Man kann tun was man will, aber nicht wollen was man will?

ulrich1919  30.12.2022, 22:54

und die Frage ist . . . ?

Gafjkvh 
Beitragsersteller
 30.12.2022, 23:14

Ob sie mir damit recht geben, denn ich brauche die Bestätigung.

2 Antworten

Danke für die Präzisierung. Ich kann die Aussage nicht für 100% bestätigen, aber auch nicht verneinen. Als Themata sind angegeben: Psychologie und Philosophie. Ich werde also versuchen, aus dem Blickwinkel beider Fachgebiete Stellung zu nehmen.

Sprachphilosophisch ist die Aussage der erste Schritt zu einem unendliche Regress. Denn wenn ich etwas anders will, als ich will, was bestimmt dann dieser erste Wille? Und hätte diese auch anders sein können?

Etwas Klarheit bringt, wenn ich trenne zwischen ,,Wille" und ,,Wunsch". Das kann ich an ein Bespiel erklären. Nehmen wir an es gibt einen Menschen, der viel raucht, aber noch nicht schwer süchtig ist. (Er kann eine lange Eisenbahnreise mit Rauchverbot ohne Entzugserscheinungen überstehen). Er hat den Wunsch mit dem Rauchen aufzuhören, weil es ungesund ist und zuviel Geld kostet. Dennoch geht er in den Laden und verlangt eine Packung Zigaretten und zündet eine an. Er folgt also seinen Willen, obwohl sein Wunsch eigentlich anders läutet.

Der Wille ist also der ubnittelbare Antrieb zu Taten; der Wunsch eher nur im Gehirn ,,im Hintergrund" wirksam.

Was bestimmt aber Wunsch und Wille?

Du hast Recht: Das sind meistens Faktoren, welche der Mensch selbst nicht bestimmt. Diese werden bestimmt durch:

  • Kultur
  • Erziehung
  • Direkte Umgebung
  • Einschränkung der Realisierungsmöglichkeit
  • Möglichkeiten der unmittelbaren Befriedigung elementarer Bedürfnisse
  • Prioritäten in der Bedürfnishierarchie (Maslow-Modell)
  • Rationale Überzeugung (,,Vernunft" nach Immanuel Kant) Die Motivation ist meistens relativ schwach.

Noch ein interessantes Erkenntnis aus der Psychologie; gerade aktuell am Neujahrstag, wenn viele Menschen ihre ,,gute Vorsätze" formulieren:

Wenn die Notwendigkeit besteht, das Verhalten zu ändern (Mehr Sport; aufhören mit Rauchen, usw.) ist die Motivation zu schwach. Außer der Überzeugung braucht es noch zusätzlich ein Trigger-Erlebnis. Das kann eine Krankheit, ein Todesfall, eine Scheidung, eine Warnung des Arztes oder ähnliches sein, was bewirkt, dass aus der Wunsch ein Wille wird.

Deshalb halten die ,,guten Vorsätze" im besten Falle einige Wochen, wenn der ,,Trigger" fehlt. (Trigger heißt ,,Auslöse-ereignis")

Das ist übrigens ein Grund, warum ich immer behaute, dass man Philosophie nicht ohne Kenntnisse der Psychologie erfolgreich betreiben kann. Immanuel Kant hat mit seine Vernunft-Lehre nicht gewusst, dass Vernunft nur eine relativ schwache Handlungs-Motivation ist.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Gafjkvh 
Beitragsersteller
 31.12.2022, 13:33

Danke für die Antwort. Solange man das Gehirn nicht gut genug verstanden hat, ist ja schließlich unwissenschaftlich irgendwas als wahr oder falsc zu bezeichnen. Selbst wenn es unlogisch erscheint einen freien Willen zu haben, wenn es doch nur Kausalität oder Zufall gäbe, aber vielleicht gibt es ja etwas dazwischen.

Glaubst du an einen freien Willen?

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ulrich1919  31.12.2022, 20:12
@Gafjkvh

Das hängt davon ab, was Du darunter genau verstehst. In meiner Antwort habe ich viele Faktoren erwähnt welche den Willen beeiflussen.

Ich finde den ,,Glauben" an Determinismus kindisch und unwissenschaftlich. Es ist ein Versuch aus der Vergangenheit die Welt zu verstehen. Heute ist es nur noch ein Glauben von Menschen, die nicht mit Ungewissheit umgehen können oder wollen.

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Richtig, es gibt keinen freien Willen. Die Welt wird vom Determinismus beherrscht.

Zwischendurch mögen zwar physikalische Zufälligkeiten eintreten; diese entziehen sich allerdings ebenfalls unserem Einfluss, sodass es keinen Unterschied macht.


ulrich1919  31.12.2022, 20:14

Ich finde den ,,Glauben" an Determinismus kindisch und unwissenschaftlich. Es ist ein Versuch aus der Vergangenheit die Welt zu verstehen. Heute ist es nur noch ein ,,Glauben" von Menschen, die nicht mit Ungewissheit umgehen können oder wollen, weil sie denken, dass ein mechanisches Weltbild für allephänomäne in der Welt gültig sind.

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Gafjkvh 
Beitragsersteller
 31.12.2022, 20:37
@ulrich1919

Wäre es deterministisch, müsste es eine unendlich lange Kausalkette in beide richtungen geben, was unvorstellbar wäre. Aber wäre es indeterministisch, dann würde die Kausalität verletzt werden, was wiederrum unlogisch ist. Das lässt einen an der Wirklichkeit zweifeln.

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ulrich1919  31.12.2022, 20:51
@Gafjkvh

Kausallität wird nicht durch Logik bestimmt: Logik hat mit Denken zu tun; Kausaität mit Physik.

Kausalität ist nicht immer 1 zu 1. Für ein radio-aktives Element ist ungefähr bekannt, wieviel Atomen pro Stunde zerfallen, aber welches Atom zu einer bestimmten Zeit zerfällt, hat keine spezifische Ursache. Es hat noch mehr Erscheinungen, wo es keine Eindeutigkeit gibt, welche Ereignisse auftreten.

Ich teile Deinen Zweifel an der Wirklichkeit. Die Wirklichkeit ist der Teil der Realität der auf uns ,,wirkt"; hauptsächlich durch Sinnesorgane. Es ist immer nur ein Teil der ,,eigentlichen" Realität und führt deshalb ab und zu zu unbegreiflichen Denkmodellen.

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