Selbstverteidigung? Was steht im Strafgesetzbuch?

4 Antworten

Was ist deine genaue Frage? Es lässt sich nicht vollumfassend erklären was erlaubt ist und was nicht, weil das immer situationsabhängig ist. Ansonsten solltest du den Fokus auf den (2) er Teil legen bei dem es wirklich abwehren heißt - Damit ist spezifisch gemeint, dass man selbst nicht in der Situation zum Aggressor werden darf.

Zusätzlich dazu muss die Notwehr auch immer im Verhältnis zur Tat stehen. Wenn Jemand ein Messer zückt darf ich - als hier im Beispiel geübter Schütze - der Person deswegen nicht gezielt in den Kopf schießen (wenn das im "Handgemenge" allerdings so passiert, vor allem auf so kurzer Distanz wo zielen schwieriger ist, sieht es aber schon wieder anders aus). Maximal das richtige Maß an Gewalt um den Täter im Vorhaben abzuhalten.

Ein ganzes Modul war zu meinen Studienzeiten dafür gar nicht vorgesehen muss ich gestehen. Dafür gibt das Thema außer einzelnen Fallstudien auch gar nicht genug her.


ichweisnix  19.07.2024, 10:13
Zusätzlich dazu muss die Notwehr auch immer im Verhältnis zur Tat stehen.

Nein muß sie nicht.

Wenn Jemand ein Messer zückt darf ich - als hier im Beispiel geübter Schütze - der Person deswegen nicht gezielt in den Kopf schießen

Kommt darauf an, ob das erforderlich ist. Gerade wenn man mit einer Schusswaffe bewaffent ist, wäre in vielen Situationen oft ein Warnschuss mit Androhnung eines gezielen Schusses möglich. Das hängt aber immer von der Situation ab.

wenn das im "Handgemenge" allerdings so passiert

Also auf ein Handgemenge mit einen Messermann muß man sich mit einer Schusswaffe bewaffnet nicht einlassen.

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buntan 
Beitragsersteller
 19.07.2024, 09:41

danke, ich dacht mir stelle die Frage und sehe was passiert. Kenne einiges aus dem Modul Selbstverteidigung und dem Unterricht bei der Bundeswehr.

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NOTWEHR (Nothilfe) wird geregelt in §32StGB, www.gesetze-im-internet.de/stgb/__32.html

(Den Begriff 'Selbstverteidigung' hab ich noch in keinem Gesetz gefunden.)

danach darf man alles ! tun was "erforderlich" !!! ist einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Das muß auch kein Angriff auf Leib & Leben sein, alle individuellen Rechtsgüter sind Notwehrfähig.

Im §32StGB steht nichts von verhältnismäßig*. Es kann auch Notwehr sein einen unbewaffneten Angreifer zu töten, wenn kein milderes erfolgversprechende Mittel verfügbar ist.

Es ist zwar grundsätzlich das mildeste der zur Verfügung stehende Mittel anzuwenden aber man muss sich auch keinesfalls auf einen Kampf mit ungewissem Ausgang einlassen.

(Von wegen Angriff nur mit gleichen Mitteln abwehren).

Selbstverständlich endet das Recht auf Notwehr sobald der Angriff beendet ist.

Andererseits wird jede Körperverletzung nachträglich durch unser Rechtssystem im Einzelfall untersucht und dann werden Unbeteiligte anhand der Fakten und Zeugenaussagen entscheiden ob die Tat "erforderlich" war oder bestraft wird.

Es gibt kein Rezept und keinen Freibrief für eine Situation die jemand von vornherein ein Recht auf ein bestimmtes Notwehrverhalten zuspricht.

Wenn du dir einen Überblick verschaffen möchtest was Gerichte für Urteile fällen lies hier:

https://dejure.org/dienste/lex/StGB/32/1.html

Ein besonders interessantes Urteil weil hier zur Notwehr eine illegale Schusswaffe eingesetzt wurde:

http://www.quellengrun.de/index.php?option=com_content&view=article&id=160

Oder hier mit einer legalen Schusswaffe gegen die Polizei:

http://www.stern.de/panorama/stern-crime/polizist-erschossen-bundesgericht-spricht-hells-angel-frei-3875278.html

Ich möchte aber nicht verschweigen dass man vor Gericht auf das Wohlwollen des Richters angewiesen ist.

Es kann auch so ausgehen:

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.muenchen-nach-604-tagen-gefaengnis-notwehr-messerstecher-kommt-frei.fe3a5b15-1b55-4ca1-a458-c151986d6bba.html

*In Beiträgen zum Thema Notwehr/Selbstverteidigung wird oft das Wort "verhältnismäßig" benutzt,

leider meist von Leuten die den Wortsinn missdeuten.

Verhältnismäßig (lt. Duden: 1.im Verhältnis zu etwas anderem,

verglichen mit oder gemessen an etwas anderem, relativ --

2. einem bestimmten Verhältnis angemessen; entsprechend) würde bedeuten dass

die Abwehr im "fairen/vergleichbaren" Verhältnis zum Angriff steht

also wenn der Angreifer unbewaffnet wäre dürfe man nicht schiessen o.ä.

Daß das so nicht stimmen kann erklärt sich schon dadurch dass niemand

von einer Frau verlangt sie dürfe sich gegen eine Vergewaltigung nur mit einem Penis verteidigen.

Selbstverständlich darf sie den Angreifer notfalls töten

(sofern eine mildere Verteidigung nicht erfolgversprechend ist) und zwar mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln

Zum Gesetz:

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Wichtig sind die 3 Punkte "erforderlich" "gegenwärtig" und "rechtswidrig".

Wobei "erforderlich" heißt, das es in der Phantasie des Gerichts kein milderes wirksames Mittel gab.

Hier hängt es im Einzelfall oft extrem von einem guten Strafverteidiger, dem Staatsanwalt, dem Richter, dem Mondstand und der Erdstahlung ab.

Wichtig ist, das man "erforderlich" nicht mit Verhältnismäßigkeit verwechseln darf. Eine Verhältnismäßigkeit gibt es im Notwehrrecht nicht direkt, es gibt nur das "geboten", das dann nicht gegeben ist, wenn ein extremes Missverhältnis zwischen des angegriffen Rechtsgut und der Verteidigung gibt. Das wäre dann der Fall, wenn man z.B. einen Apfeldieb erschießt.

Woher ich das weiß:Recherche

In einem Fall bei dem jemand durch die Notwehrhandlung eines Angegriffenen verletzt oder getötet wurde, ermittelt automatisch die Staatsanwaltschaft und entscheidet, ob eine Notwehrsituation vorgelegen hat, ob Anklage erhoben wird oder nicht.
Übrigens kennt das Notwehrrecht keine Verhältnismäßigkeit der Mittel, insbesondere keine Pflicht zur vorherigen Abwägung und Prüfung.