Optimierungsaufgaben, Umfang U eines gleichschenkligen Dreiecks minimal?

2 Antworten

Von Experte Willy1729 bestätigt

Gleichschenklig bedeutet ja, dass der Umfang mit der Formel U=2a+b berechnet werden kann. Der Umfang soll minimal werden, das ist hier deine Hauptbedingung. Das ist in, grob geschätzt, 95% der Aufgaben so.

Die Aufgabe ist tricky, weil es quasi zwei Nebenbedingungen gibt. Die Fläche hängt nämlich von einer der Seitenlängen und der Höhe des Dreiecks, einer neuen Größe, ab.

Die erste Nebenbedingung kommt wie gewohnt aus dem Flächeninhalt. Für die Fläche eines Dreiecks gilt ja A=(Grundseite * Höhe) / 2. Die Grundseite ist hier einfach b und die Höhe h habe ich hier als rote Linie eingezeichnet:

Bild zum Beitrag

Für diese Aufgabe muss also (b*h)/2 = 5 gelten. Das ist die erste Nebenbedingung, aber die bringt uns jetzt nicht wirklich weiter, weil a gar nicht auftaucht, dafür aber sogar eine neue Variable h hinzukommt. Jetzt muss man ein wenig tricksen.

Gemäß Pythagoras gilt:

Das wäre die zweite Nebenbedingung, aber da schwirrt halt noch h mit drin. Nun kann man aber die erste Nebenbedingung nutzen, um das h aus der zweiten Nebenbedingung zu entfernen. Diese zweite Nebenbedingung nimmt man dann als "wahre" Nebenbedingung her und behandelt damit dann die Hauptbedingung.

In etwa so: Das h kann man jetzt aus der Gleichung kicken, indem man die erste Nebenbedingung 5=(b*h)/2 nach h umstellt:

Das setze ich nun in die zweite Nebenbedingung ein und erhalte:

Und das kann man nun in die Hauptbedingung einsetzen:



Ich hoffe, dass ihr den Rest mit 'nem Taschenrechner grafisch/näherungsweise bestimmen dürft. Die Ableitung wird nämlich per Hand wirklich ätzend.

Zur Kontrolle: b ist etwas weniger als 4cm lang, a hat die selbe Länge und der Umfang beträgt etwas mehr als 10cm. Das Dreieck ist somit sogar gleichseitig - das ist bei Extremwertaufgaben ja oft so, dass als ideale Form was rauskommt, wo alle Seiten gleich sind.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Höheres Fachsemester
 - (Schule, Mathematik, Extremwertaufgaben)

Hippo93720 
Beitragsersteller
 12.06.2021, 10:42

Hey, wow sehr ausführliche Antwort, danke! :) leider dürfen wir keinen GTR Rechner besitzen, sondern müssen es manuell Ableiten. Jedoch ist die Aufgabe mega komplex.. wir hatten so wirklich viel mit Wurzeln gar nicht gearbeitet... und für die Prüfung vielleicht doch etwas zu viel?

MeRoXas  12.06.2021, 11:15
@Hippo93720

Ja, ich denke, für eine Klausur wäre das too much. Ich hab die Ableitung jetzt nicht per Hand ausgerechnet, aber ich denke, dass man ihre Nullstellen ohne Rechnereinsatz sowieso nicht ausrechnen können wird.

Wurde euch die Aufgabe von eurem Lehrer gegeben oder hast du die selbst rausgesucht?

Hippo93720 
Beitragsersteller
 12.06.2021, 12:29
@MeRoXas

Wir haben so krasse Ableitungen auch noch nie gemacht, nichtmal mit einer Wurzel ... vielleicht die Dritte Wurzel aus 2x oder so, aber das geht ja noch... Wir haben so eine KANN-Liste vom Lehrer bekommen, womit wir für die Prüfung kommende Woche üben können, da war die Aufgabe drin... finde die aber auch echt heftig, wenn man die so rechnen muss :(

Hallo,

die richtige Antwort hast Du ja schon bekommen.

Ist die Aufgabe komplex? Durchaus. Ist sie zu komplex? Nein. Du mußt nur ein wenig umformen, dann ist die Bildung der Ableitung keine große Kunst mehr.

Die Nebenbedingung ist natürlich die gegebene Fläche.

Die wiederum ist halbe Grundseite mal Höhe. Grundseite sei a, die beiden gleichen Seiten seien b, dann ist die Höhe √(b²-a²/4) und die Fläche (a/2)*√(b²-a²/4)=5.

Quadrieren beider Seiten ergibt (a²/4)*(b²-a²/4)=25

(a²b²/4)-a^4/16=25
(a²b²)/4=25+a^4/16
a²b²=100+a^4/4
b²=100/a²+a²/4 (nach Division beider Seiten durch a²)
b=√(100/a²+a²/4)=(1/2)*√(400/a²+a²) (1/4) wurde unter der Wurzel ausgeklammert und aus der Wurzel herausgezogen.

b=[1/(2a)]*√(400+a^4) (nach Ausklammern von 1/a² unter der Wurzel und Herausholen von 1/a² aus der Wurzel.

2b=(1/a)*√(400+a^4).

Zielfunktion somit, da U=a+2b:

U(a)=a+(1/a)*√(400+a^4).

Das muß abgeleitet und gleich Null gesetzt werden, um das Minimum zu finden.

a abgeleitet ergibt 1.

(1/a)*√(400+a^4) ergibt nach Produkt- und Kettenregel abgeleitet
(-1/a²)*√(400+a^4)+(1/a)*4a³/(2√(400+a^4))
Der Term (1/a)*4a³/(2√(400+a^4)) kann zusammengefaßt werden zu
2a²/√(400+a^4).

Es ist U'(a)=1-(1/a²)*√(400+a^4)+2a²/(√(400+a^4))=0 zu lösen.

Gemeinsamer Nenner ist a²*√(400+a^4).

Nach Multiplikation beider Seiten mit a²*√(40+a^4) lautet die Gleichung
a²*√(400+a^4)-400-a^4+2a^4=0

a²*√(400+a^4)=400-a^4 (nach Zusammenfassen von -a^4+2a^4 zu a^4).

Quadrieren:

a^4*(400+a^4)=160000-800a^4+a^8
400a^4+a^8=160000-800a^4+a^8

1200a^4=160000

a^4=400/3

Nun noch die vierte Wurzel aus 400/3 ziehen, um a zu erhalten
und in b=(1/(2a))*√(400+a^4) einsetzen, um b zu erhalten.

Du siehst, es geht durchaus auch von Hand.

Da a^4=400/3 bekannt ist, kannst Du die Wurzel auch noch zu
√(400+400/3)=√(1600/3)=40*√(1/3) vereinfachen.

Dann ist b=(20/a)*√(1/3)

Herzliche Grüße,

Willy


Hippo93720 
Beitragsersteller
 14.06.2021, 14:20

Wow, richtig ausführliche Antwort, vielen Dank! dass muss ich mir auf jeden Fall nochmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen, waren schon viele Informationen. Danke :)