Pat Parelli, Monty Roberts etc., gut oder schlecht?

10 Antworten

Ich suche mir aus allem was ich irgendwo sehe oder höre oder lese oder lerne das heraus, was mir für meine Pferde sinnvoll erscheint. Ich habe also Elemente aller möglichen Lehren und meine eingenen Sachen (die sich im Laufe der vielen Jahren mit Pferden als gut erwiesen habe) und mache daraus ein Ganzes.

Auch reite ich nicht in einer bestimmten Form sondern nehme mir aus allen Reitweisen das raus was für mich stimmig erscheint. So habe ich einen spanischen Sattel, Einohrtrense und Ledergebiss mit sehr langen Westernzügeln und reite so einige Lektionen der Hohen Schule, mache aber auch viele Sachen, die aus dem Westernreiten oder der englischen Reiterrei entstammen.

Man kann alle lesen und angucken, was man davon verwenden will ist einem selbst überlassen. Stur nach jemand anderem würde ich nie arbeiten, da man selbst nie 100 % so sein kann wie jemand anders.


Urlewas  23.08.2016, 12:46

Das ist schön, wenn man aus einer großen Schatzkiste reicher Erfahrung schöpfen kann! 

Nur ist es fur den Anfang vielleicht schwierig, wenn man in keinem Bereich wirklich wenigstens Grundlagen hat. Daher würde ich empfehlen, erst mal mit einer Methode zu beginnen, die vor Ort zu haben ist.

Wie hast denn Du eigentlich angefangen ( falls Du was aus dem Nähkästchen plauern möchtest...😉)? 

friesennarr  23.08.2016, 12:59
@Urlewas

Ich hab mit 9 auf Ponys angefangen - wie viele andere eben auch - ohne Sattel ohne Zaum einfach drauf und auf der anderen Seite wieder runter. Diese Ponys waren alle nicht eingeritten - das haben alles nur die Kinder gemacht, die diese Ponys versorgt haben. Alle waren reitbar und sogar recht lieb.

Meine Anfänge mit der Bodenarbeit und Körpersprache machte ich mit 11, als ich einen netten Trakener als Pflegepferd bekam, mit dem ich alles machen durfte ausser reiten - da hab ich Linda Tellington Jones für mich entdeckt und vor allem habe ich den TTouch gelernt und angewendet - der schließt mir so ziemlich jedes Türchen beim Pferd auf, egal ob jung, mittel oder alt, verhunzt oder lieb.

Dann kamen alle möglichen "möchtegern Pferdleute" die ich größtenteils abgeschrieben habe, weil sie keinen Baum zum Wachsen gebracht haben und dann habe ich Michael Schäfer gelesen. Seitdem weis ich wie Pferde ticken. Welche Stammesrituale in einer Pferdefamilie und in einer Pferdegruppe abgearbeitet werden müssen und wie ein echtes zusammenleben derer funkt. Da habe ich meine meisten Weisheiten entdeckt, indem ich seine Art der Pferdebeobachtung übernommen habe und oft Tage lang neben der Koppel meiner Pferde und derer fremder Pferde verbracht habe um sie zu beobachten.

Erst wenn man eine Pferdegruppe über länger Zeit beobachtet weis man überhaupt erst wie sie ticken und wenn dann da ein neues Pferd eingeführt werden soll, weis man als Mensch schon im voraus ob es passen wird oder nicht. Sorry ich schweife ab.

Parelli war für mich schon immer zu gewalttätig, genau so Roberts - einzelne Elemente kann man schon entnehmen, diese kommen aber bei anderen Pferdemenschen auch vor.

Ich bezeichne mich selbst auch als einen Pferdemenschen, weil ich es sehr oft verstehe was Pferd dem Mensch und Mensch dem Pferd sagen will. Ein Pferdemensch - nichts anderes ist ein Horseman""".


Urlewas  23.08.2016, 14:30
@friesennarr

Jo - muss nicht immer eine  englische Bezeichnung  sein...

Danke furs Erzählen!

TT hast du damals richtig bei einem Kurs gelernt? Ich habe mal ein Buch gekauft, aber damit bin ich nicht weiter gekommen. Konnte trotz der relativ vielen Fotos nicht wirklich was damit anfangen. 

Diese Frau muss eine unglaubliche Begabung gehabt haben. Wohl dem Pferd, dessen Mensch von ihr lernen konnte!

Habe auch so angefangen wie Du - und trotz der heutigen Hysterie diesbezüglich,  bin ich der Überzeugung, dass dies weder uns noch den Ponys geschadet hat. Die haben uns " horsemanship" gelehrt - denn sie waren die stärkeren und nicht zimperlich, uns klar zu machen, was recht und was schlecht ist... ;-) Die brauchten keinen Pferdeflüsterer, sondern  haben uns was " geflüstert".

Auch  ich komme manchmal(!) ganz gut mit schwierigeren Pferden zurecht, keine Ahnung , warum...

Jedenfalls macht es sicher keinen Unterschied, ob ich die Longe nun in die linke oder rechte Hand nehme, wie mir kürzlich so ein " horsemanshipper" weis machen wollte.

Dahika  23.08.2016, 15:09
@friesennarr

Michael Schäfer ist klasse, vor allem seine 4-Typenlehre.

Also ich hab mal eine DVD geschenkt bekommen von nem Horsemanship Typen (weiss leider nicht mehr wie der heisst) und habe sie mir angeguckt und erstmal nur eine von den vielen Sachen mit meinem Pferd gemacht. 

Fazit: mein Pferd ist an der Habd gestiegen, glücklicherweise nix passiert aber das war schon ein herber Schlaf für mich da meine Stute NIEMALS so etwas getan hat und vom Wesen auch das liebste Pferd ist das ich kenne. Es kann natürlich daran liegen dass sie ein VB ist und deshalb sensibler als andere aber der Typ (und damit auch ich)hat mit so viel Druck gearbeitet dass sie sich nicht anders zu helfen wusste und gestiegen ist. Hab die DVD sofort weggeschmissen und danach nur noch auf meinen Instinkt gehört. Habe nun ein Pferd das super auf meine Stimme hört und freudig und ohne Druck mitarbeitet. 

Ich bin der Meinung dass man nicht mit Druck arbeiten sollte sondern mit positiver Verstärkung! Natürlich sollte man dem Pferd nicht alles durchgehem lassen aber es auch nicht so stark psychisch bearbeiten... Ich bin froh dass meine Stute mir damals gezeigt hat was sie davon hält

Roberts, Tellington, Parelli und wie sie alle heißen, sind Pferde-Menschen, die für ihren Umgang mit Pferden und ihren Ansätzen mit bestimmten Situationen umzugehen, bekannt geworden sind und es auch verstanden haben, das wirtschaftlich für sich zu nutzen und zu vermarkten. Sie und all die anderen Gurus, Lehrmeister, Halbgötter und Pferdeflüsterer haben Anhänger und Gegner ihrer jeweiligen Methoden und Ansichten. 

Generell stehen die meisten von ihnen für einen respektvollen Umgang mit Pferden, dafür, dass sie die "Pferdesprache" verstehen und vermitteln wollen und Missverständnisse und Fehler im Umgang beheben wollen. 

Bei Horsemanship geht es in der Regel um die Partnerschaft zum Pferd und den Pferde-freundlichen, respektvollen und kenntnisreichen Umgang, um gegenseitiges Vertrauen und Respekt. Im Grunde ist Horsemanship erst einmal die Idee, zu lernen wie Pferde kommunizieren und diese spezielle Form des „Wer bewegt wen“ in der Pferdeherde zu adaptieren für das Training.

Diesen Grundsätzen bedienen sich eigentlich fast alle dieser bekannten Gurus und haben das zum Teil für sich erweitert und bestimmte Lehren daraus entwickelt. Man muss halt herausfinden, wessen Ansichten man teilt, was einem einleuchtet und was nicht. 

Pat Parelli zum Beispiel hat sich sieben aufeinanderfolgende Schritte überlegt, mittels derer man sich die Harmonie und Teamarbeit mit dem Pferd im Round Pen erarbeiten kann - die Seven Games, die von seinen Anhängern auch begeistert mit den Pferden durchgespielt werden - Kritiker bemängeln hier aber, dass dabei Gymnastizierung und letztlich auch ein Stückweit die Seele beim Training der sieben Spiele verloren gehen soll.

Monty Roberts zum Beispiel vertritt die These keinerlei Gewalt bei Pferden anwenden zu wollen. Aber seine Methoden sind im Prinzip nicht neu und wurden im Westernbereich oder bei den amerikanischen Ureinwohnern schon lange nach ähnlicher Methode angewandt. Im Rahmen seiner Show erleben die Pferde zwar keine physische Gewalt, aber starken physischen Druck und dass sie am Ende das tun, was vorher nicht möglich schien, hat viel mit der Stresssituation zu tun und ist wenig nachhaltig. Das weiß ich aus eigener persönlicher Erfahrung. Trotzdem ist auch einiges von dem, was er sagt richtig und anwendbar.

Wichtig ist, dass man nicht blind und sklavisch eine Methode befolgt, sondern immer wach und hinterfragend ist und sein Pferd und dessen Wohlergehen dabei im Blick hat. Einen respektvollen und Kenntnis-reichen Umgang mit dem Pferd streben wir schließlich hoffentlich alle an.


Urlewas  23.08.2016, 12:32

Ich finde das immer etwas beschönigt. Monty Roberts jagt die Pferde beim join up gnadenlos herum, bei parelli werden die Pferde mit " schwiegermutterblick" eingeschüchtert.  - ist das nicht auch eine Form von ( zumindest psychischer) Gewalt? 

Ein gewisser Zwang ist überall dabei. Nur eben suptiler. 

Sallyvita  23.08.2016, 13:12
@Urlewas

Da stimme ich Dir absolut zu. Monty Roberts habe ich kennengelernt und stehe diesen Shows und ihren Ergebnissen nun mehr als skeptisch gegenüber.

Ich mache mit meinen 2 Pferden seit etwa 5 Jahren Parelli. Im Grunde geht es darum, dass das Vertrauen zwischen Menych und Tier gestärkt wird und ohne, dass es auf irgendeine Weise mit Zwang zu tun hat. Meine Pferde wurden im Westernstil zugeritten, das hat aber keine wirkliche Bedeutung, da es egal ist in welchem Stil man reitet. Ich arbeite oft vom Boden aus, da es dort unzählige Möglichkeiten gibt, aber natürlich reite ich auch so oft es geht. Ich habe mir angewöhnt vor dem reiten die sieben Games zu spielen, da ich es einfach mag mich noch länger mit meinen Pferden zu beschäftigen. Ich habe meine Pferde jetzt so weit, dass ich praktisch nur noch mit Halsring reite oder mit Knotenhalfter. Am Boden arbeite ich entweder mit einem Knotenhalfter mit langem Strick oder ich lasse die Hilfsmittel komplett weg und arbeite nur mit meiner Körpersprache und Ausstrahlung (das mache ich im Roundpen). Ich kann dir Parelli nur empfehlen, da es eine extreme Bindung zwischen Pferd und Reiter herstellt. Zu Monty Roberts kann ich dir nichts sagen, da ich es noch nie ausprobiert habe.

Grundsätzlich versteht man unter Horsemanship den Pferdegerechten Umgang mit dem Partner Pferd. Das bedeutet u.a. auch, daß das Pferd nicht vermenschlicht wird, sondern als eigenständiges, individuelles Wesen angesehen wird.

Du schreibst, daß die Pferde bei Roberts extrem gestresst werden. Das bezieht sich jedoch nur auf das Join-up. Roberts hat aber noch viele weitere Herangehensweisen, die auch dazu dienen den Stress vor bestimmten Situationen ab zu bauen. Sieht man das im Gesamtzusammenhang, sieht es nämlich schon wieder anders aus. Als Beispiel: Ein Pferd, daß nach dem Verladen bereits nassgeschwitzt auf dem Hänger steht hat jedesmal beim verladen Stress. Wenn man einmal diesen Stressfaktor beseitigt, hat das Pferd sein restliches Leben deutlich stressfreier.

Parelli hat auch einmal sehr "einfach" angefangen und im laufe der Jahre kamen viele Erkenntnisse dazu. Heute werden auch von Parelli 8 verschiedene Typisierungen (und damit unterschiedliche Lernverhalten)unterschieden. Der Nachteil bei Parelli ist, daß die Menschen erst ab Level 3 geschult werden. Für mich ist das aber der wichtigste Teil, denn genau bei der Körpersprache werden die meisten Fehler gemacht. 

Ich habe Kurse bei Parelli und bei Roberts mitgemacht (auch den Join-up gelernt) und war anfangs, wie alle, natürlich begeistert. Im laufe der Jahre habe ich allerdings genauer hingesehen und bemerkt, daß es viele Dinge gibt, die man gar nicht braucht, wenn man im Vorfeld nur 2-3Grundlagen konsequent durchführt.

Man muss verstehen, daß Roberts und Parelli ihren Ruf an völlig durchgeknallten Pferden erworben haben (!). Viele Dinge davon sind an "Hauspferden" einfach nicht adäquat - einige aber durchaus sinnvoll.

Da jedes Pferd eine individuelle Persönlichkeit ist, kann man eben auch kein Patentrezept bekommen. Es gibt einige Grundlagen, die bei allen Pferden funktionieren. Diese werden offenbar nicht gelehrt. Auch bei Parelli und Roberts vermisse ich die Begründungen für die Herangehensweisen. Denn auch dort wird gelegentlich nicht die eigentliche Ursache beseitigt sondern nur durch eine andere Lernerfahrung überdeckt.

Mein Tipp: Lerne alles, was Du lernen kannst. Ziehe Dich mit dem Wissen zurück und überdenke wie Dein Pferd darauf reagiert - und dann frage Dich warum es das tut. Nur wer die wahren Ursachen kennt, wird auch die passenden Antworten finden. Hüte Dich vor Verallgemeinerungen und laufe niemals einer Lehre hinterher.

LG Calimero