Rechts oder linksseitiger Hypothesentest?
Hallo, ich berechne gerade folgende Aufgabe und bin mir nicht sicher, ob folgender Test rechts oder linksseitig ist.
Ein Beruhigungsmittel soll in mehr als 90% aller Fälle erfolgreich wirken. Es werden 1300 Nutzer befragt. Wie viele Befragte dürfen höchstens eine positive Wirkung bestätigen, damit die Behauptung mit einer Fehlerwahrscheinlichkeit von höchstens 5% abgelehnt wird?
Meine Vermutung ist, dass der Test rechtzeitig ist, da ja gefragt wird, wie viele HÖCHSTENS eine positive Rückmeldungen bestätigen dürfen. Allerdings sehe ich einen Widerspruch darin, dass ja ohnehin behauptet wird, dass das Beruhigungsmittel in mehr als 90% aller Fälle ERFOLGREICH wirkt.
(Wieso) Wäre das dann der fall, in dem die Hypothese verworfen wird?
Dnake im voraus!
1 Antwort
Hallo,
wenn das Mittel bei 90 % der Patienten wirkt, würde man erwarten, daß 90 % der 1300 Befragten eine Wirkung bestätigen würden. Das wären 1300*0,9=1170 Personen.
Natürlich wäre es ein Zufall, wenn man aus allen Patienten 1300 so herausfischt, daß dieser Erwartungswert genau getroffen wird. Im wirklichen Leben muß man mit gewissen Abweichungen nach oben oder unten rechnen. Vielleicht hat man zufällig unter den 1300 Patienten sogar 1200, bei denen das Mittel gewirkt hat; vielleicht aber auch nur 1100. Die Frage ist, wie wahrscheinlich welche Abweichung nach oben oder unten vom Erwartungswert ist. Kann man auch noch behaupten, daß das Mittel bei
90 % aller Patienten wirkt, wenn nicht 1170, sondern nur 1160 Patienten eine Wirkung bestätigen? Kann man auch noch 1150 Bestätigungen durchgehen lassen? Ab wann zweifelt man die Angabe an? Dazu gibt es die Irrtumswahrscheinlichkeit, die einen Toleranzbereich angibt. Hier sind es 5 %. Man toleriert also Abweichungen nach unten, die in 95 % aller Fälle als zufällige Abweichung erklärbar sind. Eine größere Abweichung nach unten wird nicht mehr toleriert. Dazu berechnet man die Standardabweichung, die bei binomialverteilten Größen nach der Formel sigma=Wurzel (Erwartungswert mal Gegenwahrscheinlichkeit), hier also Wurzel (1170*0,1)=10,8 berechnet wird.
In der Verteilungstabelle der Standardnormalverteilung finden wir Werte, bei denen die Wahrscheinlichkeit dafür angegeben wird, daß Werte um soundsoviele Standardabweichungen vom Erwartungswert abweichen. In der Tabelle finden wir unter 0,95 den Wert 1,65. Wegen der Symmetrie der Standardnormalverteilung zum Erwartungswert ist es auch zu 95 % wahrscheinlich, daß Werte um bis zu 1,65 Standardabweichungen nach unten vom Erwartungswert abweichen. In der Tabelle werden deswegen nur Werte für eine Wahrscheinlichkeit ab 50 % angegeben, weil die anderen aus der Symmetrie errechnet werden können.
1,65*10,8=17,82.
Eine Abweichung von mindestens 18 läge also bereits außerhalb des Toleranzbereiches. Es dürften daher höchstens 1170-18=1152 Patienten die Wirksamkeit bestätigen, damit die Hypothese von mindestens 90 % Wirksamkeit abgelehnt werden müßte. Bei mehr als 1152 Bestätigungen kann die Abweichung nach unten mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 % als Zufall erklärt werden.
Herzliche Grüße,
Willy
Vielen, vielen Dank für die ausführliche Erklärung!!! :-D