Meinung des Tages: Wie sollte mit dem Begriff „Rasse“ umgegangen werden – besonders im Grundgesetz?
Die Diskussion um den kritischen Rassenbegriff ist keine neue. Doch die Frage, wie damit umgegangen werden soll, ist noch lange nicht geklärt.
Wie das Saarland nun mit dem Begriff umgeht
Im Saarland einigten sich CDU und SPD darauf, dass der Begriff der Formulierung „Schutz vor Diskriminierung aus rassistischen Gründen“ weichen soll.
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, Kira Braun, sieht in dieser Entscheidung die Möglichkeit, dass der veraltete und lebensfeindliche Begriff nicht mehr durch den Gesetzgeber reproduziert wird. Das Saarland folgt mit dieser Entscheidung der Empfehlung des Deutschen Instituts für Menschenrechte, der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der „Initiative Schwarze Menschen“.
Um diese Passage geht es unter anderem
Im Grundgesetz, Artikel 3, Absatz 3, Satz1 steht:
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. [...]“
Das sind die Schwierigkeiten bei der Änderung
Eigentlich wurde bereits nach der Tötung des Afroamerikaners George Floyd im Mai 2020 von der Großen Koalition beschlossen, den Begriff der „Rasse“ entsprechend auszutauschen. Letztlich scheitere dies an Differenzen zwischen der Union und der SPD. Die Sorge dabei war unter anderem laut Heveling (CDU), dass Änderungen stets auch die Möglichkeit von Neuauslegungen der Verfassung ermöglichen.
Auch im Koalitionsvertrag der Ampel ist dieser Punkt festgehalten – doch auch knapp zwei Jahre später gibt es kaum Neuerungen.
Das sind die Standpunkte
Dr. Isabelle Kutting, Rechtswissenschaftlerin an der Universität Jena, sieht im Begriff der „Rasse“ das Problem, dass zwar inzwischen bekannt sei, dass es sowohl aus genetischer als auch aus biologischer Sicht keine Menschenrassen gebe, aber der juristische Begriff in diesem Denkmuster verweilt. Dies habe schwerwiegende Konsequenzen sowohl für Betroffenen von Rassismus als auch diejenigen, die in der Rechtsanwendung arbeiten.
Anders sieht das Christian Kirchberg, Vorsitzender des Ausschusses Verfassungsrecht der Bundesrechtsanwaltskammer: Der Begriff als solcher ist für ihn ein polemischer. Eine Streichung hält er für nicht sinnvoll, da der Begriff auch international verwendet wird. Er spielt damit auf den englischen Begriff „race“ an, der regelmäßig in „Rasse“ übersetzt wird. Auch diese Übersetzung wird kritisch gesehen.
Unsere Fragen an Euch: Was haltet ihr von der Debatte? Sollte die Änderung stattfinden und falls ja, was wären mögliche Optionen? Falls nein, was spricht Eurer Meinung nach gegen eine Änderung?
Wir freuen uns auf Eure Antworten und wünschen Euch später einen guten Start in Richtung Wochenende!
Viele Grüße
Euer gutefrage Team
Quellen:
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/grundgesetz-rasse-100.html
https://www.tagesschau.de/inland/rassebegriff-grundgesetz-101.html
23 Antworten
Die Debatte ist vollständig daneben.
Das Grundgesetz ist die verfassungsrechtliche Vorgabe.
Wie die Politik Gesetze ausformuliert, gehört zu deren Gestaltungshoheit, dadurch ändert sich die verfassungsrechtliche Determinierung nicht.
Das Grundgesetz, Artikel 3 schützt vor Rassenideologie, wg. der historischen Erfahrung des III.Reiches.
Es stellt nicht darauf ab, ob es per Definition Rassen gibt oder nicht, bezogen auf den Menschen.
Artikel 1 GG weist jedem Menschen die Würde zu.
Man wird Rassenideologie nicht deshalb los, weil man einen Begriff vermeiden will.
Ob man nun das N-Wort ersetzt durch "Tiefpigmentierte", würde an einer verballhornten Ideologie nichts ändern.
Auch nicht durch gendern, nur weil man die Anrede "Sehr geehrte Damen und Herren" durch "Sehr geehrte Herrinnen und Herren" ersten würde.
Wenn über einen Begriff Diskriminierungen und unangemessene Bewertungen gekoppelt werden, bringt es m.E. nichts, den Begriff abzuschaffen und ihn durch sonderbare Konstruktionen zu ersetzen, um das Gemeinte auszudrücken.
Das Argument, dass der Begriff "Rasse" biologisch keinen Sinn macht, ist schon deswegen Unsinn, weil er gar nicht den Anspruch erhebt, sich in eine biologische Systematik einzuordnen.
Wenn also im Gesetz steht, dass niemand aufgrund seiner Rasse benachteiligt, diskriminiert oder entwürdigt werden darf, dann ist völlig egal, was eine Rasse eigentlich sein soll und wie, d.h. durch welche Merkmale, eine Rasse sich von einer anderen unterscheidet. Im Gegenteil: Gerade dann, wenn es unterschiedliche Begriffsauffassungen gibt, führt die Verwendung des Begriffes zum gewünschten Ergebnis: allumfassendes Diskriminierungsverbot. Egal ob man mit Rasse nun die Hautfarbe oder die Herkunft der Ahnen meint, und egal ob es schwarz oder weiß oder braun oder Afrika oder Ostasien ist: Alle Menschen haben Anspruch auf die selbe Akzeptanz und dieselben Rechte.
Also im Gesetz habe ich kein Probleme mit dem Begriff, gerade weil dort die unterscheidungslose Gesamtheit gemeint ist.
Anders sieht es aus, wenn man den Begriff als Unterscheidungsmerkmal für eine einzelne Person anwenden will: "Welcher Rasse gehört Amelie an?" - das ist dann wirklich sonderbar und nährt den Verdacht auf eine rassistisch motivierte Unterscheidung. Ich habe auch noch nie den Bedarf für eine solche Frage oder Aussage gehabt.
Einerseits ist aus biologischer Sicht, der Begriff Rasse nicht auf den Menschen anwendbar, andererseit ist Rassismus zur Beschreibung unzulässiger Verhaltensform zwischen Menschen und Menschengruppen etabliert.
Es wird nicht einfach sein, ein angemessenes Wort zu finden.
Eine Ableitung von Ethnie würde nur die eine grobe Einteilung von Menschen umfassen.
Rassismus wurde aber schon zur Beschreibung von Diskriminierung von Menschen benutzt, die gerade mal 45 Jahren in unterschiedlichen Systemen gelebt haben.
Die Findung eines anderen Begriffs empfinde ich als sinnvoll.
Wenn man Rasse auf den Menschen bezieht, muss das aus dem Sprachgebrauch raus.
Rassismus, also die Einteilung der Menschen in hoch- und minderwertig, muss aber weiter durch das Grundgesetz geächtet werden.
Wie?
Das koennte hier bei GF schon passieren, zu mindestens wenn es einer meldet.
Der Begriff der menschlichen Rassen ist umstritten. Man spricht eigentlich in wissenschaftlichen Kreisen von ,,Ethnischen Gruppen", scheinbar möchte sich die Politik aber auch auf diesen Standpunkt nicht einlassen.
In der Gerichtsmedizin unterscheidet man nach wie vor "Menschenrassen": negrid, mongolid und kaukasisch. In den USA ist "race" auch nach wie vor ein ganz normaler Begriff. Wegen unserer hässlichen Nazivergangenheit reagieren wir natürlich zurecht sensibel auf das "Rassenthema". Bei der damaligen "Rassenlehre" der Nazis ging es darum hellhäutige, europäische Menschen als "Krone der Schöpfung" aufzuwerten und dunkelhäutige Menschen als "affenähnlich und minderintelligent" abzuwerten.
Wenn man das Wort "Rassismus" oder "rassistisch" verwenden will, was die meisten ja tun, dann muss man eigentlich auch das Wort "Rasse" für Menschen gelten lassen, weil es sich ja davon direkt ableitet. Rassismus verschwindet auch nicht einfach, wenn man das Wort "Rasse" aus dem Gesetz streicht und durch eine andere, nettere Formulierung ersetzt!
Ich persönlich fühle Unbehagen bei dem Wort "Rasse" in Bezug auf Menschen, weil es mich neben der Nazigeschichte auch an die Tierzucht erinnert. Wir kennen z.B. verschiedene Hunde- und Katzenrassen, die vom Menschen absichtlich so gezüchtet wurden. Die "Menschenrassen" sind aber nicht durch Zucht entstanden, sondern auf natürliche Weise durch Anpassung an die Umwelt (siehe Evolution).
Der Begriff "ethnische Herkunft" gefällt mir persönlich besser als "Rasse".
Das Wort Rasse hat im Sprachgebrauch von DE nichts mehr zu suchen, auf den Menschen bezogen natuerlich.