Sind Menschen mit ÄVPS besonders betroffen zur Lockdownzeit?

5 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Liebe/r Jeshua30

Du stellst eine gleichermassen wichtige wie auch spannend Frage. Die Antwort darauf ist wiederum bei weitem nicht so leicht. Dazu gehören nämlich gleich mehrere Punkte:

  • Heterogenität der betroffenen Menschen
  • Komorbide (Persönlichkeits)störungen
  • Behandlungs- und Interaktionseffekte
  • Subjektive vs. Objektive Wahrnehmung
  • Langzeiteffekte bzw. Messungsverzögerung (Timelag)
  • uvm.

Heterogenität der betroffenen Menschen

Während man in der Statistik leicht von "Menschen mit (...) Persönlichkeitsstörungen" sowie "Menschen ohne (...) Persönlichkeitsstörungen", gestaltet sich das reale Leben meist ewas anders.

Die Ausprägung sowie insbesondere deren Wirkung hängt auch stark mit dem Rest der Persönlichkeit und Person, weiteren Umständen (subjektive Wahrnehmung der Krise, bestehende Kontakte trotz Lockdown wie z.B. MitbewohnerInnen und Familie, angewendete Coping-Strategien, Medikamente, etc.) ab.

Zudem sollte man auch wissen, dass je nach Perspektive eine Diagnose meist nicht an (rein) objektiven Massstäben gestellt, sondern auch durch (subjektive) Erfahrungswerte verfeinert werden muss. Oder auch andere Punkte als die reine Ausprägung relevant sind, namentlich z.B. der Faktor, ob eine Störung auch zu (subjektiven) von der / dem PatientIn oder deren Umfeld festegestellten "kosten" führt.

Kurzgesagt: Problem #1 zur beantwortung: Die "Masse der Personen mit (...) Persönlichkeitsstörung ist nicht homogen".

Komorbidität

Ähnlich wie der obere Punkt kommt hinzu, dass gewisse Persönlichkeitsstörungen gehäuft mit weiteren, komorbiden Erkrankungen auftreten. Das bedeutet, dass eine Krankheit nicht für sich alleine / geschlossen auftritt, sondern auch weitere Krankheitsbilder erkennbar sind, die nicht nur die Diagnose und Therapie (z.T. massiv) verändern, sondern auch die Reaktion auf neue Umstände wie der hier genannte Lockdown / Isolation.

Behandlungs- und Interatkionseffekte

Sobald eine Diagnose steht (und somit auch eine Aufnahme in eine repräsentative Studie zum Verhalten dieser bei einem Lockdown durchgeführt werden kann), folgt in der Regel zumindest für eine gewisse Zeit eine Therapie, die - je nach Therapeuten - gewisse Copingstrategien, Umgangsformen oder Linderung(en) etabliert. In anderen Worten: Die Person wurde so "manipuliert", dass sie nicht mehr rein nach ihrer Persönlichkeitsstörung und Charakter reagiert. Natürlich können auch so gewisse Schlüsse gezogen werden, das Resultat, ob bzw. wie fest diese Menschen darunter leiden, wird allerdings aller Wahrscheinlichkeit verfälscht sein.

(Studien durchzuführen, welche potenziell gesundheitsgefährende Elemente an einer oder einem ProbantIn erkennen und diese dann nicht behandeln bzw. zur behandlung anbieten, werden in der Regel von der zuständigen Ethikkommission abgelehnt. Das Wohl eines Menschen für Erkenntnisse zu gefährden ist also eher schwierig - aus moralisch wahrscheinlich für alle nachvollziehbaren Gründen.)

Subjektive vs. objektive Wahrnehmung

In einer 2020 veröffentlichten Publikation wurde zwar festgestellt, dass die Subjektive Einsamkeit gestiegen ist, gleichzeitig aber auch festgestellt, dass die effektiven Indikatoren für Belastungen (wie u.a. Angstzustände und Depressionen) kaum anstiegen. Bzw. auch wenn gewisse (potenzielle) Symptome verstärkt entdeckt werden konnten, sich auch diese nicht im Umfang einer effektiven Erkrankung vorfanden.

Kurzum: Auch wenn es hier in der Studie nicht direkt um deine Frage ging, die Erkenntnisse sind wichtig: Subjektive und Objektive Werte müssen nicht zwingend übereinstimmen. Ob die Erkrankten nun stärker betroffen sind oder nicht, hängt unter anderem auch vom angewendeten Massstab und Forschungsmethode ab.

Langzeitproblematik - weil gute Studien meist Zeit brauchen

Zuletzt ist es so, dass eine seriöse Aussage auf deine Frage mit bestenfalls mehreren Studien durchgeführt werden sollten, die auch den Standards zur Überprüfung, Validität und Reproduzierbarkeit, etc. erfüllen.

Während gewisse Studien bereits Hinweise liefern können, wirst du eine gute Antwort wahrscheinlich erst in einem Jahr oder später erhalten, wenn bestenfalls sogar Metastudien zu dieser Thematik durchgeführt und überprüft wurden.

U.v.m.

Auch hier wäre eigentlich noch nicht fertig, weitere Punkte gilt es zu beachten. Aber du merkst wahrscheinlich, in welche Richtung es geht. Ich hoffe, diese Einblicke konnte dir etwas weiterhelfen. Das wichtigste wäre aus meiner Perspektive [Achtung, eigene Meinung!]: Am Ende sind all diese Personen in erster Linie Mensch und sollten auch so behandelt werden. Egal ob mit oder ohne (diagnostizierter) Persönlichkeitsstörung. Wir sollten füreinander da sein, Verständnis zeigen und versuchen, gestärkt aus dieser Krise rauszukommen. Mental wie auch kollektiv-gesellschaftlich.

Bei weiteren Fragen stehe ich dir gerne zur Verfügung.

Liebe Grüsse

Rayan

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – ‏‏‎ ‏‏‎ ‏‏‎ ‏‏‎ ‏‏‎ ‏‏‎ ‏‏‎ ‏‏‎ ‏‏‎ ‏‏‎ ‏‏‎ ‏‏‎ ‏‏‎

Jeshua30 
Beitragsersteller
 11.01.2021, 13:51

Ich habe Depressionen und die ängstliche vermeidende Persönlichkeitsstörung.

Jeshua30 
Beitragsersteller
 11.01.2021, 13:56
@Jeshua30

Und ich selber leide mehr als das es mir gut tut.

Ich war völlig überrascht das meine Mitbetroffenen das als Erleichterung finde.

RayanPence  11.01.2021, 17:25
@Jeshua30

Liebe/r Jeshua30

Vielen Dank für deine Offenheit. Entsprechend bist du wohl dein eigenes Paradebeispiel dafür, dass in erster Linie der Mensch und somit du und deine Wahrnehmung zählen.

Wenn andere dies als Erleichterung wahrnehmen, mag das zwar schön für diese sein, es zählt am Ende aber nur, wie es dir geht. Ärztliche Ratschläge sollte man eigentlich nur bedingt hier auf GuteFrage.net geben und mit Tipps vorsichtig sein. Deswegen mein Rat an dich: Hör darauf, wie du dich fühlst und wie die Pandemie auf dich wirkt. Dein/e TheurapeutInnen können dir möglicherweise dabei helfen, dich auch in diesen schwierigen Zeiten wohler zu fühlen und Strategien finden, die dir passen.

Viel Erfolg, bleib gesund und pass gut auf dich auf.

Dein Rayan

Lottimaus155  12.01.2021, 15:44
@Jeshua30

Ich habe eine Angstörung und kenne einige auch zwar im Internet die das als Erleichterung sehen und für mich ist es auch so so wie bei dir.

Für mich ist das Stress, habe zwar keine Freunde.

und habe aber Schwierigkeiten welche zu finden und Kontakte zu knüpfen

Bist du sicher, dass du Ängstlich Vermeidend bist?

Ängstlich Vermeidende vermeiden, wie der Name sagt, den Kontakt zu anderen, weil sie Angst haben, negativ bewertet oder nicht gemocht zu werden.

Du aber willst Kontakt und leidest drunter, dass das derzeit verboten ist.

Kann es sein, dass man sich geirrt hat und du nicht irgendeine andere Störung hast? Du kommst mir eher dependent vor als ängstlich vermeidend.


Jeshua30 
Beitragsersteller
 13.01.2021, 00:01

Jeder ÄVPSler will Kontakt zu anderen. Wir haben ein starkes Nähebedürfnis. *Das ist genau das was uns von den Schizoiden unterscheidet.*

Und ja die ÄVPS hat auch Überschneidungen mit der dependenten (abhängigen) Persönlichkeitsstörung da wir anderen Menschen die für uns Sorgen große Bedeutung zusprechen.

Bluesky1974  13.01.2021, 00:24
@Jeshua30

Da steht aber im DMS was anderes "vermeidet Kontakt zu anderen"... Genau das machst du ja nicht. Du vermeidest keinen Kontakt zu anderen.

Jeshua30 
Beitragsersteller
 13.01.2021, 00:26
@Bluesky1974

Weil ich auf Konfrontation aus bin und mich aus der Lage befreien will. So ein blödes Virus aber Drängt mich wieder zurück in die Vermeidung.

Bluesky1974  13.01.2021, 08:19
@Jeshua30

Also für mich bist du eher dependent und nicht ängstlich-vermeidend. Hast du nicht mal die Frage gestellt, wie es sein kann, dass du trotz ängstlich-vermeidender PS ins Bordell gehst? Für einem Depetenden absolut kein Problem.

Du wunderst dich ja selbst, wieso andere mit ängstlich vermeidender PS den Lockdown eher als angenehm empfinden, nur du nicht.

Und ich wiederhole mich, wenn ich sage: Ängstlich-Vermeidend bedeutet, wie der Name schon sagt: Man vermeidet Kontakte zu anderen. Genau so, wie ein Schizoider den Kontakt zu anderen vermeidet - aber aus einem ganz anderen Grund. Der ängstlich-vermeidende vermeidet Kontakt zu anderen, aus Angst, abgelehnt zu werden oder sich zu blamieren. Das ist dem Schizoiden piep-egal. Ihm ist es egal, was andere von ihm halten. Der Schizoide hat einfach keinen Bock, mit anderen in Interaktion zu gehen, weil er sich einfach nicht für andere Menschen interessiert und seine Ruhe will. Das liegt daran, dass ein Schizoider sich gut mit sich selbst beschäftigen kann und das reicht halt dann.

Du aber fieberst Kontakte regelrecht entgegen. Das ist eher typisch für einem Dependenten. Ein Depentender kann nicht alleine sein und tut alles, um den anderen nicht zu verlieren. Er hat das Gefühl, nicht alleine sein zu können. Den Eindruck habe ich, wenn du sagst, du bist mit Mitte 30 wieder zurück zu deiner Mutter gezogen. Das würde ein ängstlich-vermeidender eben nicht machen. Ein Depender schon. Du wunderst dich auch, wieso Therapien bei dir nichts helfen. Vielleicht liegt es daran, weil du auf die falsche Störung behandelt wirst? Schon mal darüber nachgedacht? Wie wäre es, wenn du dir eine 2. Meinung von einem Fachmann einholen würdest?

Jeshua30 
Beitragsersteller
 13.01.2021, 11:22
@Bluesky1974

Ich habe immer schon vermutet sozial Phobiker zu sein. Dann habe ich mit ÄVPS sogar die Bestätigung bekommen unter sozialen Ängsten zu leiden.

Jeshua30 
Beitragsersteller
 13.01.2021, 14:02
@Bluesky1974

Mir ist auch Egal was andere Menschen von mir halten. Im Gegensatz zu sozial Phobikern kann ich sehr Peinliche Dinge tun.

Bluesky1974  13.01.2021, 20:42
@Jeshua30

Es ist dir egal, was andere von dir halten. Und ich wiederhole mich, wenn ich sage, dass das nicht typisch ist für jemand der ängstlich-vermeidend ist. Ängstlich Vermeidende haben Angst, dass andere sie doof finden oder schlecht über sie reden. Daher scheuen sie Kontakte.... Wenn du aber sagst, es ist dir egal, was andere von dir denken, widerspricht sich das mit dieser Diagnose.

Jemand mit einer ängstlich-vermeidenden Störung würde NIEMALS was peinliches tun. Nie.

Du sagst, die Therapie hilft dir nicht. Schon mal gedacht, dass du evtl. falsch behandelt wirst?

Jeshua30 
Beitragsersteller
 13.01.2021, 21:37
@Bluesky1974

Nein, meine ÄVPS wurde in der Psychiatrie festgestellt.

Sozisl Phobiker haben Angst vor dem unangenehmen Auffallen, da trifft deine These zu.

Ängstlich vermeidende haben Angst vor Ablehnung. Allerdings können Sie besser über Missgeschicke hinwegsehen.

Wenn ich ein Glas Wasser fallen lasse und es zerbricht sage ich zu dem Kellner, dass er mir ein neues bringen soll. Wären der sozial Phobiker den Kopf im Erdboden verschwinden lassen will.

Bluesky1974  13.01.2021, 21:57
@Jeshua30

Persönlichkeitsstörung Teil 8: Ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung - Impulsdialog

Hier steht mehr als deutlich, dass die Betroffenen eine mega Angst haben, sich zu blamieren. Auch Ärzte können sich irren. Mir kommt das komisch vor. Das, was hier über die Ängstlich-Vermeidende Störung steht, stimmt nicht mit dir überein.

Diesem Link nach würde eine Person mit einer ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung vor Scham im Grund und Boden versinken, wenn er ein Glas Wasser fallen lässt.

Eine Person mit einer ängstlich-vermeidenden Störung hat eine Angst vor Zurückweisung. Kannst du dich daran erinnern, wie ich dich einmal beschimpft habe, weil du felsenfest entschlossen warst, eine Professionelle, die dich nicht bedienen wollte, aufzusuchen, obwohl sie es dir verboten hat? Ein Mensch mit dieser Störung würde das nicht tun, weil er abgelehnt wurde. Ein Schizoider würde das nicht tun, weil ihm eine Grenze gesetzt wurde ein ein Schizoider niemals die Grenzen überschreitet, die ihm gesetzt wurden. Aber ein Dependender, der auf Teufel komm raus Nähe sucht, der macht so was schon. Klammern nennt man das.

Ich denke nicht, dass du Ängstlich-Vermeidend bist. Wo bist du es? Das würde mich schon interessieren. Du bist für mich durch und durch dependent.

Hast du nicht mal die Frage gestellt, warum du deine Persönlichkeitsstörung nicht losbekommst? Wenn man einen Depetenden auf Ängstlich-Vermeidende PS therapiert, ist es ungefähr so, als würde man einen Durchfall mit Otriven-Nasenspray behandeln und sich wundern, wenn es nichts hilft.

Dein Problem ist nicht, dass du Kontaktstörungen hast, weil du Angst hast, dich zu blamieren oder abgelehnt und ausgelacht zu werden. Dein Problem ist, weil du das Gefühl hast, nicht für dich alleine da sein zu können. Dass es nicht immer mit den Kontakt zu anderen klappt, liegt darin, dass du zu viel Nähe einforderst und das schreckt ab.

Hier sollte man bei dir ansetzen.

Mir hat eine Ärztin jahrelang weiß gemacht, ich habe schwere Depressionen. In Wirklichkeit hatte ich eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung - also was ganz was anderes.... Deshalb die Antriebslosigkeit und die Erschöpfungszustände.... Wäre es verwunderlich, wenn sich bei dir Ärzte geirrt haben? Wie will man das nach ein paar wenigen Wochen so genau sagen können.

Ich lese deine Beiträge seit mindestens 2 Jahren.... Aber erst vor kurzem ist mir klargeworden, dass du ganz sicher nicht ängstlich-vermeidend bist.

Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung – Wikipedia

Bei diesem Link sind die ICD-Punkte benannt. Welche erfüllst du deiner Meinung nach?

Bluesky1974  13.01.2021, 22:02
@Bluesky1974

P. S. Deine eigentliche Frage, wieso andere mit dieser ÄVPS den Lockdown als angenehm empfinden und du nicht:

Ganz einfach: Die Leute haben tatsächlich eine ÄVPS. Jetzt müssen sie keine Angst zu haben, sich zu blamieren, wenn sie in Interaktion mit anderen Menschen treten.

Du bist meiner Meinung nach eher depentent: Dein Problem: Du hast das Gefühl, nicht für dich alleine sein zu können und jemanden zu brauchen. Deshalb ist der Lockdown für dich schlimm.

Jeshua30 
Beitragsersteller
 13.01.2021, 22:27
@Bluesky1974

Wenn es so wäre, hätte Dahika das als geschulte Psychotherapeutin wohl erkannt. Selbst Sie schreibt mir die ÄVPS nicht ab. Und das mit dem Glas Wasser stimmt auch bein *Sozial Phobikern*. Nicht aber bei der ÄVPS.

Jeshua30 
Beitragsersteller
 13.01.2021, 22:59
@Bluesky1974

Alle Merkmale. *Ausnahme ist, dass ich mich nicht Unattraktiv fühle.*

Habe zu Menschen nur Kontakt wenn ich sicher bin gemocht zu werden stimmt zu 100%.

Vermeidung von Beruflichen Aktivitäten stimmt. (erwerbsunfähig).

Überbetonung von Gefahren stimmt auch.

Eingeschränkter Lebensstil.

Angst vor Ablehnung.

Kieselchen88  19.10.2022, 23:58
@Bluesky1974

Kennst du den Fragesteller persönlich? Wie kannst du seine Diagnose so genau wissen wenn du nur eine Frage gelesen hast? Ich leide auch unter der ÄVPS und diese Menschen WOLLEN Kontakt zu anderen haben, sie vermeiden es nur oft aber nicht immer. Auch können viele im Internet Chatten oder schreiben weil es für sie einfacher ist. Menschen mit schizoider PS dagegen wollen das nicht und versuchen es auch gar nicht zu ändern. Wir dagegen schon.

Ich kenn auch einige Menschen, die nicht so gerne unter Leuten sind und tatsächlich den Lockdown angenehm empfinden, v.a. in Bezug auf die Arbeit.

Aber auch die kommen nach 10 Monaten an ihre Grenzen. Die wenigsten Menschen sind wahrscheinlich so soziophob, dass sie dauerhaft jeden Kontakt vermeiden möchten.

damit Sie einen guten Grund haben in ihrer Vermeidungsstrategie zu bleiben.

Finde ich etwas merkwürdig. Sie könnten sich aj auch ohne Lockdown für die Vermeidung entscheiden. Es zwingt sie keiner, soziale Kontakte einzugehen.


RayanPence  11.01.2021, 13:11

Es wirkt in der Regel auf einen Menschen begünstigend, wenn die Umstände oder Interaktionen mit minimalem Aufwand verbunden sind. Von dem früheren "Du musst dich aktiv ums Home-Office bemühen und wirst wahrscheinlich kritisch dafür hinterfragt" zu "Home-Office bedeutet, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen" ist es nun ein deutlich einfacherer Schritt für diese Menschen, Interaktionen mit anderen Personen zu minimieren oder falls z.T. behandelt, in alte Muster zurückzufallen. Von dem früheren "müssen, damit ich Lohn bekomme, da ich nicht jeden Tag von Zuhause aus arbeiten darf" zu "von Zuhause arbeiten und nur einmal die Woche ein Meeting mit der Chefin haben" reduziert sich der Aufwand, die Vermeidungsstrategie zu wählen.

Zudem kommt, dass viele weitere Kontaktmöglichkeiten (Umarmungen, direkte Gespräche, Einladungen zu Abendessen, physische Treffen in Vereinen, etc.) reduzieren oder vollständig wegfallen.

Gleichzeitig werden Angebote wie digitales Lebensmitteleinkaufen gestärkt und durch Massnahmen wie 15km Radien sogar legitime Ausreden gegen ein gemeinsames Treffen angeführt.

So gesehen ein durchgehend vorhandener Nudge, subjektiv unangenehme Situationen zu vermeiden.

Moped85  11.01.2021, 13:23
@RayanPence

Sie müssen nicht arbeiten gehen. Sie wollen, um Geld zu verdienen. Diese Einsicht sollte eigentlich den Druck raus nehmen und die Überwindung erleichtern.

RayanPence  11.01.2021, 13:28
@Moped85

In unserer Gesellschaft gehört "Geld verdienen" nunmal dazu (bezahlen von Wohnung, Essen, etc.). Das Beziehen von Sozialleistungen wird in unserer Kulturregion immer noch regelmässig als höchst vermeidenswert bezeichnet. Kommt hinzu, dass man sich auch dann bei Leuten auf dem Sozialamt melden muss, an Bewerbungsgespräche gehen, etc. Alles Situationen, die man tendenziell zu stark zu vermeiden zählen kann.

Zuletzt erfüllt das Arbeiten auch weitere Ziele, welche nicht monetären Ursprungs sind. Selbstverwirklichung, Beschäftigung und auch den sozialen Faktor, den man trotz Angststörung gerne verwirklicht.

Moped85  11.01.2021, 13:43
@RayanPence

Ja eben. Man möchte es gerne.

Ist also kein Muss. Man kann auch in den sauren Apfel beißen und sich dumme Sprüche anhören. Die Wahl hat man.

Ich verstehe den Aspekt "soziale Isolation" nicht. Man kann sich doch mit anderen treffen. So what?


Shiranam  11.01.2021, 22:22

Ich kenne sehr viele Menschen, die ihre persönlichen Kontakte tatsächlich eingeschränkt haben, mich eingeschlossen. Deshalb sieht man eben tatsächlich weniger Menschen, teils so wenige, dass es einer "sozialen Isolation" gleichkommt. (Telefon oder WhatsApp ist nicht dasselbe, wie ein echter Kontakt)

Nicht jeder nutzt in dieser Zeit jede Kontaktmöglichkeit, die "zulässig" wäre.