn wir in der selben Stunde ein Thema neu angefangen haben weil ich es sofort verstehe. Aber in z.B. Französisch bin ich richtig schlecht und jetzt schon überfordert. Ich musste noch nie viel für gute Noten lernen bis jetzt (oft habe ich nichts gemacht). Deshalb fehlt mir in Fächern wie Französisch das Grundwissen. Mir ist aber auch aufgefallen dass ich wenn ich nur ein bisschen lerne alles relativ schnell verstehe. An meiner jetzigen Schule fühle 8ch mich aber sehr wohl, alle meine Freunde sind dort die Lehrer sind nett und ich kann jeden Tag sagen dass ich mich auf die Schule freue. Trotzdem bin ich in mehreren Bereichen einfach unterfordert. Würdet ihr Schule wechseln?
Danke wenn ihr euch das komplett durchgelesen habt.
2 Antworten
Hey Welt 123,
ich bin Rabenmond und besuche seit ca. 1,5 Jahren eine Hochbegabtenzug an einer sonst herkömmlichen Schule. Vlt. können dir meine Erfahrungen ja weiterhelfen. :)
Der erste und wohl auch einer der wichtigsten (und nervigsten) Punkte ist, dass man für das Beitreten in solch einen Zug meist einen IQ-Test mit einem Ergebnis von 130+ vorweisen oder dort vor Ort machen muss (manche Schulen akzeptieren keinen IQ-Test außer ihren). Du musst nicht in allen Bereichen über 130 sein, aber insgesamt muss es sich so ausgleichen, dass dein Durchschnitts-IQ im Bereich der Hochbegabung liegt.
Ich weiß nicht, in welchem Bundesland du wohnst, aber bei uns gibt es relativ wenige Schulen, sodass sich mein Schulweg beispielsweise auf über 3h (1h hin und 2h zurück, danke für nichts an der Stelle liebe DB) täglich beläuft. Für mich hat das bis zur 9. Klasse auch funktioniert, aber für die Oberstufe werde ich wahrscheinlich wieder auf ein herkömmliches Gymnasium in der Nähe wechseln, da mir der Weg einfach zu viel Zeit klaut.
Damit kommen wir auch schon zum nächsten Punkt: Die meisten Hochbegabtenzüge laufen nur bis einschließlich 10. Klasse, ab der Kursstufe wird diese aufgelöst (macht ja auch Sinn).
Zum Alltag in einer solchen Klasse lässt sich sagen, dass die Klassenstärke meist nur halb so groß ist wie die in den Parallelklassen, die Lehrer können also viel besser auf einen eingehen, es ist ruhiger, man kennt alle sehr viel besser, usw.. Außerdem hat man auch oft ein zusätzliches Fach, genannt Enrichment, in dem man z.B. Theater spielt, etwas baut o.ä.. Dieses Fach wird nicht benotet und dient zur Förderung und Forderung unserer Begabung. Ist echt ganz cool. Wir haben aber auch nicht mehr Unterricht, die beiden Stunden für Enrichment werden von Mathe und Deutsch abgezogen, so arbeiten wir den Stoff dort auch schneller durch.
Generell hat eine solche Klasse natürlich höhere Ansprüche, d.h. für eine mündliche 1 muss man sehr sehr sehr viel mehr tun, da sich alle ununterbrochen melden etc.. Trotzdem wird im Zeugnis meistens nicht vermerkt, dass man in einer Hochbegabtenklasse ist. Diese hohen Ansprüche gibt es natürlich in allen Fächern, also auch in Sprachen. Da musst du dir überlegen, ob es dir das wert ist.
An sich kann ich immer empfehlen, vor einem Schulwechsel ein paar Tage zu hospitieren, um zu schauen, ob das was für einen ist. Und auch wenn deine Eltern im Moment mega davon begeistert sind, dich auf solch eine Schule zu schicken, ist es am Ende immer noch deine Entscheidung, und wenn du glücklich bist, bleib einfach auf deiner jetzigen Schule. :)
VG
Rabenmond
Eine "Hochbegabtenschule" nimmt in der Regel ihre Schüler:innen nach ganz klaren Kriterien auf. Teilleistungsstärken sind zwar sehr vorteilhaft in der Bildungskarriere, reichen aber oft nicht, um an solchen Schulen aufgenommen zu werden.
Ich persönlich würde nicht die Schule wechseln. Wenn du dich in deiner aktuellen Situation wohl fühlst, Freunde hast, gut mitkommst, aber auch mal für Erfolg arbeiten musst, dann ist das genau richtig für dich. Ein Schulwechsel - egal mit welchem Ziel - birgt Risiken und sollte nicht überstürzt angegangen werden.
Ich selbst bin hochbegabt, meine Eltern und einige Lehrer:innen haben diesen Verdacht auch früh geäußert (es aber auch aufgrund meiner sozialen Integration nie für notwendig erachtet, mich zu testen oder anderweitige Konsequenzen folgen zu lassen) und ich bin mit recht gutem Erfolg durch die Schule und das Studium gekommen.
In der Arbeitswelt angekommen fehlt mir weniger die akademische Brillianz als mehr die Disziplin, an langwierigen Routineaufgaben rumzuwerkeln. Hier würde ich eher empfehlen, in einem Verein ein Ehrenamt zu übernehmen. In den letzten Jahren, wo ich das Vereinsleben bei Mensa mitgestalten durfte, konnte ich lernen, für Aufgaben und Projekte Verantwortung zu übernehmen. So etwas gibt dir der normale Unterricht in der Schule nicht und ich habe auch meine Zweifel, ob das eine Hochbegabtenschule besser macht. Aber in der Arbeitswelt ist das eine entscheidende Fähigkeit.