Sind großkalibrige Kanonen auf Kriegsschiffen durch Lenkwaffen heute komplett veraltet und werden nicht mehr verbaut?

10 Antworten

Von Experte ponter bestätigt

Die Großkalibrigen Kanonen für Seeschlachten sind bereits mit dem Untergang der Bismarck "veraltet". Das Kriegsschiff kommt nicht in Schussreichweite eines Flugzeugträgers bevor es von den Flugzeugen versenkt wird. Also sind die Kanonen wirkungslos.

Gebaut wurden die natürlich noch sehr lange (Kennt man ja aus dem Film "Alarmstufe Rot"), aber hier ist der Zweck die Küste mit möglichst großen Explosionen zu bedecken damit dann kurz darauf die Landungstruppen einen Strand ohne Hindernisse und mit minimaler Gegenwehr erobern können. Richtig große Bombentrichter sind nur ein geringes Hindernis und bieten sogar Schutz vor Gegnerischem Feuer, der Stacheldraht und Landminen die vorher da lagen sind hingegen ein sehr großes Hindernis.

Durch Marschflugkörper und mittlerweile Drohnen kann man den selben Job viel gründlicher machen. Statt so viel zu feuern, dass die Hindernisse mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zerstört werden kann man diese jetzt sehr gezielt beseitigen. Auch kann man Bunker jetzt sehr einfach "knacken", das war ja damals in der Normandie mit den Bordkanonen der Schiffe nicht gelungen.

Und die Ukraine hat vor kurzem bewiesen, dass man Schiffe alleine mit Drohnen versenken oder sehr lange Handlungsunfähig machen kann ohne schwere Geschütze zu benötigen und teures Material und Soldaten zu gefährden. Dabei haben die Drohnen auch viel weniger gekostet als allein die Munition die das Schiff beim Versuch die Drohnen abzuwehren verschossen hat.


Commodore64  10.08.2024, 12:18

P.S.:

Dazu kommen ja auch noch Uboote. Die sind vor den Bordkanonen - egal wie groß die sind - geschützt. Das ist auch der Hauptgrund, warum die erfunden wurden.

Wenige Meter Wassertiefe schützen das Uboot vor den Kanonen, das Uboot kann also beliebig nahe und lange an das Schiff ran. Moderne Uboote können auch aus jeder Wassertiefe sehr gezielt feuern.

Früher war der, der die Größten Kanonen hatte in Vorteil weil der zuerst schießen und treffen kann. Dieses Wettrüsten um immer größere Kanonen wurde dann zuerst von den Ubooten und dann von Flugzeugen durchbrochen.

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Der zentrale Grund für die sehr großen Kaliber war die Seekriegsführung gegen andere kapitale Schiffe.

Das war auch ein wenig Henne-und-Ei Problem - große Kanonen brauchten riesige Schiffe, um überhaupt verbaut und genutzt werden zu können. Die brauchten dann auch tausende Tonnen Panzerung, was wiederum noch größere, länger reichende Kanonen motivierte.

Die Idee des Schlachtschiffs macht nur in diesem "Eskalationsdreieck" überhaupt Sinn. Doch dieses Thema ist heute einfach komplett abgelöst durch leistungsfähige Lenkwaffen, was auch Torpedos mit einschließt.

Selbst Küstenbefestigungen gibt es nicht mehr in der Form wie noch vor 100 Jahren, wo große Kanonen hilfreich sein könnten.

Klar gibt es noch mittlere Artillerie auf vielen Schiffen, doch es ist einfach obsolet, große Schlachtkreuzer und - schiffe um die großkalibrigen Kanonen herum zu bauen, wenn nur eine glückliche Rakete oder Bombe das Schiff ausschalten kann.

Dieser kompletten Wandel der Seekriegsführung hat sich zu Lande einfach (noch) nicht ergeben.

Sie sind noch beschränkt für den Einsatz gegen tieffliegende Flugzeuge geeignet bei den Beschuss von Landzielen. Lletztes Beispiel Hafen von Odessa ( Ukraine Krieg ).

Ansonsten kommen sie nur noch wenig zum Einsatz oder sind bereits ausgemustert (verschrottet) wie z.B. in der USA Marine.

Lenkwaffen haben die großen Kanonen größtenteils abgelöst.

Nein. Die USA überlegt sogar wieder die Schlachtschiffklasse aufleben zu lassen.

Grund dafür sind die geringen Kosten "pro Schuss". Klar, Kanonen haben nicht die Reichweite und die Präzision wie Lenkwaffen oder Flugzeuge. Aber als seegestützte mobile Artillerieplattform können solche Schlachtschiffe viel kostengünstiger und längerfristiger agieren um Feinde auf dem Land zu unterdrücken und Stellungen zu decken. Sie sind also besonders interessant für lange Materialschlachten (wie bspw. in der Ukraine) und als besonderer strategischer Teil des Gesamtflottenkonzeptes.

https://www.youtube.com/watch?v=r6GKTLUswIQ


Bluemotion45 
Beitragsersteller
 11.08.2024, 17:42

Die geringen Kosten pro Schuss sind nur die halbe Wahrheit. Das Schlachtschiff selbst ist sehr teuer im Bau, in der Bemannung und im Unterhalt.

Die Treffgenauigkeit ist schlecht, was unzählige Schüsse erfordert, ohne Garantie auf Erfolg (siehe Landung in der Normandie 1944) und die Züge in den Kanonen verschleißen schnell. Gefolgt von der sehr kurzer Reichweite, wodurch das Schiff sehr exponiert ist.

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