Philosophie - Mensch als Mängelwesen?

9 Antworten

Dass sich viele Menschen als mangelhaft empfinden, ist wohl eher eine Frage der Kultur oder Erziehung. Kein Lebewesen ist perfekt, alle wurschteln sich irgendwie durch und "überleben" oder sterben eben aus.

Der Mensch kann weiter springen als ein Regenwurm, schneller laufen als ein Schwamm, besser sehen als ein Grottenolm usw. Und wenn man mal einen Zehnkampf machen würde, Sprint, Langstreckenlauf, Klettern, Schwimmen, Tauchen, Fliegen, Riechen, Hören Sehen, dann würde der Mensch gar nicht so schlecht abschneiden.

Der Mensch ist eher Generalist, auf keinem Gebiet in der Spitze, aber auch nirgendwo ein Totalausfall, außer beim Fliegen. Und auf manchen Gebieten auch in der Spitzengruppe, z.B. was Ausdauer gerade bei Hitze angeht. Kein Lebewesen kann m.W. so effektiv schwitzen. Wölfe können effektiv hecheln, haben aber keine Wasserflaschen erfunden.

Man kann den Menschen nicht "eigentlich" betrachten, also was er ohne Technik und Kultur wäre, denn Technik und Kultur gehören zum Menschen. Schon länger hat sich auch sein Körper an diese angepasst. Es gibt Vermutungen, dass die Gehirnentwicklung des Menschen erst durch eine Änderung des Verhältnisses Hirnschädel / Gesichtsschädel möglich wurde, also durch eine Verkleinerung der Kiefer und Reduktion der Kaumuskulatur. Was wiederum erst durch das Kochen möglich war.

Es gibt keinen Grund überheblich zu sein, aber auch keinen Grund, sich kleiner zu machen, als man ist.

Ich glaube Gehlen hat gesagt, dass der Mensch ein Mängelwesen ist, weswegen er sich die Kultur erschaffen hat.

Er hat biologische Mängel wie:

-instinkte

-Haarkleid

-angriffsorgane

-scharfe Sinne

-frühe Selbstständigkeit

-fähigkeit zur fluch

U.s.w.

Deswegen hat der Mensch (laut Gehlen) sich die Kultur erschaffen in der er Überlebens-/Handlungsfähig ist.

Zu Kultur gehört alles, was der Mensch erschaffen hat. Sowohl die Gesellschaft als auch Werkzeuge und so.

Wrangham schreibt in seinem "goodness paradox" auch, dass die Veränderungen in Körperlichen Eigenschaften des Menschen dazu zurückzuführen sind, dass er seine Agressionen gelernt hat zu beherrschen und also Sanftmutig geworden ist. Er braucht keine scharfen Zähne, wenn er sie nicht benutzt. (Dadurch könnte die Entstehung des "Mängelwesens" zumindest zum Teil erklärt werden)

Der Mensch ist ist dem Tier überlegen, da er von allem ein wenig kann, die Fähigkeit besitzt vorraus zu planen (Werkzeuge erschafft) und sich Kleidung herstellen kann.

Ich verstehe nicht, wie man ein Wesen "kategorisieren" kann, wenn man bewusst bestehende Eigenschaften ignoriert. In unserem Fall eben Empathie, Mitgefühl, etc..

Mängelwesen ist zwar in sofern stimmig, als dass der Mensch seine Fehler hat, bzw. in gewissen Aspekten manchen Tieren unterlegen ist. So können wir:

nicht wie Vögel fliegen,

nicht wie Fische unter Wasser atmen,

keine 130km/h schnell laufen wie ein Gepard,

sind nicht so stark wie Menschenaffen,

nicht so gut hören wie Wölfe

nicht so gut riechen wie Hunde

nicht so gut sehen wie Eulen

frieren schnell

können nicht so zu beißen wie ein Krokodil

kein Wasser speichern wie ein Kamel

unsere Haut nicht tarnen wie Kraken

haben kein Gift wie Schlangen

u.v.m.

Ein Wesen ohne Mängel ist mir hingegen nicht bekannt. Und die genannten Eigenschaften sind nicht jedem Tier gegeben, sondern von Art zu Art unterschiedlich. Die Beschreibung von Wesen in Mängelwesen, impliziert jedoch, dass es zum Einen etwas Vollkommenes geben muss, zum Anderen man an diesen Mängeln etwas zu ändern hat.

Im Hinblick auf die Mängel die wir im Vergleich zur Tierwelt ziehen, ist es jedoch unmöglich diese auszugleichen. Auch wenn der Mensch es versucht, in dem er das Tierreich durch Technik versucht zu imitieren, kann der Mensch selbst ohne Hilfsmittel das niemals erreichen. Auch wenn die technischen Fortschritte dahingehend sehr beeindruckend sind und uns fliegen, tauchen, heben, fahren, tarnen, vergiften, heilen, etc. lassen. Eigene Fähigkeiten werden es nie sein.

Den Menschen als Mängelwesen zu betrachten, hat aber auch negative psychologische und gesellschaftliche Folgen, da es das Selbstwert erniedrigt und zu immer mehr Leistung drängt. So wird dann eine Burn-Out-Gesellschaft geschaffen, die sich nur für ihre Fehler und Unzulänglichkeiten schämt, während sie vergisst ihre eigentlichen Fähigkeiten selbstbewusst zu fördern.

Denn auch wenn der Mensch, dem Anschein nach, in keinem Bereich mit der Tierwelt mithalten kann, hat er doch die Fähigkeit seine Eigenschaften kooperativ zu nutzen und dadurch aus allem ein Optimum zu bewirken. Und nicht zuletzt ist es unsere Intelligenz und Fähigkeit zur Imitation, die uns dazu befähigt und uns auch Werkzeuge, Hilfsmittel, bis hin zu Technologie schaffen lässt.

Woher ich das weiß:Hobby – Soziales, Philosophie, Tiere, Kulturen, Wissenschaft

Da der Mensch trotz seiner Körperlichen Defizite die Herrschaft über den Planeten erlangen konnte, kann er mit stolz auf die Leistung seiner Intelligenz blicken.

So unterscheidet er sich vom Tier und wir zu etwas neuem, etwas höheren. So wird er überlegen.


verreisterNutzer  31.08.2020, 23:06

Nya, dem würde ich nicht ganz zustimmen. Manch Tier ist schlauer als manch dummer Mensch. (;